OZ-Weihnachtsaktion

Ihre Pfleger sind für die kranke Caroline wie Freunde

Lena Mimkes
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Von Lena Mimkes
| 18.12.2020 19:12 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Caroline Nobel wurde als Frühchen geboren und hatte schwere Gehirnblutungen. An den Folgen leidet sie bis heute. Ihre Mutter Iris erzählt der OZ, warum der Kontakt zu den Pflegekräften für ihre Tochter, aber auch für sie selbst so wichtig ist.

Ostrhauderfehn - Überall in Carolines Zimmer leuchten Knöpfe, hängen Schläuche, blinken Monitore. Inmitten des Bettes, das zentral in dem großen Raum steht, liegt Caroline. Sie ist 25 Jahre alt, sieht darin aber ganz klein und zart aus. Caroline ist erschöpft, den Tag zuvor hat sie in einem Sanitätshaus verbracht, in dem ein neues Gips-Korsett für sie angefertigt wird. Über einen Schlauch in der Nase erhält sie Sauerstoff. An ihrem Bett wacht eine Pflegekraft, im Hintergrund läuft ein Hörbuch. Als ihre Mutter Iris Nobel sie anspricht und über ihre Wange streicht, lächelt Caroline.

Caroline wurde in der 32. Schwangerschaftswoche per Notkaiserschnitt geboren. Weil sie nicht regelmäßig atmete, wurde sie intubiert. Zudem erlitt sie schwere Gehirnblutungen, erzählt ihre Mutter. Unter den Folgen leidet Caroline bis heute: „Sie hat epileptische Anfälle, Spastiken und wird über eine Magensonde versorgt.“ Darauf, dass sie ein schwer krankes Kind haben wird, war Iris Nobel nicht vorbereitet. „Ich hatte eine wundervolle Schwangerschaft“, erzählt sie. „Doch dann hieß es auf einmal, das Kind muss raus.“ Dass es die Möglichkeit gibt, ein ambulantes Pflegeteam zu bekommen, wusste sie damals nicht. „Plötzlich ist man zu Hause, mit einem Kind, das schreit, das seine Nahrung und Flüssigkeit durch einen Schlauch bekommt und alles ist anders, als man sich das vorgestellt hat.“

Eltern fehlt ein Ort, um in Ruhe zu lernen

Eine Einrichtung wie das Schutzengel Huus, das die Diakoniestation Hesel-Jümme-Uplengen in Remels bauen will, hätte Iris Nobel damals gerne mit Caroline besucht. Darin sollen Familien, die mit intensivpflegebedürftigen Kindern aus dem Krankenhaus entlassen werden, auf den Pflegealltag im eigenen Zuhause vorbereitet werden. Die OZ sammelt mit ihrer Weihnachtsaktion Spenden für den Förderverein der Einrichtung. „Das wäre eine Wahnsinns-Entlastung gewesen“, sagt Nobel. „Man stellt sich so viele Fragen: Schaff ich das alles? Mache ich alles richtig?“, erzählt sie. „Es wäre schön, einen Ort zu haben, an dem man in Ruhe lernen und sicher werden darf.“

„Ein Herz für Ostfriesland“

Die weihnachtliche Spendenaktion, eine Tradition der Ostfriesen-Zeitung, steht seit ein paar Wochen auf juristisch neuen Beinen. Als 100-prozentige Tochter der Zeitungsgruppe Ostfriesland (ZGO) wurde die vom Finanzamt als mildtätig anerkannte gemeinnützige GmbH „Ein Herz für Ostfriesland“ gegründet. Über deren Konten läuft nun die Spendenaktion. Geschäftsführer der gGmbH ist Uwe Boden, Leiter des Geschäftskundenbereichs der ZGO. Ihm zur Seite steht ein Beirat, besetzt mit Führungskräften der ZGO.

Für Spender und Hilfsempfänger ändert sich dadurch nichts. Wie zuvor gehen 100 Prozent der Spendengelder an die Hilfsbedürftigen. Weiterhin trägt der Verlag alle Verwaltungs- oder sonstigen Kosten. Spendenquittungen dürfen nun allerdings von „Ein Herz für Ostfriesland“ ausgestellt werden. Wir sind nicht mehr auf gemeinnützige Partnerorganisationen angewiesen.

