Berlin (dpa)

Kein deutscher Tennis-Sommer 2020

Lars Reinefeld und Kristina Puck, dpa
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Von Lars Reinefeld und Kristina Puck, dpa
| 02.04.2020 08:14 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Stuttgart, Halle, Berlin und Bad Homburg - der Juni sollte dem deutschen Tennis gehören. Doch nun fällt alles aus. Und die große Frage ist: Wann kann überhaupt wieder gespielt werden?

Es hätte so schön werden können. Fast einen Monat lang Tennis-Party in Deutschland, die Stars der Branche wie Roger Federer, Alexander Zverev, Angelique Kerber oder die aufstrebenden Amerikanerinnen Sofia Kenin und Coco Gauff hautnah erleben.

Tennis aus Deutschland drei Wochen in der Dauerschleife im TV - der Juni 2020 versprach etwas Außergewöhnliches für das deutsche Tennis zu werden. Doch nun fällt der „Highlight-Monat“, wie ihn Barbara Rittner, Chefin des deutschen Damen-Tennis, bezeichnete, einfach aus.

Wegen der Coronavirus-Pandemie pausiert die Tennis-Tour weltweit mindestens bis Mitte Juli. Am Mittwoch fiel selbst der Klassiker in Wimbledon der noch nie da gewesenen Situation zum Opfer - und mit ihm die vier Rasenturniere in Stuttgart und Halle/Westfalen (beide Herren) sowie Berlin und Bad Homburg (beide Damen). Tennis-Tristesse statt Filzball-Festspiele heißt es nun im Juni.

„Das ist schon bitter und traurig“, sagte Rittner, auch Turnierdirektorin der neuen Rasen-Veranstaltung in Berlin. „Man hat es irgendwie kommen sehen. Aber als dann gestern der Moment der Absage da war, tat das schon sehr weh.“

Noch ziehen die Veranstalter in Erwägung, das Turnier zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden zu lassen. „Die Verschiebung auf einen späteren Termin im Jahr 2020 ist für uns eine Option - aber nur dann, wenn sich die Lage soweit entspannt, dass auf der WTA-Tour wieder ohne Bedenken gespielt werden kann“, sagte Rittner.

Und genau das ist die große Frage. Niemand weiß, wann wieder Tennis gespielt werden kann. Das Problem: Die Tennis-Tour ist in besonderem Maße auf auf weltweite Reisefreiheit angewiesen. Und genau das ist in Zeiten von Corona gerade komplett ausgeschlossen. Irgendwann nach Ostern soll eine Entscheidung fallen, ob es in diesem Jahr noch Tennis in Berlin gibt. Wahrscheinlich ist das nicht, zumal auf Rasen wohl nur bis Ende August gespielt werden könnte. Immerhin hat der Namenssponsor klar gemacht, dass er die Treue hält, auch wenn die Premiere erst 2021 stattfinden sollte.

Ein kleines bisschen Rest-Hoffnung haben sie auch noch in Stuttgart, wo die deutschen Rasen-Festspiele am 8. Juni eigentlich hätten beginnen sollen. Auf 50:50 bezifferte Turnierveranstalter Edwin Weindorfer die Chancen, den Mercedes Cup noch zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr stattfinden zu lassen - eine wohl doch zu optimistische Einschätzung.

Weindorfer verlor durch die Entscheidung von ATP, WTA und ITF, die Tennis-Pause bis Mitte Juli zu verlängern, gleich drei Turniere auf einen Schlag. Außer Stuttgart auch noch Berlin und Mallorca. „Es wird wirtschaftlich für uns ein sehr, sehr hartes Jahr“, sagte Weindorfer. „Das Ausmaß des finanziellen Schadens kann ich nicht beziffern, aber es ist schon ein gewaltiger Einbruch.“

Für Weindorfer und Rittner ist klar, dass nicht alle Veranstalter die beispiellose Krise überstehen werden. „Ich bin gespannt, wie der Kalender bis Ende des Jahres und im nächsten Jahr aussieht“, sagte Rittner, „wenn wir dieses Jahr noch spielen können“. Die vier deutschen Events soll es aber auf jeden Fall geben, weil überall auch die Macher von Wimbledon involviert sind. Und für die wird sich der Verlust trotz der erstmaligen Absage seit dem Zweiten Weltkrieg in Grenzen halten, weil der All England Lawn Tennis Club als einziger weltweit gegen eine Pandemie versichert ist.

Für die Sportler heißt es weiter warten. „Natürlich hatten wir uns alle riesig auf die Premiere der Bad Homburg Open in wenigen Monaten im historischen Kurpark gefreut“, sagte Angelique Kerber, Turnierbotschafterin der Veranstaltung. Dass nach Olympia nun auch Wimbledon abgesagt worden sei, sei schon „sehr enttäuschend“.

Die 32-Jährige, die vor zwei Jahren in Wimbledon triumphierte, kann die Zeit immerhin nutzen, um ihre Oberschenkelverletzung in Ruhe auszukurieren. Aber allmählich hoffen alle, dass es irgendwann wieder los geht. „Es wäre gut, wenn es bald einen Zeitpunkt gäbe, auf den die Spieler hinarbeiten können“, sagte Rittner. Das sieht auch Philipp Kohlschreiber so. „So lange habe ich in meiner ganzen Karriere noch nicht auf Tennis verzichten müssen“, sagte der 36 Jahre alte Routinier im TV Sender „Sky Sport News HD“.

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