Was Sie heute wissen müssen Tornado in Hinte | Photovoltaik in Emden | Hidden Champion in Riepe

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 03.02.2023 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Es ist Wetter, nicht Klima. Und Stürme, wie die in den vergangenen Tagen, gehören zum Nordwesten wie der Nieselregen und die tieffliegenden Wolken im Januar und im Februar. Die Meldung über einen Tornado (oder eine Fallböe) am Mittwoch in Hinte lässt trotzdem aufhorchen. Tornados, da denkt man an die USA und nicht an Ostfriesland, wo ein Tornado vor eineinhalb Jahren das Dorf Berumbur platt gemacht hatte. Innerhalb weniger Sekunden donnerte der Wind durch mehrere Straßen in Hinte und beschädigte sieben Häuser. Ziegel flogen durch die Luft, schilderten Anwohner unserem Reporter Michael Hillebrand, der sich gestern vor Ort umsah. Der Klimawandel zeigt sich nicht nur durch den Temperaturanstieg, sondern durch ein Mehr an Extremwetter-Ereignissen.

Leer, Norden, Emden: Diese Städte würde es bei einem Meeresspiegelanstieg von nur einem Meter nicht mehr geben – zumindest, wenn die Deiche so bleiben, wie sie heute sind. Das zeigen Simulationen, basierend auf Daten des Weltklimarates. Unsere Praktikanten Justus Högemann und Jasper Pohlmann aus Uplengen haben sich im Internet auf die Suche nach anschaulichen Werkzeugen gemacht, die diese Folgen des Klimawandels sichtbar machen. Da gibt es Webseiten, die anhand einer Satellitenkarte zeigen, was die Erhöhung des Meeresspiegels bewirkt. Trotz erschütternder Daten kommen die beiden Jungs zu einem beruhigenden Fazit: „Es bleibt also bei entsprechendem Handeln noch etwas Zeit, um sich vorzubereiten und anzupassen.“

Auch wenn es wünschenswert wäre, sofort und vollständig auf fossile Energieträger zu verzichten, so leicht geht das nicht. Erdgas bleibt noch auf viele Jahre Übergangsenergie. Umso wichtiger war gestern der Besuch des norwegischen Botschafters Torgeir Larsen bei der Kavernenanlage in Etzel. Auch wenn das skandinavische Land nach dem Ausfall Russlands unser wichtigster Erdgas-Lieferant ist, ging es bei diesen Gesprächen um mehr: um eine Zukunft mit grünem Wasserstoff. Imke Oltmanns hat bei den Gesprächen genau zugehört.

Die Stadt Emden möchte unbedingt bei der Energiewende ganz vorne dran sein. Gestern stellte OB Tim Kruithoff Einzelheiten zur geplanten Photovoltaik-Anlage im Wybelsumer Polder vor - sie soll die niedersachsenweit größte zusammenhängende ihrer Art werden. Auf rund 90 Hektar Land, das vom landeseigenen Hafenbetreiber N-Ports zur Verfügung gestellt wird, sollen rund 170.000 PV-Module aufgebaut werden. Die Betreibergesellschaft Energiepark Emden will dafür 67 Millionen Euro investieren. Das Repowering des dortigen Windparks wird durch die Solarmodule nicht eingeschränkt. Auch die Abnehmer des Stroms stehen fest. Er geht in die Produktion von grünem Wasserstoff. Gordon Päschel hat sich in das Thema vertieft.

Im weitesten Sinne hat auch die Tidesteuerung am Emssperrwerk in Gandersum etwas mit dem Klimawandel zu tun. Sie soll verhindern, dass noch mehr Schlick bei Flut die Ems aufwärts getragen wird und sich dort absetzt. Die Maßnahme ist Teil des „Masterplans Ems 2050“, einem umstrittenen Versuch, die Interessen von Ökologie und Ökonomie im Emsmündungs-Gebiet übereinander zu bringen, ebenso wie der Bau des Tidepolders Coldemüntje, der im vergangenen Jahr begonnen wurde. Karin Lüppen hat sich nach dem Stand der Umsetzung erkundigt.

Wie ein Ewigkeitsprojekt erscheint auch der Plan des Klinikums Leer, um eine Neurologie-Station zu erweitern. Vor einem Jahr hatte das Sozialministerium dieses Projekt befürwortet. Protest aber gab es von Krankenhäusern aus der Umgebung. Mit einem Eilantrag wollte das Klinikum jetzt die Umsetzung erzwingen, fiel dabei aber voll auf den Bauch. Das Verwaltungsgericht Oldenburg lehnte nicht nur den Antrag aus Leer ab, sondern erklärte auch, dass die Entscheidung des Sozialministeriums mutmaßlich rechtswidrig sei. Warum Klinikum-Geschäftsführer Holger Glienke über den Richterspruch zwar enttäuscht ist, aber weiter optimistisch für das Projekt, das erklärt Nikola Nording.

Egal, wo Fastfood-Riese McDonald’s eine neue Filiale eröffnen will, gibt es Ärger. Eltern sorgen sich um die gesunde Ernährung für ihre Kinder, Anwohner in der Nähe wegen des erhöhten Verkehrs und die weiter weg wegen des Verpackungsmülls, der aus den Autos geschmissen wird. Diese Konflikte toben auch in Uplengen, seit bekannt ist, dass an der Autobahnausfahrt Apen ein Schnellrestaurant gebaut werden soll. Anders als vor einiger Zeit in Bunde steht aber das Rathaus hinter dem Projekt. „Gerade McDonald‘s verfolgt ein sehr innovatives Nachhaltigkeitskonzept“, sagt Bürgermeister Heinz Trauernicht. Tobias Rümmele hat die Diskussionen verfolgt.

