Kommunalwahl 2021

Borkumer Politiker müssen Stellung vor Wahl beziehen

| 26.08.2021 19:51 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
Artikel hören:
Der Borkumer Stadtrat wird neu gewählt. Foto: Archiv
Der Borkumer Stadtrat wird neu gewählt. Foto: Archiv
Artikel teilen:

In Niedersachsens Kommunen wird gewählt. Doch was ist in Ostfriesland wichtig? Wir haben uns bei Parteien, Wählergemeinschaften und Einzelbewerbern umgehört. Hier sind die Antworten von Borkum.

Landkreis Leer - Die Kommunalwahl ist alle fünf Jahre ein besonderes Ereignis. Keine andere Abstimmung ist so entscheidend für die Entwicklung der Gemeinden und Städte wie diese. Denn nirgendwo sonst wird so direkt entschieden, was vor der eigenen Haustür kurz-, mittel- oder langfristig passiert. Ratsherren und -frauen sind oft Nachbarn, Arbeitskollegen oder Vereinsfreunde.

Am 12. September werden in ganz Niedersachsen wieder neue Räte für Städte, Samtgemeinden und Gemeinden gewählt. Hinzu kommen in vielen Kommunen auch die Wahlen der Verwaltungschefs. Auch im Landkreis Leer werden die Bürgerinnen und Bürger von Borkum bis Ostrhauderfehn, von Bunde bis Uplengen an diesem Tag an die Wahlurne gebeten. Die neuen Gemeinde- und Stadträte entscheiden dann unter anderem über künftige Baugebiete, Kita-Neubauten oder Windkraftstandorte.

Damit die Leserinnen und Leser erfahren, für welche Positionen die Parteien und Wählergemeinschaften in ihren jeweiligen Gemeinden und Städten stehen, hat diese Zeitung eine Umfrage gestartet. Vier Fragen, die der Redaktion für die jeweilige Kommune im Landkreis Leer am wichtigsten erschien, sollten die Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber beantworten. Dafür hatten sie jeweils rund 500 Zeichen Platz.

Die Antworten der Bewerber werden nun bis zur Wahl am 12. September Kommune für Kommune gebündelt und von dieser Zeitung veröffentlicht. Dieses Mal ist die Stadt Borkum dran:

Der Tourismus ist der große Motor der Insel: Auf was müssen sich die Bürger einstellen? Gibt es konkrete Ideen, den Tourismus zu begrenzen, oder mehr Raum dafür zu schaffen?

SPD: Touristische Infrastrukturen haben einen direkten Einfluss auf das Landschafts- und Stadtbild. Hierbei gilt es, den Nachhaltigkeitsgedanken in verschiedenen Segmenten des Tourismus zu präzisieren. Wir setzen uns für die Steigerung weiterer touristischer Attraktionen in den Bereichen Natur, Kultur und Gesundheit ein. Ziel sollte es sein, die Attraktivität der Insel auch in den Monaten neben den Haupturlaubszeiten zu verbessern, um Belegspitzen zu entzerren.

CDU: Der Tourismus ist nicht nur der große Motor, er ist der größte Wirtschaftsfaktor und es gilt ihn behutsam, aber nachhaltig weiterzuentwickeln. Mit verschiedensten Konzepten, z. B. ISEK sowie das in Zukunft alle Aspekte betrachtende Lebensraumkonzept, soll dieser touristische Entwicklungsrahmen mithilfe einer umfangreichen Bürgerbeteiligung klar definiert werden. Hier müssen dann die Fragen beantwortet werden, ob und in welcher Form der Tourismus entwickelt und angepasst werden soll.

Grüne: Die Grünen stehen für einen sanften Tourismus. Die Infrastruktur der Insel kommt im Sommer an ihre Grenzen. Wir streben eine Limitierung der Gästebetten an. Es gibt altersbedingt viele leerstehende Ferienwohnungen, die gilt es wieder zu aktivieren. Hieraus könnte die Idee eines Bettenhandels unter den Vermietern entstehen. Auch können wir uns eine maßvolle Verlängerung der Nebensaisonzeiten vorstellen. Ein höher, heller, schneller wird es mit uns nicht geben.

BFL: Die Mehrheit der Borkumer realisiert durchaus, dass wir an Grenzen stoßen. Mit uns ist die jetzige Politik „höher, schneller, weiter“ nicht zu machen. Wir werden zusammen mit den Borkumern eine andere Zielrichtung vorgeben.

Die Preise für Immobilien oder Mietwohnungen steigen. Wo soll noch gebaut werden, und welche Möglichkeiten gibt es aus Ihrer Sicht, günstigen Wohnraum zu schaffen?

SPD: Durch bereits genehmigte Bauvorhaben auf der Insel erhoffen wir uns eine Entlastung des Wohnraumdefizits und folgend mehr bezahlbaren und vor allem auf die Bedürfnisse junger Menschen ausgerichteten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Diese Umsetzung von Projekten zur Schaffung von Dauerwohnraum werden wir als Borkumer SPD unter dem Aspekt der städtebaulichen Verträglichkeit konstruktiv begleiten.

CDU: Die Stadt und die NBG besitzen eine Vielzahl von Grundstücken und Immobilien, die das Potential zur Weiterentwicklung von Wohnraum haben. Daneben gibt es auch einige Privateigentümer, die in Eigeninitiative vorgetragen haben, Ihre Liegenschaften unter Zuhilfenahme von allg. Förderprogrammen zukunftsfähig zu sanieren und zu erweitern. Dies scheitert oft an den bestehenden Bebauungsplänen oder städtebaulichen Erwägungen. Hier muss der künftige Rat entsprechende Leitlinien entwickeln.

