Von Schlangen und Kühen Die kuriosesten Tierrettungen der Wiesmoorer Feuerwehr

| | 01.04.2024 11:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Patrik Mandel (links) und Ivonne Büscher demonstrieren den Einsatz des Schlangenhakens. Foto: Böning
Patrik Mandel (links) und Ivonne Büscher demonstrieren den Einsatz des Schlangenhakens. Foto: Böning
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Bei einem Übungsabend der Freiwilligen Feuerwehr Wiesmoor unter dem Motto Tierrettungen hat die Redaktion Mäuschen gespielt – und die Geschichten der kuriosesten Einsätze notiert.

Wiesmoor - Am Kranarm des Einsatzfahrzeugs der Freiwilligen Feuerwehr Wiesmoor baumelt ein orangefarbenes Rettungsgeschirr. Statt einem darin üblicherweise aus dem Schlot geretteten Pferd oder einer aus einem Güllekeller gehobenen Kuh, hängt an diesem Tag das große Verpflegungszelt darin, eingepackt natürlich. „Kannst du dir ungefähr vorstellen, wie es mit einer Kuh funktioniert?“, fragt Frank de Buhr. Sein Gegenüber nickt. Es ist Freitagabend, die Zeit in der sich die Freiwillige Feuerwehr Wiesmoor zu ihren Übungen trifft – an diesem Tag geht es um Tierrettungen. Nebenan demonstrieren Patrik Mandel und Ivonne Büscher den Einsatz von Schlangenhaken und Schlangenzange. Sie bugsieren einen neongelben Leuchtstreifen, der einer Kornnatter zumindest entfernt ähnlich sieht, in einen Reptilienbehälter. Auch das muss geübt werden.

Frank de Buhr (rechts), Menno Pollmann (links) und Nico Schoon demonstrieren den Einsatz des Rettungsgeschirrs für Großtiere. Foto: Böning
Frank de Buhr (rechts), Menno Pollmann (links) und Nico Schoon demonstrieren den Einsatz des Rettungsgeschirrs für Großtiere. Foto: Böning

Von aus dem Nest gefallenen Jungstörchen über Rettungsaktionen für verletzte Wildtiere bis zu an Verkehrsunfällen beteiligen Haustieren – bei ihren Einsätzen müssen die Retter der Feuerwehren auf allerlei tierische Überraschungen gefasst sein. Zum klassischen Rettungszubehör gesellt sich deshalb jede Menge Ausrüstung, mit der Tiere gefangen und transportiert werden können. Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr Wiesmoor hat sich über die Jahre einiges angesammelt. Darunter kuriose Dinge.

Auf die Retter warten manche Überraschungen

Im großen Gerätehaus steht deshalb ein Rollcontainer, auf dem diese Ausrüstung verstaut ist. Sobald zu einer Tierrettung alarmiert wird, bei einem Brand oder Unfall Tiere betroffen sind, wird der Container auf ein Einsatzfahrzeug geladen und los geht es. Allein der Blick auf die hier verstauten Dinge lässt erahnen, welche Abenteuer manchmal auf die Einsatzkräfte warten. Der grüne Eimer mit der abgebildeten Schlange und der Warnung „Attention Reptiles“ (Achtung Reptilien) sticht dabei ins Auge.

Auch ein Wurfnetz, eine Hundeschlinge, Kescher in verschiedenen Größen und eine Reihe verschiedener Handschuhe, je nach Beißkraft, Gefahr und Handlichkeit der Tiere gehören zur Ausrüstung. „Wir haben hier alles zusammengestellt, was wir nach jahrelanger Erfahrung für die Einsätze brauchen“, sagt Ortsbrandmeister Karlheinz Bienhoff. „So haben wir immer alles für den Notfall dabei.“ Ein Nebeneffekt des Übungsabends: Es kommen einige der kuriosesten Rettungsgeschichten auf den Tisch – hier ein kleiner Auszug:

