Raubtiere im Watt

Mehr Kegelrobben in der Nordsee

| 03.07.2020 18:55 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Die Zahl der Kegelrobben im Wattenmeer ist deutlich gestiegen. Das Ergebnis lieferte die diesjährige Zählung im Frühjahr. Diese Entwicklung hängt vermutlich mit dem Fortbleiben der Urlauber zusammen.

Wilhelmshaven - Die Zahl der Kegelrobben im Nordwesten Deutschlands ist deutlich gestiegen. Der Bestand sei im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent gestiegen, wie das Wattenmeer-Sekretariat mit Sitz in Wilhelmshaven am Freitag mitteilte. 587 Tiere wurden gezählt. Vermutlich sind es sogar noch mehr: Wegen der Corona-Einschränkungen konnten die Zählungen in der Region Niedersachsen/Hamburg nicht beendet werden.

Insgesamt wurden im Frühjahr 2020 im Wattenmeer vor den Küsten Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande der Mitteilung zufolge 7649 Kegelrobben gezählt – 17 Prozent mehr als im Frühjahr 2019. Das Durchschnittswachstum der letzten Jahre liegt bei 9 Prozent. Dies gehe aus dem Bericht „Kegelrobbenzählung im Wattenmeer und Helgoland im Zeitraum 2019-2020“ der Trilateralen Expertengruppe Seehunde (EG-Seals, vormals Trilateral Seal Expert Group) hervor, der jetzt veröffentlicht wurde. Der Bericht (in englischer Sprache) kann hier heruntergeladen werden.

Welche Rolle spielt Corona?

Die Experten mutmaßen, dass in diesem Frühling die Robben von einem Rückgang menschlicher Störungen, vor allem an den Stränden, aufgrund der Covid-19-Maßnahmen profitiert haben und so vermehrt an Land rasten konnten. „Seit Beginn der trilateral koordinierten Zählungen 2008 hat sich der Bestand der erfassten Kegelrobben mehr als verdreifacht“, heißt es. Die größten Kolonien seien in den Niederlanden zu finden, gefolgt von Niedersachsen und Helgoland. Weniger Tiere seien in Schleswig-Holstein und Dänemark beobachtet worden.

Die Kegelrobbe

Kegelrobben sind die größten Raubtiere an der Wattenmeerküste und zählen wie Seehunde zu den bekanntesten Arten der Region. Zu früheren Zeiten waren Kegelrobben im Wattenmeer sehr zahlreich, bis sie vermutlich zu stark bejagt wurden.

Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wanderten erste Tiere aus britischen Gewässern wieder ins Wattenmeer ein.

Als Teil der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit koordiniert die trilaterale Seehundexpertengruppe (EG-Seals) die Zählungen und harmonisiert die Ergebnisse, welche aus allen Teilen des Wattenmeers zusammengeführt werden.

Der Seehund, im Wattenmeer häufig anzutreffen, steht unter besonderem Schutz des Wattenmeer-Seehundabkommens (Agreement on the Conservation of Seals in the Wadden Sea; WSSA) unter der Schirmherrschaft des UN-Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden Tierarten (CMS).

Die Kegelrobbe fällt zwar nicht unter dieses Abkommen, profitiert aber aus den daraus resultierenden Schutzmaßnahmen. Das CWSS fungiert als Sekretariat des Wattenmeer-Seehundabkommens.

„Momentan können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass der Rückgang menschlicher Aktivitäten, wie das Wegbleiben von Touristen an Stränden, für die Ergebnisse verantwortlich ist“, wird Sascha Klöpper zitiert. Er ist stellvertretender Exekutivsekretär des Gemeinsamen Wattenmeer-Sekretariats (CWSS). „Um zu überprüfen, ob die Pandemiemaßnahmen tatsächlich einen solchen Einfluss auf die Tiere haben können, muss die Expertengruppe weitere Nachforschungen anstellen. Die Erklärung wird neben weiteren Thesen betrachtet.“

Jungtiere werden im Winter gezählt

Die jährlich grenzübergreifend koordinierten Zählflüge im Wattenmeer werden im Winter und dem anschließenden Frühjahr durchgeführt. Neugeborene Kegelrobben werden laut Pressemitteilung während der Wurfzeit in den Wintermonaten gezählt. In der Saison 2019/2020, vor dem Inkrafttreten erster Covid-19-Maßnahmen in den Wattenmeerländern, wurden insgesamt 1726 Jungtiere im Wattenmeer und auf Helgoland gezählt – ein leichter Zuwachs von zwei Prozent, nachdem im Jahr zuvor ein Anstieg von 22 Prozent ermittelt wurde. Die meisten davon, 932 Tiere, wurden im niederländischen Teil gezählt. Auf der Hochseeinsel Helgoland (Schleswig-Holstein) und in Niedersachsen/Hamburg wurden je 29 Prozent und 26 Prozent mehr Robbenjunge als im Vorjahr gesichtet (499 und 295 Tiere). In den dänischen und schleswig-holsteinischen Teilen des Wattenmeers wurden keine Jungen an den Tagen der Zählung verzeichnet, wobei in Dänemark zu einem späteren Zeitpunkt ein Jungtier gesichtet wurde.

Der Gesamtbestand der Kegelrobben wird während der Fellwechselperiode im Frühjahr gezählt. Der Grund: Sie verbringen dann wesentlich mehr Zeit sichtbar an Land. In diesem Jahr wurde im März und April gezählt.

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