Grüne: Die Grünen haben 2020 einen Antrag zum Wohnraumversorgungskonzept eingereicht, wo die Antwort noch offen ist. Im Kern geht es darum zu untersuchen, wieviel nicht genutzter Wohnraum aktuell zur Verfügung steht, wer welchen Wohnraum sucht und welche Bedarfe genau bestehen. Daraus können Maßnahmen abgeleitet werden, was und wie viel gebaut werden muss, immer unter dem Motto: Guter preiswerter Wohnraum für Borkumer und saisonal auf Borkum arbeitende Menschen.

BFL: Zum Beispiel im Hafengelände. Da gehören der Stadt riesige Flächen. Wenn dort ein attraktiver Stadtteil entsteht, würden sich sicherlich auch dort junge Insulanerfamilien ansiedeln (Beispiel De Dreeihauk). Städtische Grundstücke sollten ausschließlich, wie in De Dreeihauk, vergeben werden.

Wo sind die großen Baustellen auf der Insel und welche sollen Ihrer Ansicht nach angepackt werden?

SPD: Klimaschutz und Digitalisierung, bezahlbares und klimaneutrales Wohnen, städtebauliche Sanierungen, Bildung sowie der sich stetig veränderte Tourismus stellen für die Borkumer Sozialdemokraten die größten Herausforderungen der kommenden Jahre dar. Dies verlangt von der kommunalen Verwaltung, der Politik und den Bürger*innen hohe Anstrengungen. Um positive Impulse zu setzen, brauchen wir Transparenz und mehr Miteinander. Gleichzeitig gilt es, junge Menschen bereits frühzeitig in politische Prozesse mit einzubinden.

CDU: Der bestehende Investitionsstau, welcher sich vor allem an den städtischen Immobilien zeigt, muss in Angriff genommen werden. Neue Impulse und Leitlinien können durch die Entwicklung des Lebensraumkonzeptes gegeben werden. Hier werden die bisherigen Konzepte (z. B. Borkum 2030, ISEK, emissionslose Insel) verdichtet dargestellt, auf Aktualität geprüft und durch einen ganz besonders wichtigen Punkt ergänzt: Wie soll der Lebensraum für den Borkumer Bürger in Zukunft gestaltet werden?

Grüne: Nachhaltiger Tourismus, Anpassung und Umsetzung des Verkehrskonzepts, Sicherung der Ausbildungsplätze, bezahlbarer Wohnraum für BorkumerInnen und Saisonfachkräften, erneuerbare Energien und auch den Ausbau der Grundschule mit einem hochwertigen Ganztagsangebot, um nur die wichtigsten zu nennen. Durch das auch von uns unterstützen Projekt Borkum 2030 ist die Insel in einem großen Entwicklungsprozess. Alle „Baustellen“ hängen zusammen, alle Teile greifen ineinander und werden zum Schluss zum großen Ganzen, organisiert, priorisiert und gesteuert werden müssen.

BFL: Borkum-Card, Wohnraum und Arbeitsplätze, Entwicklung des ehemaligen WSA-Geländes, Straßen und Verkehr sind einige von vielen Baustellen auf der Insel. Wir werden mit realistischer Sicht die Dinge angehen.

Der Beitritt zum Biosphärenreservat kann für die Insel auch als Chance angesehen werden. Welche Position haben Sie dazu?

SPD: Wir stehen zum Nationalpark mit dem Erhalt des einzigartigen Natur- und Kulturraums Wattenmeer, dem Schutz der Biodiversität und Förderung eines sanften und nachhaltigen Tourismus. Grundlage für eine zukünftige Zusammenarbeit im Biosphärenreservat mit der Nationalparkverwaltung als koordinierende Stelle ist aber eine vertrauensvolle Einbeziehung der Gemeinde. Durch die Verschiebung von Nationalparkgrenzen ohne Einbindung der Politik und Information an die Bevölkerung, sehen wir diese Basis als nicht gegeben.

CDU: Das Biosphärenreservat hat keine Nachteile für die Insel Borkum. Wir wollen emissionslos im Jahre 2030 sein, wir wollen einen nachhaltigen Tourismus und wir sind als Inselgemeinschaft die Ersten, die von der Klimaerwärmung und damit steigenden Wasserständen bedroht sind. Wir haben bereits viele gute Ansätze für eine nachhaltige Entwicklung. Es gibt für uns als CDU-Borkum keinen Grund, den Beitritt zu dem Biosphärenreservat abzulehnen.

Grüne: Die Borkumer Grünen werden für den Eintritt stimmen. Der Beitritt zum Biosphärenreservat eröffnet Borkum viele Chancen und ist dann, wie der Nationalpark Wattenmeer, ein weiteres Aushängeschild für Borkum. Ornithologen, naturinteressierte Gäste können für die Vor- und Nachsaison beworben werden. Diese Chance sollten sich die Insulaner nicht verbauen, denn der nächste Eintritt wäre erst in 10 Jahren wieder möglich. Es wird vertraglich festgelegt, dass ein Ausstieg, ohne Konsequenz, jederzeit, dann vom neu gewählten Rat, möglich ist.

BFL: Wir lehnen den Beitritt ab. Wir wollen für Borkumer und Gäste keine weiteren Einschränkungen oder Bevormundungen durch die Hintertür durch den Nationalpark.

Ähnliche Artikel