Viele Ausbildungsplätze offen Es ist nicht zu spät – Azubis können noch einsteigen

| | 28.07.2023 13:58 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Viele Betriebe sind noch auf der Suche nach jungen Menschen, die eine Ausbildung machen wollen. Ältere Bewerberinnen oder Bewerber haben aber wohl ebenso eine Chance. Foto: Foto: Marc Tirl/dpa
Viele Betriebe sind noch auf der Suche nach jungen Menschen, die eine Ausbildung machen wollen. Ältere Bewerberinnen oder Bewerber haben aber wohl ebenso eine Chance. Foto: Foto: Marc Tirl/dpa
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Zum 1. August fängt für viele junge Menschen die Ausbildung an. Es gibt aber noch offene Stellen. Bringt ein späterer Einstieg etwa Nachteile?

Ostfriesland - Jedes Jahr im August fangen junge Menschen in Handwerk und Gewerbe ihre Ausbildung an, in manchen Branchen auch am 1. September. Aber nicht alle Betriebe konnten in diesem Sommer ihre Ausbildungsplätze besetzen. Da könnte man sich jetzt noch bewerben. Aber ist man nicht gegenüber den anderen im Nachteil, wenn man vielleicht erst im Oktober loslegt?

Was und warum

Darum geht es: In ostfriesischen Betrieben sind längst nicht alle Ausbildungsplätze vergeben. Das Ausbildungsjahr beginnt aber zum 1. August. Kann man später einsteigen?

Vor allem interessant für: Junge Menschen, die eine Ausbildung machen wollen

Deshalb berichten wir: Wir haben uns gefragt, ob es für Jugendliche noch Sinn hat, sich jetzt noch auf eine offene Stelle zu bewerben

Die Autorin erreichen Sie unter: k.lueppen@zgo.de

Nicht unbedingt, sagen die Handwerkskammer Ostfriesland (HWK) und die Industrie- und Handelskammer für Ostfriesland und Papenburg (IHK). Liege nur ein Monat dazwischen, dann lasse sich das noch aufholen. Also könnte man sich wohl durchaus noch auf eine der rund 1400 freien Ausbildungsstellen bewerben, die am Ende Juni bei der Agentur für Arbeit Emden-Leer registriert wurden.

Gar nicht alle Stellen wurden gemeldet

Vielleicht sind es sogar noch mehr, denn laut Timo Weise, Abteilungsleiter für Aus- und Weiterbildung bei der IHK, melden gar nicht mehr alle Betriebe ihre offenen Stellen. „Auf jeden Fall gibt es deutlich mehr Ausbildungsplätze als unversorgte Jugendliche“, so Weise. Und bei der HWK heißt es: „Für Kurzentschlossene kann die Suche erfolgreich sein“, teilt Jacqueline Stöppel, zuständig für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, mit.

Natürlich sei es ratsam, frühzeitig in die Ausbildung einzusteigen, um zum Beispiel in der Berufsschule nicht zu viel zu verpassen. Aber es liege im Interesse des Ausbilungsbetriebes, dass ein Azubi den Anschluss behält. „Teilweise bieten Betriebe deshalb parallel einen Begleitunterricht im eigenen Haus an“, sagt Weise. Mit der Hilfe des Arbeitgebers sei zu rechnen, erklärt auch Stöppel für das Handwerk.

Betriebe helfen gerne beim Aufholen

„Es kann sicherlich mit der Unterstützung der Betriebe sowie der Kolleginnen und Kollegen aus der Berufsschule gerechnet werden. Aber es bedarf natürlich auch ein wenig Eigeninitiative um den Stoff wieder aufzuholen“, sagt sie. Grundsätzlich könne man eine Ausbildung zu jedem Zeitpunkt beginnen, aber „ob es am Ende sinnvoll ist, muss individuell geprüft werden“, so Stöppel.

Wer im Handwerk den Durchblick hat, ist in vielen Betrieben auch im Herbst noch willkommen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Wer im Handwerk den Durchblick hat, ist in vielen Betrieben auch im Herbst noch willkommen. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Weil während der Pandemie in den vergangenen Jahren oftmals bei der Ausbildungsplatzsuche oder der -vergabe nicht alles so lief wie sonst, gebe es die Erfahrung, dass es auch bei einem späteren Start gut funktionieren kann, sagt Weise. Damals sei in vielen Schulen die Berufsorientierung mit den dazugehörigen Praktika ausgefallen, die Verträge wurden deshalb manchmal erst später geschlossen. „Man hat aber gesehen, dass es dennoch funktioniert“, so Weise.

Und wenn man schon etwas älter ist?

Wenn die Zahl der Schulabgänger in den nächsten Jahren niedriger ist als der Bedarf an Auszubildenden in Handwerk und Gewerbe, hätten dann auch ältere Bewerber eine Chance, wenn sie eine Ausbildung machen wollen? Dafür kann es durchaus Gründe geben. Wer sich nach dem Studium noch für eine Lehre entscheidet, ist bereits Mitte 20. Andere haben vielleicht als Teenager dem Wunsch der Eltern nach einer bestimmten Ausbildung nachgegeben, sich aber in Wahrheit nach einem ganz anderen Beruf gesehnt und wollen mit Anfang 30 noch wechseln.

Geht das? „Die Bereitschaft für ältere Bewerber ist durchaus da“, glaubt IHK-Ausbildungsfachmann Weise. Jacqueline Stöppel ist für Handwerksberufe sogar noch optimistischer: „Im Handwerk ist jeder willkommen, der eine Leidenschaft für selbiges mitbringt. Da ist das Alter in erster Linie nicht wichtig.“ Weise sagt, man solle bei seinem Wunschbetrieb ruhig einmal anfragen – es könne durchaus klappen.

Werden Vorkenntnisse angerechnet?

Es sei jedoch die Frage, ob der Bewerber im fortgeschrittenen Alter mit der Ausbildungsvergütung hinkommt. Diese beträgt oft weniger als 1000 Euro brutto. Für jemanden, der bereits in einem Beruf gearbeitet hat, könnte das zu wenig sein, um den gewohnten Lebensstandard zu halten. Aber wenn ein Partner oder eine Partnerin oder die Familie da sind, die den Wunsch nach Veränderung unterstützen, könne man auf aufgeschlossene Lehrbetriebe rechnen. Weise: „Das sind Fälle, die man sich individuell anschauen muss.“

Kann ein Bewerber oder eine Bewerberin Kenntnisse aus der ersten Ausbildung anrechnen lassen? Unter Umständen ja, sagt Stöppel: „Eine Verkürzung der Ausbildung ist möglich, muss aber immer individuell geprüft werden.“ Sie nennt ein Beispiel, wie es laufen könne: Eine bereits abgeschlossene Berufsausbildung könnte dazu führen, dass die neue Ausbildung um zwölf Monate verkürzt werden kann. Aber das ist im Handwerk wie in Gewerbe und Handel eine Frage, die zwischen Azubi und Betrieb vereinbart werden muss.

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