Serie „Fehntjer Geschichte(n)“ Das Unterende – der Ursprung Spetzerfehns

Hinrich Trauernicht
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Von Hinrich Trauernicht
| 06.04.2024 16:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Die Kastenschleuse wurde um 1750 erbaut – in Form eines Kastens. Im Gegensatz zu anderen Schleusen hatte sie keine dreieckigen Elemente; zwei Fehnschiffe fanden hintereinander Platz. Die Klappbrücke führte in die Alte Norderwieke, die um 1778 angelegt wurde. Foto: Archiv Hinrich Trauernicht
Die Kastenschleuse wurde um 1750 erbaut – in Form eines Kastens. Im Gegensatz zu anderen Schleusen hatte sie keine dreieckigen Elemente; zwei Fehnschiffe fanden hintereinander Platz. Die Klappbrücke führte in die Alte Norderwieke, die um 1778 angelegt wurde. Foto: Archiv Hinrich Trauernicht
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Ein 21-Jähriger aus Großefehn legte im Jahr 1753 den Grundstein zur Entstehung Spetzerfehns. Bis heute leben und lernen dort Menschen, wo einst die Keimzelle des Ortes war.

Spetzerfehn - Die Keimzelle Spetzerfehns ist das Unterende. Dort siedelten sich 1753 die ersten Menschen an; sieben Jahre nach der offiziellen Fehngründung im Jahre 1746 durch den Preußenkönig Friedrich II., auch bekannt als Friedrich der Große. Das Unterende ist jetzt 271 Jahre alt und erlebt derzeit die größte Wandlung in seiner Geschichte. Die rund zwei Kilometer lange Straße ist begrenzt durch den Postweg (K 101) und die Bundesstraße 72, wobei der westliche Teil zu Ulbargen zählt. Durch Tod oder Fortzug der Bewohner stehen fünf Häuser Im Unterende Nord leer. Drei davon werden derzeit renoviert und bald wieder bezugsfertig sein.

Renoviert und zu Wohnzwecken hergerichtet wurde die damalige „neue Schule“, erbaut 1937. Ihre Lage ist östlich des Friedhofes I (links im Bild). Fünf Häuser wurden in den drei Jahren neu hinzugebaut – bis in den Garten des ehemaligen Kompaniehauses. Rechts überragt das Wahrzeichen Spetzerfehns, die 1886 erbaute Windmühle, die Wohnbebauung. Foto: Trauernicht
Renoviert und zu Wohnzwecken hergerichtet wurde die damalige „neue Schule“, erbaut 1937. Ihre Lage ist östlich des Friedhofes I (links im Bild). Fünf Häuser wurden in den drei Jahren neu hinzugebaut – bis in den Garten des ehemaligen Kompaniehauses. Rechts überragt das Wahrzeichen Spetzerfehns, die 1886 erbaute Windmühle, die Wohnbebauung. Foto: Trauernicht

Außerdem wurden fünf Häuser neu gebaut – auf dem ehemaligen Schulplatz der „neuen Schule“ von 1937, einer ehemaligen Tankstelle und im Garten des Kompaniehauses. Letzteres liegt an der Ecke Postweg und Im Unterende Nord. Seit einigen Jahren schon steht es leer und verfällt zusehends. Ein weiterer Neubau entsteht derzeit in Höhe der Kastenschleuse. Erfreut sind viele Fehntjer darüber, dass die Schule erhalten blieb und zu Wohnzwecken umgebaut wurde. Viele hatten nach dem Verkauf der Schule samt dem ehemaligen Schulplatz mit dem Abriss des Gebäudes durch den auswärtigen Investor gerechnet. Nach dem Tod des letzten Eigentümers, dem Schausteller Karl-Heinz Schulte, hatte es dort einen sieben Jahre andauernden Leerstand gegeben.

Der erste Siedler war erst 21 Jahre

Nach der Fehngründung 1746 dauerte es sieben Jahre, bis man den Kanal durch das Timmelerfeld und Ulbargen gebaut hatte und Flächen für den Bau eines Hauses und die ersten Ackerstreifen abgetorft und kultiviert waren. Erster Siedler war 1753 der 21-jährige Jan Christians aus Großefehn, Kirchspiel Timmel. Er heiratete die zehn Jahre ältere Hilcke Dirks aus Bagband. Zwei Jahre später, 1755, folgten die nächste Siedler: Es war die 31-jährigen Jan Alken und Hinrich Ulrichs, beide aus Timmel. Alle Siedler hatten ihre Häuser an der heutigen Straße Im Unterende Nord.