Kommt die Katze von allein wieder vom Dach herunter? Symbolfoto: Pixabay
Kommt die Katze von allein wieder vom Dach herunter? Symbolfoto: Pixabay

Die Katze auf dem warmen Sonnendach

Katzenrettungen von Bäumen gehören zu den klassischen Fällen, zu denen die Feuerwehr alarmiert wird. Manchmal sitzen die Tiere auch auf Dächern fest. Das war vor vier Jahren auch im Wiesmoorer Zentrum an der Hauptstraße der Fall. Dort schaute eine Katze vom Dach eines Einfamilienhauses und schien nicht wieder herunterzukommen. Unter der Katze hatten sich bald Passanten eingefunden, die darauf bestanden, dass dem Tier dringend geholfen werden muss, erinnert sich Karlheinz Bienhoff. „Der Fall hatte schon über Facebook die Runde gemacht und sich hochgeschaukelt. Wenn wir dann sagen, dass die Tiere von selbst herunterkommen – spätestens, wenn sie Hunger haben – kommt es meistens nicht gut an.“ So auch in diesem Fall.

Als die Katze längere Zeit nicht auf den Boden zurückkehrte und der Besitzer nicht ermittelt werden konnte, retteten die Einsatzkräfte das Tier. „Man muss dazu sagen: Es ist nicht so, dass die Tiere sich freuen, wenn sie gerettet werden“, sagt Bienhoff. Katzen zeigen gerne, dass man sich vor ihren Krallen in Sicherheit bringen sollte. So auch dieses Exemplar. Dass dieses Tier tatsächlich nicht gerettet werden musste, stellte sich am nächsten Tag heraus, erzählt der Ortsbrandmeister. Dann rief der erboste Besitzer an und erklärte, er denke gar nicht daran, die Rettung zu bezahlen. „Er erklärte uns, dass die Katze oft in der Sonne zum Schlafen auf dem Dach liegt und dort leicht wieder herunterkommt“, sagt Bienhoff. Die Lösung: Das Dach ist im Garten tiefer heruntergezogen. Von dort ist es über eine angrenzende Scheune wohl nur noch ein Katzensprung bis zum rettenden Boden.

Wenn man sie das erste Mal sieht, kommt man nicht auf die Idee, die Kornnatter könnte ungefährlich sein. Foto: FF Wiesmoor
Wenn man sie das erste Mal sieht, kommt man nicht auf die Idee, die Kornnatter könnte ungefährlich sein. Foto: FF Wiesmoor

Die Schlange im Garten

Schlangenrettungen sind für die Wiesmoorer Feuerwehrleute eine eher seltene Angelegenheit. Deshalb waren Karlheinz Bienhoff und seine Kollegen sehr vorsichtig, als sie im Juli 2021 zu einem solchen Einsatz nach Hinrichsfehn gerufen wurden. Dort war eine ein Meter lange Schlange in einem Privatgarten entdeckt worden. „Wir haben das Tier zu dritt eingekesselt“, sagt der Ortsbrandmeister und schmunzelt. Es gibt etwa 3500 Schlangenarten – 600 davon gelten als giftig.

Mit welchem Exemplar es die Retter zu tun hatten, war ihnen nicht bekannt. Also kamen bei dem gelborangen Tier Schlangenhaken und Schlagenzange zum Einsatz. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich um eine ungiftige Kornnatter gehandelt hatte. „Hätte ich das gewusst, hätte ich sie allein mit der Hand fangen können“, sagt Bienhoff und lacht. Viel schwerer als der Fang war es allerdings, ein neues zu Hause für das Tier zu finden. „Nach ein paar Telefonaten konnte uns der Landkreis schließlich weiterhelfen. So fanden wir jemanden, der uns das exotische Tier abnahm“, sagt Bienhoff.