McDonald’s will sich in Jübberde in einem Gewerbegebiet niederlassen. Anderswo in Ostfriesland werden die Flächen für Firmen langsam knapp. In Aurich zum Beispiel. Die Flächen in den drei Auricher Gewerbegebieten sind bald vergeben, und die Verwaltung hat bisher keine neuen ausgewiesen. Die Politik ist deswegen gespalten, hat Gabriele Boschbach bei ihren Nachfragen festgestellt. Vor allem die Grünen stellen Bedingungen für neue Flächenausweisungen: „Wir sollten erstmal untersuchen, welche Fehler wir unter ökologischen Gesichtspunkten bei den bestehenden Gebieten gemacht haben“, sagt Fraktionschefin Gila Altmann.

Dabei ist Aurich für viele Unternehmen nur zweite Wahl, wegen der Verkehrsanbindung. Keine Bahnstrecke und vor allem keine Autobahn in der Nähe. Gabriele Boschbach macht dies am Beispiel der Firma Stahlbau Oltmanns deutlich. Der wurde es in der Gemeinde Ihlow zu eng, passende Flächen gab es allerdings nicht. „Wir wären gerne am Standort in Riepe geblieben“, sagt Holger Bruns. Nicht nur wegen der Autobahn, auch die Verhandlungen mit der Stadt über den Grundstückspreis machten den Geschäftsführer nicht froh.

Riepe ist jedenfalls ein guter Standort für Firmen. Das Paradebeispiel ist das Unternehmen Landguth, das in den vergangenen 20 Jahren zu einem der größten Arbeitgeber Ostfrieslands gewachsen ist, mit der Produktion von Tiernahrung. In anderen Regionen Deutschlands nennt man solche Unternehmen „hidden Champions“. 1100 Mitarbeiter zählt Landguth inzwischen – sogar mehr als Enercon am Standort der Firmenzentrale in Aurich. Mit einem Umsatz von 305,7 Millionen Euro im Jahr 2021 liegt das Unternehmen inzwischen nach der Molkerei Rücker und Windkraftanlagen-Produzent Enercon auf Platz drei der umsatzstärksten Unternehmen im Landkreis Aurich. Nicole Böning stellt die Firma vor, die weiter expandieren möchte.

Für viele ostfriesische Traditionen war die Pandemie die Pest, für diese nicht: Für die klassischen Kohltouren-Gruppen, die mit Bollerwagen losziehen und anschließend für Grünkohl mit Pinkel, Kassler und Salzkartoffeln in die Gasthöfe einkehren. „Wir merken, dass die Leute wieder Lust haben, etwas zu unternehmen“, sagt Nico Winkelmann, Chefkoch im Gasthaus Bümmersteder Krug in Oldenburg. Erich Wagner ist Ostfriesland-Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) und Senior-Chef des Hotels zur Post in Wiesmoor, und er bestätigt das: „Als ich zuletzt mit meinen Kollegen geredet habe, sprachen sie von einer guten Buchungslage.“ Trotzdem verändern sich die Ansprüche sehr stark, haben Gabriele Boschbach und Daniel Noglik bei ihrer Recherche festgestellt. Die Stichworte heißen Grünkohlsalat, Grünkohl-Pesto und Grünkohl-Pasta.

Was heute wichtig wird:

  • In der Heisfelder Straße stand ein denkmalgeschütztes Gebäude des namhaften Architekten Carl Börners. Der Besitzer, ein Leerarer Immobilienhändler, hat es abgerissen. Katja Mielcarek berichtet.
  • Die Zahlen der Menschen, die aus der Kirche austreten, steigen weiterhin. Gleichzeitig scheint es Gemeinden zu geben, die wachsen. Vera Vogt fragt nach, wie das sein kann.
  • Wer sich nicht an Platzverweise hält oder sonst wie renitent wird, muss in die Gewahrsamszelle. Was kostet eine Übernachtung dort? Marion Luppen fragt nach (und ließ sich in eine solche Zelle stecken).
  • Ständig reden alle über Frauen in Männerberufen. Aber wie sieht es auf der anderen Seite aus? Wie viele Männer üben Frauenberufe aus? Nicole Böning spricht mit Männern, die es getan haben.
  • Ein 80-Jähriger aus München hat auf Langeoog ein Kriegerdenkmal um einige Satzzeichen ergänzt. Eine Sachbeschädigung, laut Amtsgericht. Auf der Insel ändert sich aber trotzdem etwas. Imke Oltmanns berichtet.
  • Bäckereien kämpfen mit hohen Kosten: Auch das Suurhuser Brötchenhuus schränkt seine Öffnungszeiten stark ein. Und wie sieht es bei Ubbens Backstube in Woltzeten aus? Michael Hillebrand berichtet.
  • Der Burgplatz mitten in Emden ist alles andere als einladend. Das soll sich ändern. Die Stadt stellt Pläne zur Umgestaltung des Mini-Parks in bester Lage vor. Gordon Päschel ist bei der Präsentation dabei.
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