Spendenkonto:

Ein Herz für Ostfriesland gGmbH

IBAN: DE55 2859 0075 0011 1112 00

Ostfriesische Volksbank eG

Stichwort OZ-Weihnachtsaktion 2020

Heute unvorstellbar: Das Krankenhaus habe sie und Caroline nach der Entlassung sich selbst überlassen. „Ich wurde mit einer Plastikspritze und einer Flasche Nahrung nach Hause geschickt“, erinnert sie sich. Um den Rest könne sich die Apotheke kümmern, habe es geheißen. Die Mutter, die sich mit der Handhabung einer Sonde überhaupt nicht auskannte, fragte sich durch. „Mein Hausarzt musste sich mit dem Thema aber auch erst einmal befassen“, erzählt sie. Ohne Pflegedienst sei es extrem kompliziert gewesen, mit den ganzen Geräten und Hilfsmitteln klarzukommen.

Pflegekräfte sind wichtige Sozialkontakte

Erst vor Kurzem erhielt Caroline einen Blasenkatheter. „Der wurde gelegt und das wars dann“, sagt Iris Nobel. „Zwei Tage später wirst du entlassen und es hängt ein weiterer Schlauch an deinem Kind. Man fragt sich dann, wer sich damit auskennt.“ In diesem Fall waren es Carolines Pflegekräfte. Die Hilfe eines Pflegedienstes nahm Carolines Mutter vor etwa neun Jahren in Anspruch. „Damals hatte sie eine große OP an Speiseröhre und Zwerchfell“, erzählt die Mutter. „Es ging ihr gar nicht gut, man ging davon aus, dass sie nicht mehr lange bei uns ist.“ Mitarbeiter von „Mokids“, der mobilen Kinderintensivpflege der Diakoniestation Hesel-Jümme-Uplengen, betreuten Caroline daraufhin zu Hause. Doch entgegen der Erwartung der Ärzte erholte Caroline sich wieder.

Für Caroline sind ihre Pflegekräfte wichtige Elemente ihres sozialen Lebens. „Ohne Hilfe wären zum Beispiel Ausflüge gar nicht möglich“, sagt Iris Nobel. Carolines Liegerollstuhl ist groß und sperrig, außerdem muss immer Sauerstoff dabei sein. „Nach ihrem dritten Darmverschluss 2009 konnte Caroline nicht mehr zur Schule gehen“, erzählt ihre Mutter. Die Pfleger sind nun wie ihre Freunde. „Wenn man zum Beispiel sagt, ‚gleich kommt die Frau XY und dann guckt ihr einen Film‘, fängt sie an zu grinsen“, erzählt die Mutter. Mit ihren Pflegekräften hört Caroline auch Musik oder malt. „Als mein Enkelkind geboren ist, haben sie mit Caro gebastelt“, so Nobel. „Sie haben dann ein Bild geschickt, auf dem Caro im Stehtrainer ist und ein Willkommensplakat hält. Da haben wir alle geweint im Krankenhaus.“

Pflegerin vermittelte im Krankenhaus

Doch nicht nur für Caroline, sondern auch für die Mutter selbst nehmen die Pflegekräfte eine wichtige Rolle ein. „Es ist so wichtig, jemanden zum Beratschlagen zu haben“, sagt Iris Nobel. „Wenn ich zum Beispiel mit meiner Mutter in Nordrhein-Westfalen telefoniere, kann ich nicht mit ihr über Medikamente diskutieren“, sagt sie. Außenstehende könnten die Situation einfach nicht einschätzen. „Die Pflegekräfte können das. Die haben das Kind mit dir erlebt.“ Das sei hilfreich bei Fragen, wie zum Beispiel, ob es in Betracht komme, ein Medikament ausschleichen zu lassen. „Die Entscheidungen treffe am Ende ich, aber dass jemand mit dir Pro und Contra durchgeht, ist wichtig.“

In einer Situation im Krankenhaus hätten die Ärzte Carolines schlechten Gesundheitszustand nicht sofort erkannt. „Ich hab gesagt, sie leidet, es geht ihr schlecht“, erzählt die Mutter. „Ihr kennt sie nicht, wenn sie gesund ist.“ Als Mutter habe sie in Krankenhäusern häufig das Gefühl gehabt, nicht ernst genommen zu werden. „Da prallen Welten aufeinander“, sagt Nobel. „Auf der einen Seite hat man die Erfahrung aus 25 Jahren Leben mit dem Kind, auf der anderen Seite die Erfahrungen der Ärzte auf ihrem Fachgebiet.“ Schließlich sei eine Mokids-Mitarbeiterin dazugekommen und habe aus neutraler Sicht geschildert, wie sich Caroline normalerweise verhalte. „Wer bei den Mokids landet, hat Glück“, sagt Iris Nobel. Mit ihrem 25. Geburtstag endete die Betreuung durch die „Mokids“, seitdem kümmert sich ein anderer Pflegedienst um Caroline. Der Kontakt ist allerdings nicht abgerissen. „Wenn ich Fragen habe, kann ich immer noch jederzeit anrufen“, sagt Iris Nobel.

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