OZ-Weihnachtsaktion

„Wir genießen die Zeit, solange wir Lena haben“

Lena Mimkes
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Von Lena Mimkes
| 08.12.2020 19:14 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Die zehnjährige Lena ist schwer krank. Das Erwachsenenalter wird sie wahrscheinlich nicht erreichen. Ihre Eltern erzählen der OZ, wie sie mit dieser Gewissheit umgehen und woraus sie im Alltag Kraft schöpfen.

Westoverledingen - Lena und ihre Zwillingsschwester hatten einen schweren Start ins Leben: Die Mädchen kamen drei Monate zu früh auf die Welt. Lange bangten die Eltern um ihre Kinder. Als Lena schließlich aus der Klinik entlassen wurde, waren sie erleichtert: „Wir dachten, wir gehen mit einem gesunden Kind nach Hause“, erzählt ihre Mutter. Doch nachdem auch Lenas Schwester einige Zeit später nach Hause durfte und die beiden Babys nebeneinander auf dem Wickeltisch lagen, kamen Zweifel auf. „Wir haben gemerkt, dass Lena irgendwie anders ist“, erzählt der Vater. Warum genau, hätten die Eltern nicht beschreiben können. „Bei Untersuchungen haben wir unsere Bedenken geäußert, aber da hieß es, wir sollten nicht hysterisch sein und aufhören, die Zwillinge miteinander zu vergleichen“, berichtet er weiter.

Erst nach rund zehn Monaten wurde auch von Ärzten geäußert, dass Lenas Entwicklung nicht so läuft wie bei anderen Kindern. Kurz vor ihrem zweiten Geburtstag wurde eine Schwerbehinderung festgestellt. Die Eltern ließ das ratlos zurück. „Warum Lena? Wir hätten es eher von ihrer Zwillingsschwester erwartet“, sagen die Eltern. Der Zustand des Mädchens war nach der Geburt noch kritischer als Lenas. „Es war ein Wunder, dass sie überhaupt überlebt hat.“ Die Ärzte vermuteten, dass Lenas Behinderung durch einen Sauerstoffmangel kurz vor der Geburt verursacht wurde.

Nach einer Bronchitis kam die erschütternde Diagnose

Die Eltern ermöglichten ihr viele Reha-Maßnahmen und intensives Training. „Wir haben gehofft, dass sie irgendwann laufen kann“, erzählt der Vater. Lena machte zunächst auch Fortschritte, doch mit sechs Jahren erkrankte sie an einer Bronchitis, von der sie sich lange nicht erholte. „Sie war über Wochen kurzatmig“, erinnern sich die Eltern. Nach einigen langen Monaten kam die erschütternde Diagnose: Lena leidet am Leigh-Syndrom. Die Lebenserwartung der Patienten mit dieser Stoffwechselerkrankung beträgt nur wenige Jahre. Das älteste Kind, von dem die Eltern wissen, ist 14 geworden. Lena ist jetzt zehn. „Sie hat den größten Teil ihres Lebens hinter sich gebracht“, sagt der Vater. Die Diagnose war damals ein Schock für die Eltern: „Das hat uns den Boden unter den Füßen weggerissen. Wir haben uns gefragt, warum gerade wir dieses Schicksal haben.“

„Ein Herz für Ostfriesland“

Die weihnachtliche Spendenaktion, eine Tradition der Ostfriesen-Zeitung, steht seit ein paar Wochen auf juristisch neuen Beinen. Als 100-prozentige Tochter der Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO) wurde die vom Finanzamt als mildtätig anerkannte gemeinnützige GmbH „Ein Herz für Ostfriesland“ gegründet. Über deren Konten läuft nun die Spendenaktion. Geschäftsführer der gGmbH ist Uwe Boden, Leiter des Geschäftskundenbereichs der ZGO. Ihm zur Seite steht ein Beirat, besetzt mit Führungskräften der ZGO.

Für Spender und Hilfsempfänger ändert sich dadurch nichts. Wie zuvor gehen 100 Prozent der Spendengelder an die Hilfsbedürftigen. Weiterhin trägt der Verlag alle Verwaltungs- oder sonstigen Kosten. Spendenquittungen dürfen nun allerdings von „Ein Herz für Ostfriesland“ ausgestellt werden. Wir sind nicht mehr auf gemeinnützige Partnerorganisationen angewiesen.

