Corona-Gästelisten

Für Ermittlungen nutzbar – Leeraner Polizei wusste das nicht

Andreas Ellinger und den Agenturen
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Von Andreas Ellinger und den Agenturen
| 02.08.2020 19:27 Uhr | 3 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Die Polizeiinspektion Leer/Emden hat bisher nicht gewusst, dass sie Corona-Gästelisten für bestimmte Ermittlungen nutzen darf. Genau das hat aber nun das niedersächsische Innenministerium erklärt.

Ostfriesland/Hannover/Bremen - Sogenannte Corona-Gästelisten, die unter anderem in Restaurants zum Nachverfolgen von Infektionsketten ausliegen, können in Niedersachsen und Bremen auch für Polizeiermittlungen genutzt werden.

Während die Polizei in Bremen in den vergangenen Monaten bereits auf solche Listen zugegriffen hat, sind solche Fälle in Niedersachsen nicht bekannt, wie die jeweiligen Innenbehörden mitteilten.

Daten sind eigentlich fürs Gesundheitsamt

Unsere Zeitung hatte am Dienstag bei den Polizeiinspektionen Leer/Emden und Aurich/Wittmund angefragt, ob solche Listen bei Ermittlungen angefordert oder eingesehen worden seien. Die Inspektion Leer/Emden teilte mit: „Diese Listen werden ausschließlich seitens des Gesundheitsamtes im Falle eines Corona-Verdachtes dafür genutzt, mögliche Infektionsketten nachzuvollziehen.“ Die Polizeiinspektion Aurich/Wittmund hat auf die Anfrage nicht reagiert. Laut Niedersachsens Innenministerium können die Daten jedoch von der Polizei genutzt werden – sogar zur Gefahrenabwehr, also bevor es zu einer Straftat gekommen ist: „Hierbei kommt es jedoch auf die konkrete Ausgestaltung des Einzelfalls, die Erheblichkeit der vorliegenden Gefahr sowie die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs an.“

Um die Nutzung der Daten ist eine Diskussion entbrannt. Denn eigentlich sind die Angaben in der Tat nur für das zuständige Gesundheitsamt bestimmt – für den Fall, dass jemand kurze Zeit nach einem Café- oder Friseur-Besuch positiv auf das Corona-Virus getestet wird. Dann können mit Hilfe der Listen etwaige Infektionsketten unterbrochen werden.

Löschpflicht nach einem Monat

In der niedersächsischen Corona-Verordnung heißt es, dass die Kontaktdaten drei Wochen lang aufbewahrt werden müssen. Die Dokumentation sei dem Gesundheitsamt auf Verlangen vorzulegen. Aber: „Es ist zu gewährleisten, dass unbefugte Dritte von den Kontaktdaten keine Kenntnis erlangen.“ Spätestens nach einem Monat seien sie zu löschen.

Wie der Sprecher der Landesbeauftragten für den Datenschutz in Niedersachsen, Philip Ossenkopp, erklärte, sei die Nutzung der Corona-Listen durch die Polizei möglich, wenn es um das Aufklären einer Straftat im Restaurant oder im Umfeld gehe. Die Strafprozessordnung ermögliche so einen Zugriff.

Darüber hinaus ermögliche auch das niedersächsische Polizeigesetz einen Zugriff, so das Innenministerium – zur Gefahrenabwehr.

In Bremen ging es bisher laut Innenbehörde um die Aufklärung von Straftaten – unter anderem um ein Sexualdelikt und eine gefährliche Körperverletzung.

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