Oldenburg/Großefehn

Beekhuis wird aus der SPD ausgeschlossen

Daniel Noglik, Geertje Meyer, Jochen Brandt und Sebastian Bete
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Von Daniel Noglik, Geertje Meyer, Jochen Brandt und Sebastian Bete
| 08.09.2019 13:10 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Die Bezirksschiedskommission der SPD Weser-Ems hat den Großefehntjer SPD-Landtagsabgeordneten Jochen Beekhuis aus der Partei ausgeschlossen. Hintergrund sind Beekhuis’ private Facebook-Chats, in denen er Frauen, Schwule und Übergewichtige beleidigt hat.

Oldenburg/Großefehn - Der Großefehntjer SPD-Landtagsabgeordnete Jochen Beekhuis fliegt aus der SPD. Dies hat die Bezirksschiedskommission der SPD Weser-Ems am späten Sonnabendabend mitgeteilt. In der kurzen Mitteilung heißt es: „Die Bezirksschiedskommission der SPD Weser-Ems hat auf ihrer heutigen Sitzung beschlossen, Jochen Beekhuis mit sofortiger Wirkung aus der Partei auszuschließen.“ Weitere Angaben machte die Kommission in der Mitteilung nicht.

In die Kritik geraten war Beekhuis wegen seiner von einem Hessen illegal ins Netz gestellten Facebook-Chats. In den Chat-Protokollen sind unter anderem frauen- und schwulenfeindliche Äußerungen zu lesen. Auch übergewichtige Menschen wurden darin beleidigt. Eine von der SPD eingesetzte Untersuchungskommission aus Juristen hat die Echtheit der Chats bestätigt.

„Ein wichtiger und folgerichtiger Schritt für unsere Partei“

Wiard Siebels aus Aurich, stellvertretender Vorsitzender des SPD-Bezirks Weser-Ems, sagte am Sonntagmittag in einer ersten Stellungnahme gegenüber der OZ: „Jochen Beekhuis‘ Ausschluss ist ein wichtiger und folgerichtiger Schritt für unsere Partei.“ Beekhuis habe bereits „genug Schaden“ angerichtet. Jetzt müsse man nach vorn schauen – und das werde durch die Entscheidung der Schiedskommission ermöglicht.

Wiard Siebels Bild: Archiv
Wiard Siebels Bild: Archiv
Siebels ist außerdem Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag. An der Fraktionsmitgliedschaft von Beekhuis habe sich durch die Entscheidung auf Parteiebene zunächst nichts geändert, so Siebels. Anfang der Woche hatte die Fraktion ebenfalls ein Ausschlussverfahren auf den Weg gebracht. „Ich gehe davon aus, dass wir dieses Verfahren, wie auch das auf Parteiebene, ordentlich zu Ende bringen werden“, sagte Siebels. Mit einer abschließenden Abstimmung innerhalb der Fraktion sei Anfang Oktober zu rechnen. Für die Sozialdemokraten im Landtag beginnt die kommende Woche mit einer Fraktionssitzung, in der auch Beekhuis ein Thema sein wird. Anschließend beginnt die Plenarwoche, in der Beekhuis noch in den Reihen der SPD Platz nehmen darf.

Möller zeigte sich erleichtert

Siemtje Möller Bild: Archiv
Siemtje Möller Bild: Archiv
Jochen Beekhuis hatte unter anderem gegen die SPD-Bundestagsabgeordnete Siemtje Möller (Varel) intrigiert. Der OZ sagte sie am Sonntagmittag: „Ich bin sehr erleichtert – so wie viele andere Ehrenamtliche auch, die unter der Diskriminierung durch Jochen Beekhuis gelitten haben.“ Sie finde es gut, dass die Schiedskommission und damit die Partei durch Beekhuis‘ Ausschluss signalisiert habe, dass sich die Grenzen dessen, was noch tolerierbar ist, nicht verschoben hätten.

Johanne Modder Bild: Archiv
Johanne Modder Bild: Archiv
Johanne Modder, Vorsitzende des SPD-Bezirks Weser-Ems und der SPD-Fraktion im Landtag, wollte sich am Sonntag weder zum Verfahren noch zu ihrer persönlichen Meinung über Beekhuis‘ Ausschluss äußern. Sie sagte der OZ: „Ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet, dafür bitte ich um Verständnis.“

Johann Saathoff Bild: Archiv
Johann Saathoff Bild: Archiv
Der Bundestagsabgeordnete und Chef des SPD-Unterbezirks Aurich, Johann Saathoff, begrüßte die Entscheidung der Schiedskommission am Sonntag: „Sie ist logisch und konsequent.“ Der Großefehntjer Beekhuis habe es „nie geschafft“, sich von den frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen zu distanzieren.

Beekhuis geht in Berufung

Beekhuis selbst war am Sonntagvormittag nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Jedoch verschickte seine Anwältin, Maike Bartlmae aus Oldenburg, gegen Mittag eine Pressemitteilung. „Gegen den Parteiausschluss wird Jochen Beekhuis in Berufung gehen“, heißt es dort. Bartlmae teilte mit, die Schiedskommission habe ohne Anhörung Beekhuis’ entschieden, ihren Mandanten aus der Partei auszuschließen. Zudem sei der von Beekhuis für das Verfahren ausgewählte Rechtsvertreter nicht zugelassen worden, da dieser nicht SPD-Mitglied sei. Das Verfahren sei ordnungsgemäß abgelaufen, hieß es dagegen von der SPD. Nach OZ-Informationen sieht das parteiinterne Prozedere vor, dass Möglichkeiten zur Stellungnahme eingeräumt werden und dass der Betroffene zur entscheidenden Sitzung der Schiedskommission geladen wird.

„Rechtsstaatliche Grundsätze, die in der Verfassung verankert sind und vor jedem ordentlichen Gericht unseres Rechtsstaates angewendet werden müssen [...], wurden in diesem Parteiverfahren mit Füßen getreten“, heißt es in der Mitteilung der Anwältin.

Zudem verwies Bartlmae darauf, „dass die meinem Mandanten zugeschriebenen Äußerungen aus manipulierten Datensätzen und kriminellen Machenschaften stammen und von der Kommission dazu verwendet worden sind, ihn zu verurteilen. Dadurch wird mein Mandant schwerwiegend in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt“. Es habe zu keinem Zeitpunkt ein fairer Umgang mit Beekhuis stattgefunden.

Das Schreiben von Beekhuis’ Anwältin im Wortlaut:

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