Berlin (dpa)

Unioner genießen Berlin-Derby - Hertha mit Anti-Kruse-Plan

Jens Mende und Jens Marx, dpa
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Von Jens Mende und Jens Marx, dpa
| 03.12.2020 07:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Union-Trainer Fischer will mit seinem erstarkten Team das Berlin-Derby trotz fehlender Zuschauer genießen. Unter Druck steht vor allem Kontrahent Hertha, der weit hinter den eigenen Ansprüchen liegt. Mit einem Anti-Kruse-Plan sollen die Eisernen gestoppt werden.

Es wird diesmal ein ganz spezielles Derby: Hertha BSC ist von seinen Ansprüchen mal wieder weit entfernt, und jetzt sorgen Max Kruse und seine Unioner auch noch für den besonderen Kick beim Berliner Stadtduell.

„Wir haben 16 Punkte nach neun Spielen, wir sind voll im Soll“, verkündete der neue Torgarant des 1. FC Union. Am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) soll Kruse im leeren Olympiastadion wieder eine Hauptrolle spielen.

„Hoffentlich wird er wieder wichtig fürs Derby. Das ist ja auch seine Aufgabe“, sagte Union-Trainer Urs Fischer über Kruse, der als Symbol für den überraschend starken Underdog aus dem Osten Berlins steht. Fischer will das Spiel trotz der coronabedingt fanfreien Tribünen genießen: „Ich glaube, der Wert bleibt gleich, ob Zuschauer anwesend sind oder nicht. Es ist ein Derby, es sind Emotionen.“

Eigentlich schien die Story vom ungleichen Duell des mit etlichen Sponsoren-Millionen aufgepeppten Big-City-Clubs Hertha gegen die tapferen Kämpfer aus Köpenick für lange Zeit festgeschrieben. Doch plötzlich sorgt die zweite Berliner Macht in der Fußball-Bundesliga für weitaus mehr Aufmerksamkeit und bundesweite Anerkennung.

Nach dem Aufstieg im Sommer 2019 und dem sicher erreichten Klassenerhalt steht Union auf Tabellenposition sechs. Da, wo Hertha eigentlich hin will: auf einen internationalen Startplatz. Der 32 Jahre alte Neuzugang Kruse trug mit sechs Treffern und fünf Vorbereitungen entscheidend zum Höhenflug der Eisernen bei. „Es ist ein Geben und Nehmen. Ich bin froh, dass es so läuft“, betonte Fischer. Seit acht Spielen ist Union unbesiegt.

Der Schweizer Fischer hat es geschafft, Union nach zahlreichen personellen Veränderungen im Sommer trotz des Abgangs von Top-Torjäger Sebastian Andersson zum 1. FC Köln auch mit bescheideneren finanziellen Mitteln als stabile Liga-Kraft zu etablieren. Auch wenn die Prüfungen gegen die derzeitigen Top-Fünf-Teams in dieser Saison noch ausstehen.

„Sie haben ein paar Spieler geholt, die das Team besser machen“, bemerkte Hertha-Trainer Bruno Labbadia zum Gegner - allen voran natürlich Kruse, aber nicht nur. „Die Mannschaft dahinter ist auch wichtig. Ohne uns würde er nicht so viele Tore schießen. Aber er ist in einer sehr guten Form“, sagte Mittelfeldspieler Robert Andrich, der auch schon drei Saisontreffer auf seinem Konto hat. Labbadias Anti-Kruse-Plan: „Man muss ihn im Kollektiv in Schach halten. Nur einen Spieler abzustellen, würde gar nicht gehen.“

Bei Hertha kommt der Umbruch nach 14 Abgängen und acht Zugängen nicht so recht voran. Acht Punkte und Platz 13 sind ernüchternd. Hierarchie und Führungskräfte bilden sich langsamer heraus als erhofft. „Wir sind immer noch in der Phase, wo wir Stabilität brauchen. Jedes Ergebnis bringt uns vom Selbstvertrauen her weiter“, sagte Labbadia auch vor dem Derby. Ein Erfolg wie das 4:0 im jüngsten Duell - ebenfalls vor einer Geisterkulisse - mit dem Lokalrivalen könnte den Prozess beschleunigen.

Hertha-Manager Michael Preetz will den aktuellen Tabellenstand und -unterschied nicht als neues Kräfteverhältnis definiert sehen: „Wir haben ein bisschen mehr als ein Viertel der Saison gespielt. Ich kann nicht erkennen, dass sich die Ausgangsposition geändert hat.“

Auch Union-Coach Fischer sieht vor dem siebten Derby in der erste und zweiten Liga - bisher stehen jeweils zwei Siege, Niederlagen und Unentschieden zu Buche - keine neue Situation. „Ich habe unzählige Derbys als Spieler und Trainer erlebt. Es geht um gesunde Rivalität und wichtige Punkte, die uns helfen können, unserem Ziel näherzukommen“, sagte der 54-Jährige. Und das ist noch immer der Erstliga-Verbleib. „Es bedarf einer starken Leistung von uns, um etwas mitzunehmen. Das habe ich im Kopf, nicht die Favoritenrolle.“

Voraussichtliche Aufstellungen:

Hertha BSC: Schwolow - Pekarik, Boyata, Torunarigha, Plattenhardt - Stark - Darida, Guendouzi - Lukebakio, Piatek, Matheus Cunha

1. FC Union Berlin: Luthe - Trimmel, Friedrich, Knoche, Lenz - Prömel, Andrich - Becker, Ingvartsen - Kruse - Awoniyi

© dpa-infocom, dpa:201202-99-548384/7

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