Serie „Fehntjer Geschichte(n)“ 25 Jahre Ostfriesen Bräu – als das Bier nach Bagband kam
René Krischer braut in der alten Molkerei von Bagband preisgekröntes Bier. Den offiziellen Startschuss gab es im April 1999. Der Braumeister gibt Einblicke in den Brauprozess von Ostfriesen Bräu.
Bagband - Eigentlich ist es einem Zufall zu verdanken, dass Bagband eine eigene Brauerei hat: Bevor René Krischer sich in Ostfriesland niederließ, hatte er deutschlandweit nach dem passenden Standort für seine eigene Brauerei gesucht. Die Voraussetzung: Das Gebäude sollte Charme und Charakter haben. Eigenschaften, die sich auch in seinen Bieren widerspiegeln. Nachdem der aus Leverkusen stammende Bierbrauer seine Meisterprüfung abgelegt hatte, kaufte er im Jahr 1998 die ehemalige Molkerei von 1902. Das gesamte Gelände samt der Gebäude wurde binnen eines Jahres umstrukturiert.
So wurde aus den Räumen der ehemaligen Milchproduktion eine Braugaststätte. Und eine erste Brauerei wurde eingebaut. Diese bestand aus historischen Gerätschaften, die zum Teil aus der Jahrhundertwende stammen. Darüber hinaus entstand ein Brauereimuseum. Vor 25 Jahren wurde eröffnet. Am Tag des deutschen Bieres am 23. April 1999 fiel der offizielle Startschuss für das Ostfriesen Bräu. Groß gefeiert wie noch der 20. wird der 25. Geburtstag allerdings nicht: Aktuell sei einfach zu viel los, sagt Andrea Krischer auf Nachfrage. Nach verschiedenen Modernisierungen in den vergangenen Jahren steht gerade der Bau einer neuen Lagerhalle an. „Die steht noch nicht zu 100 Prozent.“ Anfang 2023 war mit dem Neubau begonnen worden.
Das Erfolgsgeheimnis ist das gute Wasser
Rund 1500 Brauereien gibt es noch heute im Bierland Deutschland. Die Vielzahl der Brauenden ist ebenso einmalig wie die Vielfalt ihrer Biere, meint der Deutsche Brauer-Bund. Der vertritt die Interessen der Brauereien und Braustätten, gibt ihnen eine gemeinsame Stimme. Kein Land habe eine ähnlich hohe Brauereidichte. Während manche dieser Brauhäuser Millionenkonzerne sind, steht bei Ostfriesen Bräu der Chef noch selbst an Sudpfanne und Läuterbottich. Krischer braut verschiedene Biere – dabei ist jedoch das Landbier dunkel herauszuheben. Es wurde zweimal mit dem goldenen European Beer Star ausgezeichnet und erfreut sich im regionalen Einzelhandel großer Beliebtheit. Wenn auch die Bier-Manufaktur dort aufgrund ihrer vergleichsweise höheren Preise zu kämpfen habe, beklagt Krischer. Der Verbraucher spart – nicht zuletzt an der Qualität. Der Griff zum Massenprodukt ist preiswerter. „Regionale Anbieter haben es da schwer“, bedauert seine Frau Andrea.
Der Braumeister setzt auf Vielfalt: Außer dem dunklen Landbier braut er helles Landbier, Pils oder Winterbock. Sie alle entstehen komplett auf dem Gelände der ehemaligen Molkerei an der Bundesstraße 436. Ihren Ursprung nehmen sie in der Sudpfanne. Die wichtigste Zutat für das Ostfriesen Bräu? „Wasser. Es hat mit fast 95 Prozent den größten Einfluss auf den Geschmack.“ Das Trinkwasser der Region ist für seine außergewöhnlich gute Qualität bekannt. „Es ist gutes, weiches Wasser“, erklärt der Braumeister. Das sei fürs Teekochen ebenso wie fürs Brauen bestens geeignet. Hinein kommt dann die Gerste in Form von Malzschrot. „Beides wird mit Pausen zu Maische verrührt.“ Beim sogenannten Maischen bei mehr als 50 Grad Celsius verwandelt sich die Stärke im Malz in verschiedene Zuckerarten.
Es wird sprudelnd gekocht
„Als nächstes geht die Maische in den Läuterbottich“, skizziert der 51-Jährige den weiteren Brauvorgang. Die Maische wird dort gefiltert, bevor sie wieder in die Sudpfanne zurückfließt. Die beiden überdimensional großen Metallgefäße haben eine Art Bullauge, durch die er stets im Blick hat, was sich gerade im Inneren tut. Außerdem überwacht modernste Technik den Brauvorgang. So modern war es hier nicht immer. Angefangen hat Krischer mit einer 100 Jahre alten Brauerei, die er Schritt für Schritt erweiterte und modernisierte. Auch, weil die Nachfrage nach seinem Bier stetig stieg. Die alten Bestandteile können Besucher in einem kleinen Museum bewundern, in dem es spannende Infos rund ums Bier und seine Historie gibt. Außerdem gibt der Hausherr sein Fachwissen in Bierseminaren und Braukursen weiter.
Im nächsten Schritt wird dem künftigen Bier richtig eingeheizt: Bei einer Temperatur von 100 Grad Celsius kommt der Hopfen dazu. „Eineinhalb Stunden wird das jetzt sprudelnd gekocht“, erklärt René Krischer. Bierbrauen braucht seine Zeit. Erst nach etwa acht Stunden wird diese Flüssigkeit in den Whirlpool gepumpt. Dort geht es dann rund. Während die klare Würze außen ablaufen kann, sammeln sich Feststoffe in der Mitte. „Eiweiß und Hopfen verklumpen.“ Die werden herausgefiltert. Danach kann das Bier abkühlen. Wasser und Eiswasser helfen dabei.
Geschmackstest muss sein
Die nächste Station ist der Gärtank: Hier kommt das Vorbier dazu, in dem die Hefe steckt. Nach einer Woche im Gärtank erst dürfen Landbier, Pils oder Bock in den Lager- und Reifebereich der Brauerei in einem großen Kühlraum umziehen. „Hier werden sie möglichst kalt und möglichst lange gelagert“, erklärt Krischer. Mindestens sechs bis acht Wochen müssen seine Sorten ruhen, bis sie ihren Geschmack voll entfaltet haben. Saisonale Genüsse wie das Maibock zum Start in die Biergartensaison braut Krischer auch. Das Starkbier reift mindestens drei Monate. Wann genau aber ein Bier reif für die Abfüllung ist, entscheidet sein Geschmack und nicht der Kalender. „Hopfen und Gerste sind Naturprodukte. Die sind jedes Jahr anders“, erklärt der erfahrene Brauer.
Den Geschmackstest macht er vorsichtshalber auch nicht allein: „Mindestens zwei Mitarbeiter verkosten und entscheiden gemeinsam, ob es geschmacklich unseren Vorgaben entspricht.“ Erst wenn das Ostfriesen Bräu den Geschmackstest bestanden hat, wird es per Maschine in die gereinigten Bügelflaschen abgefüllt. Die werden verschlossen, etikettiert und anschließend in Holzkisten verpackt. Etwa 300.000 Liter produziert Krischer mit seinen Mitarbeitern pro Jahr. Ostfriesen Bräu wird dafür nicht durch Zusätze haltbar gemacht, sondern kommt naturbelassen und unfiltriert in die Flasche.