Emden

„Systemsprenger“: Vom Drehbuch zum Film

Kristina Groeneveld
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Von Kristina Groeneveld
| 13.06.2019 17:25 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Die Berlinerin Nora Finkscheidt gewann 2016 den Emder Drehbuchpreis – und ist in diesem Jahr mit der Verfilmung des Werkes wieder dabei. Ihr Film „Systemsprenger“ ist nichts für Harmoniebedürftige.

Emden - „Benni, das ist deine dritte Verwarnung.“ „Ja, ich weiß, ihr wollt mich wieder rausschmeißen.“ Benni, eigentlich Bernadette, ist neun Jahre alt, aggressiv, schlecht erzogen, frech, unberechenbar, hyperaktiv und hat ein frühkindliches Gewalttrauma, nachdem sie als Baby misshandelt wurde. Sie lebt in Pflegefamilien, Wohngruppen, Kliniken – doch durch ihren komplizierten Charakter und ihre Anfälle fliegt sie nach und nach überall raus. Benni ist ein Kind, das im System keinen Platz findet. Benni ist ein Systemsprenger.

Bereits 2016 war „Systemsprenger“ Teil des Filmfestes Emden-Norderney. Damals noch auf Papier gedruckt und in Auszügen gesprochen von den Synchronsprechern und Schauspielern Ulrike Möckel und Peter Kaempfe, überzeugte das Drehbuch der heute 36-jährigen Berlinerin Nora Finkscheidt die Jury des damals 12. Emder Drehbuchpreises.

Wer ist für Bennis Situation verantwortlich

Während Hauptfigur Benni 2016 im Skript zum Teil sehr kindlich und verloren rüberkam, hat Hauptdarstellerin Helena Zengler es geschafft, in der Verfilmung eine Tiefe in den Charakter zu bringen, der den Zuschauer zum einen Mitfühlen lässt, aber zum anderen auch zum Verzweifeln bringt. Doch kann man ein Kind verurteilen, das zum einen stets auf der Suche nach einer festen Bezugsperson ist, aber auf der anderen Seite zuschlägt, spuckt, brüllt und Sätze sagt, wie „wenn ich deine Frau und deine Kinder umbringe, bist du dann mein Papa?“

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Das Filmfest Emden-Norderney wurde eröffnet
12.06.2019
Im Endeffekt steht die Schuldfrage im Raum. Liegt es an der völlig überforderten Mutter, die Benni aus Angst und Überforderung nicht wieder aufnehmen will, oder an den vielen Ärzten und Erziehern, die alle nur das Beste für Benni wollen? Oder etwa am deutschen System, durch das Benni von einer Stelle zur nächsten gereicht wird? Durch Anti-Gewalttrainer Micha, gespielt von Albrecht Schuch, schafft Regisseurin Finkscheidt es, den Zuschauer an Benni heranzuführen – und das Verletzliche und Liebenswerte zu entdecken, dass tief hinter der harten Schale des blonden Mädchens versteckt liegt.

2016 gewann Finkscheidt den mit 10000 Euro von Stifter Jakob Weets dotierten Wettbewerb. In diesem Jahr ist die Verfilmung des Drehbuchs gleich für drei Preise nominiert. Neben dem DGB Filmpreis, wurde „Systemsprenger“ auch für den NDR Filmpreis für den Nachwuchs sowie für den Creative Energy Filmpreis nominiert. Sollte Finkscheidt alle drei Preise abräumen, winken ihr insgesamt Preisgelder in Höhe von 17000 Euro.

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