Nach Beendigung der Fehnschifffahrt Mitte der 1950er Jahre verfielen die Fehnanlagen, so auch die Kastenschleuse. 1991 wurde sie restauriert. Foto: Trauernicht
Nach Beendigung der Fehnschifffahrt Mitte der 1950er Jahre verfielen die Fehnanlagen, so auch die Kastenschleuse. 1991 wurde sie restauriert. Foto: Trauernicht

Zwölf Jahre später, 1767, gab es auf dem „alten Fehn“ – so bezeichnete man später den Bereich westlich des Spetzer Weges, des Postweges – bereits 17 Häuser. 34 Erwachsene sowie 64 Kinder und Jugendliche wohnten damals dort, also insgesamt 98 Personen. Das waren rund sechs pro Haus. Heute leben nach Auskunft der Gemeinde Großefehn insgesamt 85 Menschen Im Unterende Nord und Süd. Heute ist es kaum vorstellbar, unter welchen Bedingungen die ersten Siedler lebten. Tragische Schicksale bestimmten ihr Dasein. Die jungen Siedlerfamilien konnten nur bei bester Gesundheit überleben. Besonders gefährdet waren die Kinder bis zum zweiten Lebensjahr und die jungen Mütter. Bereits 1756 starb das erste Kind auf dem „Spetzer Fehn“ – der Junge wurde nur ein halbes Jahr alt.

„Kinder von der Spetze“ gingen nur selten zur Schule

20 Schulkinder wohnten 1767 auf dem „alten Fehn“. Sie mussten die Schule in Bagband besuchen. Der Bagbander Schulmeister klagte über den seltenen oder komplett versäumten Schulbesuch der „Kinder von der Spetze“. Ein Grund mag gewesen sein, dass Kinder in die schweren Arbeiten des Alltags voll mit einbezogen wurden. Und auch der schwierige und oft gefährliche Schulweg über das Hochmoor spielte eine Rolle. Wege oder Straßen gab es zur damaligen Zeit noch nicht. Auch kirchlich gehörte das junge Fehn zu Bagband. Es wurden Kirch- und auch Friedhofsplätze gewährt. Die Bagbander waren allerdings gegen die Aufnahme in die Gemeinschaft des „Bagbander Armen- und Bauernrechts“. Hierbei handelte sich um eine Armenkasse.

1830 entstand die zweite Schule Spetzerfehns am Unterende; 20 Jahre später wurde der Glockenturm erbaut. Dieses Gebäude wurde nicht zuletzt auf Initiative einiger Anwohner aus dem Unterende erhalten und dient heute als Kapelle. Foto: Archiv Hinrich Trauernicht
1830 entstand die zweite Schule Spetzerfehns am Unterende; 20 Jahre später wurde der Glockenturm erbaut. Dieses Gebäude wurde nicht zuletzt auf Initiative einiger Anwohner aus dem Unterende erhalten und dient heute als Kapelle. Foto: Archiv Hinrich Trauernicht

Allen Widrigkeiten zum Trotz wuchs das Fehn weiter. 1777 wurden in einer von dem Ingenieur Friedrich-Wilhelm Majott angefertigten „Carte vom Spetzer Fehn“ bereits 36 teilerschlossene Fehnstellen ausgewiesen: 19 an der Nordseite des Kanals, davon 13 mit einem Wohnhaus, acht an der Südseite, mit nur einem Wohnhaus. Neun Fehnstellen befanden sich an der Westseite des Spetzer Weges (heute Postweg). Der Kanal war zu dem Zeitpunkt noch rund 200 Meter vom Spetzer Weg entfernt. War die Landwirtschaft anfangs noch wichtige Lebensgrundlage aller, verlor sie im Verlauf der Jahrzehnte zusehends an Relevanz. Vor 50 Jahren gab es noch zehn landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb – einschließlich der angrenzenden, im Jahre 1778 angelegten Alten Norderwieke. Jetzt ist es nur noch ein einziger.

Erster Lehrer war 17 Jahre jung

Das Unterende war auch Ursprung des schulischen Lebens in Spetzerfehn: 1768 wurde das erste „Schulhaus“ eingeweiht. Es stand ungefähr dort, wo heute das Anwesen von Rudolf Hagen ist. Das bescheidene Gebäude, für 18 Gulden von Baumeister Albert Janshen aus Bagband erstellt, diente zugleich als Raum für Gottesdienste und Versammlungen. Erster Lehrer war der erst 17 Jahre alte Jürgen Gerhard Schoone. 30 Jahre lang diente das Gebäude als Schule; dann einigte man sich auf einen neuen Platz: An der Ecke Münkeweg und Unterende sollte eine neue Schule gebaut werden. Das Grundstück stellte die Fehncompagnie. 1830 wurde das Gebäude von Grund auf neu erbaut und erhielt die heutige Form, 1850 wurde der Glockenturm errichtet.

Heute dient das älteste Gebäude Spetzerfehns als Kapelle und wird vom Verein „Freunde der historischen Kapelle“ gepflegt. Eigentümerin ist die Kirchengemeinde Bagband. Bis 1961 diente es als Schulgebäude; dann wurde die neue „Zentralschule“ am Ülkeweg erbaut, heute Greta-Schoon-Grundschule. Der Friedhof am Unterende wurde 1901 eingeweiht, unmittelbar neben der Schule, wo auch Trauerfeiern stattfanden. Kurios ist wohl, dass an der Ostseite des Friedhofes 1937 eine weitere Schule entstand.

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