Spendenkonto:

Ein Herz für Ostfriesland gGmbH

IBAN: DE55 2859 0075 0011 1112 00

Ostfriesische Volksbank eG

Stichwort OZ-Weihnachtsaktion 2020

Lenas Eltern haben sich jedoch schnell wieder gefasst - dank Lena selbst. „Sie ist der glücklichste Mensch, den wir kennen“, sagen die Eltern. Durch ihre Krankheit hat Lena keine Kraft mehr, ihr Essen zu kauen, im Schlaf setzt ihre Atmung aus. Auch das Sprechen fällt ihr immer schwerer. Obwohl sie ihre Nahrung über eine Sonde bekommt und nachts mit einer Maske beatmet wird, hat sie sich noch nie beklagt. „Sie akzeptiert ihre Situation voll und ganz“, sagen die Eltern. Die positive Grundeinstellung ihrer Tochter gebe ihnen Kraft, mit der Situation umzugehen: „Das hilft ungemein.“ Oft bringt sie ihre Eltern zum Lachen: „Sie haut manchmal Sprüche raus, das ist bemerkenswert für ihr Alter“, erzählt ihr Vater schmunzelnd.

Der Elektrorollstuhl gibt Lena Freiheit

Jeden Tag sieht Lena ihre gesunden Schwestern rennen, Fahrrad fahren und toben: „Obwohl sie weiß, was sie nicht kann, ist sie nur am lachen und strahlen“, sagt ihr Vater. „Das ist beängstigend, im positiven Sinne.“ In einer Situation sei Lena allerdings melancholisch geworden: Als ihre Zwillingsschwester laufen lernte. „Wir haben an ihrem Blick gesehen, dass sie sich sehr danach sehnt, mitzugehen“, erzählen die Eltern. „Aber auch hier hat sie kein einziges Mal geklagt.“

Die Eltern bemühen sich, das restliche Leben ihrer Tochter so angenehm wie möglich zu gestalten: „Wir genießen die Zeit, so lange wir Lena haben. Der Moment, den Kopf in den Sand zu stecken, wird früh genug kommen.“ Wenn Lenas Gesundheitszustand es zulässt, gehen ihre Eltern am liebsten mit ihr spazieren. „Sie entscheidet dann, wie schnell und in welche Richtung sie mit ihrem Elektrorollstuhl fährt. Dann saust sie einfach davon. Das gibt ihr ein Stück Freiheit“, erzählt ihre Mutter.

Wenn Lena schläft, muss sie eine Beatmungsmaske tragen. Bild: Privat
Wenn Lena schläft, muss sie eine Beatmungsmaske tragen. Bild: Privat

Unterstützung im Alltag bekommen Lenas Eltern von Pflegefachkräften. Der ambulante Kinderintensivpflegedienst „Mokids“ der Diakoniestation Hesel-Jümme-Uplengen kümmert sich in Kooperation mit einem weiteren Pflegedienst darum, dass Lena nachts beaufsichtigt wird. Vormittags geht sie normalerweise in Begleitung einer Pflegefachkraft zur Schule, wegen der Corona-Pandemie ist sie nun im Home-Schooling. Dass sich Lenas Zustand immer weiter verschlechtert, macht sich schrittweise bemerkbar: „Früher konnte sie sich im Bett alleine umdrehen, das geht nicht mehr“, sagen die Eltern. „Sonst konnte sie auch flüssiger sprechen, jetzt schafft sie nicht mehr als zwei Silben in einem Rutsch.“

Eltern waren auf sich allein gestellt

Als Lena vor etwa zwei Jahren ihr Beatmungsgerät und eine Magensonde bekam, war nach dem Krankenhausaufenthalt nicht direkt ein Pflegedienst verfügbar. „Wir waren erstmal auf uns allein gestellt“, sagt ihre Mutter. Der Umgang mit der Sonde war für die Eltern eine große Herausforderung. „Sie muss jeden Tag gereinigt und auch gedreht werden, damit sie nicht festwächst“, erklärt der Vater. Die Sonde anzufassen, habe Überwindung gekostet - schließlich wollten die Eltern ihrem Kind nicht wehtun.

„So eine Möglichkeit wie das Schutzengel Huus hätten wir damals sehr begrüßt“, sagt Lenas Mutter. Das baut die Diakoniestation Hesel-Jümme-Uplengen in Remels für Eltern, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Dort sollen schwer kranke Kinder und ihre Familien nach einem Klinikaufenthalt wohnen, bis ein Pflegeteam für zu Hause aufgebaut ist. Die Eltern erhalten Unterstützung bei der Versorgung ihres Kindes. Mit ihrer Weihnachtsaktion sammelt die OZ Spenden für den Förderverein der Einrichtung.

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