Aurich
Missbrauch: Pflegevater legt Teilgeständnis ab
Ein 57-Jähriger muss sich am Landgericht Aurich wegen Missbrauchs von Pflegekindern verantworten. 110 Fälle sind angeklagt. Er legte ein Geständnis ab – aber nur für einen kleinen Teil der Taten.
Die Taten geschahen zwischen 1999 und Januar 2014 unter anderem in Aurich und in einer Jugendhilfeeinrichtung in Großheide. Vier der sieben zwischen 1990 und 1997 geborenen Opfer treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Laut Anklage kam es im Tatzeitraum zu einer Vielzahl von sexuellen Übergriffen bei Neffen und Pflegekindern. Der Angeklagte soll sie nicht nur an den Geschlechtsteilen angefasst haben. Auch Anal- und Oralverkehr werden ihm angelastet. Tatorte waren laut Anklage bei dem Mann zu Hause, im Schwimmbad, bei Übernachtungen in einem Wohnwagen sowie während eines Griechenland-Urlaubs in einem VW-Bus und auch beim Baden im Meer.
15 Fälle zugegeben
Einmal soll der Mann ein ehemaliges Pflegekind mit einer Blindenkrücke verprügelt haben. Er widersprach: „Ich habe niemals Gewalt angewendet.“ Der Mann räumte 15 Fälle von Manipulationen am Geschlechtsteil eines Neffen und eines Pflegekindes ab dem Jahr 2006 ein. Das Pflegekind war bereits durch seinen leiblichen Vater sexuell traumatisiert.
Als Grund für sein Handeln gab der Beschuldigte „vielleicht Neugier“ an. Bei ihm sei seit Jahrzehnten „nichts mehr gelaufen“, auch habe er seit dem Jahr 2001 wegen einer Erkrankung keine Erektion mehr bekommen können. „Von daher sind die Vorwürfe des Eindringens nicht richtig“, verteidigte er sich.
Angeklagter sieht sich als Opfer
Die Berührungen und Manipulationen seien beim Toben passiert. „Ich weiß nicht, was mich getrieben hat“, sagte der Angeklagte zum ersten Übergriff auf seinen damals zehnjährigen Neffen. Er räumte auch die Vorfälle im Griechenland-Urlaub vor zehn Jahren ein.
Bei der angeklagten Körperverletzung sah sich der 57-Jährige selbst als Opfer seines psychisch kranken ehemaligen Pflegekindes. Er hatte sich dort vorübergehend aufgehalten, als es wegen seiner Diabetes erblindet war.
Opfer wurden angehört
Der gebürtige Krefelder hatte nach zwölf Jahren bei der Bundeswehr begonnen, in Neuss (Nordrhein-Westfalen) Pflegekinder aufzunehmen. Später qualifizierte er sich als staatlich anerkannter Sozialassistent. Weil seine inzwischen von ihm getrennt lebende Frau in ihre Heimat zurückwollte, zog das Paar nach Ostfriesland. Die Zuteilung der Kinder fiel nicht in die Zuständigkeit der hiesigen Jugendämter.
Während eines Teils der Verhandlung mussten die Zuhörer den Gerichtssaal verlassen. Die Opfer wurden hinter verschlossenen Türen gehört.
Der Prozess wird am 15. Juli um 8.30 Uhr fortgesetzt. Weitere Verhandlungen sind bis in den August hinein angesetzt.