Bei 30 Grad mussten die Retter 2019 in den Güllekeller hinabsteigen, um fünf Kühe in Akelsbarg zu retten. Foto: Feuerwehr
Bei 30 Grad mussten die Retter 2019 in den Güllekeller hinabsteigen, um fünf Kühe in Akelsbarg zu retten. Foto: Feuerwehr

Die Kuh, die zweimal gerettet werden musste

Kühe, die durch den Spaltenboden in den Güllekeller fallen, gehören bei den Einsätzen vieler ostfriesischer Feuerwehren schon beinahe zum Standard. Was für eine große Herausforderung sie für Tiere und Retter sind, zeigte sich bei einem Einsatz im Juli 2019. Damals unterstützten die Wiesmoorer die Kollegen aus Großefehn: In einem Stall in Akelsbarg waren fünf Tiere durch den Spaltenboden in den Güllekeller gefallen. Bei Temperaturen um 30 Grad wurde der Einsatz für die Helfer eine Qual: Sie mussten sich unter Atemschutz durch die mehr als knietiefe Gülle zu den Kühen vorarbeiten. Das ist nicht ungefährlich. Ein Feuerwehrmann hatte die Dämpfe eingeatmet und musste daraufhin in einem Rettungswagen behandelt werden – teilte damals die Feuerwehr Großefehn mit. Fünf Stunden hat der Einsatz gedauert.

Ein ähnlicher Einsatz etwa zur gleichen Zeit blieb den Wiesmoorer Rettern aus einem anderen Grund im Gedächtnis: Sie waren von einem Landwirt nach Mullberg gerufen worden. Dort war wieder einmal eine einzelne Kuh durch den Spaltenboden gefallen. „Diese Güllekeller sind sehr groß und das Tier rannte in seiner Aufregung von einer Ecke zur anderen“, erklärt Bienhoff. Doch die Rettungskräfte konnten das Tier beruhigen und wie ihre Akelsbarger Kolleginnen wieder auf dem Erdboden absetzen. „Ich war noch mit dem Aufräumen beschäftigt, die Kollegen hatten gerade wieder das Feuerwehrhaus erreicht“, sagt Karlheinz Bienhoff und macht eine Pause, um die Spannung zu steigern, „... da konnte ich sie wieder zurückrufen.“ Der Landwirt hatte die Unfallstelle nur provisorisch gesichert und die verwirrte Kuh war erneut in den Güllekeller gefallen.

Können Enten wirklich auf dem Eis festfrieren? Symbolfoto: Pixabay
Können Enten wirklich auf dem Eis festfrieren? Symbolfoto: Pixabay

Die eingefrorene Ente

Über ein Erlebnis muss Karlheinz Bienhoff noch heute schmunzeln. Dabei geht es um den Notruf einer Anwohnerin der Stelzenwieke vor etwa fünf Jahren, die eine festgefrorene Hausente meldete. „Im Allgemeinen frieren gesunde Wasservögel nicht fest“, sagt Bienhoff im Rückblick auf die Rettungsaktion. Doch die Anruferin bestand darauf, dass diese Ente gerettet werden müsse. Also rückte die Feuerwehr aus und versuchte sich dem Tier auf dem dünnen Eis zu nähern. „Als wir fast dort waren, bekam es die Ente es mit der Angst zu tun, stand auf, schlitterte ein paar Meter weiter und setzte sich wieder hin“, sagt Bienhoff. Dem Tier war der ungewohnte Untergrund wohl einfach zu glatt, deshalb hatte es sich die ganze Zeit nicht bewegt.

Mit tatsächlich festgefrorenen Tieren hat die Feuerwehr nicht nur wegen der immer milderen Winter eher wenig zu tun: Auch der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen weist darauf hin, dass gesunde Wasservögel in der Regel nicht festfrieren und es nur selten notwendig ist, Vögeln auf dem Eis zu helfen. Er empfiehlt, vor allem Wildtiere auf dem Eis in Ruhe zu lassen, um ihnen nicht die dringend benötigten Energiereserven für den Winter zu rauben.

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