Kommunalwahl 2021

Wahl: Politiker aus Westoverledigen müssen Stellung beziehen

| 04.09.2021 09:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 11 Minuten
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•Bei der Kommunalwahl in der Gemeinde Westoverledingenr – das Bild zeigt das Rathaus – treten Parteien und Wählergemeinschaften an. Bild: Wieking/Archiv
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In Niedersachsen wird gewählt. Doch was ist hier wichtig? Diese Zeitung hat sich bei Parteien, Einzelbewerbern und Wählergemeinschaften umgehört. Hier sind die Antworten aus Westoverledigen.

Landkreis Leer - Die Kommunalwahl ist alle fünf Jahre ein besonderes Ereignis. Keine andere Abstimmung ist so entscheidend für die Entwicklung der Gemeinden und Städte wie diese. Denn nirgendwo sonst wird so direkt entschieden, was vor der eigenen Haustür kurz-, mittel- oder langfristig passiert. Ratsherren und -frauen sind oft Nachbarn, Arbeitskollegen oder Vereinsfreunde.

Am 12. September werden in ganz Niedersachsen wieder neue Räte für Städte, Samtgemeinden und Gemeinden gewählt. Hinzu kommen in vielen Kommunen auch die Wahlen der Verwaltungschefs. Auch im Landkreis Leer werden die Bürgerinnen und Bürger von Borkum bis Ostrhauderfehn, von Bunde bis Uplengen an diesem Tag an die Wahlurne gebeten. Die neuen Gemeinde- und Stadträte entscheiden dann unter anderem über künftige Baugebiete, Kita-Neubauten oder Windkraftstandorte.

Damit die Leserinnen und Leser erfahren, für welche Positionen die Parteien und Wählergemeinschaften in ihren jeweiligen Gemeinden und Städten stehen, hat diese Zeitung eine Umfrage gestartet. Vier Fragen, die der Redaktion für die jeweilige Kommune im Landkreis Leer am wichtigsten erschien, sollten die Parteien, Wählergruppen und Einzelbewerber beantworten. Dafür hatten sie jeweils rund 500 Zeichen Platz.

Die Antworten der Bewerber werden nun bis zur Wahl am 12. September Kommune für Kommune gebündelt und von dieser Zeitung veröffentlicht. Dieses Mal ist die Gemeinde Westoverledigen an der Reihe.

Wie soll es mit den Straßenausbaubeiträgen weitergehen?

SPD: Bereits am 16.10.2020 haben wir beantragt, dass die Straßenausbaubeitragssatzung mit dem Ziel der Senkung der Anliegeranteile überarbeitet wird. Dies ist aufgrund neuer landesrechtlicher Vorgaben möglich. Optimierung durch Prüfung der Wirtschaftlich- sowie Nachhaltigkeit einer Unterhaltungsmaßnahme, die Anpassung der Anteile der Allgemeinheit (Gemeinde) an den Ausbaukosten sowie die Anrechnung der Zuschüsse auf die Gesamtkosten, vor Festlegung der Beiträge.

CDU Die Diskussion um Straßenausbaubeiträge wird es immer geben. Pro und contra haben wir oft diskutiert. Derzeit halten wir daran fest, da wir keine optimale und gerechte Alternative sehen. Wichtig ist uns, dass die höchstmögliche Förderquote an die Bürger*innen beim Straßenausbauprogramm weitergegeben wird, um damit die Beiträge für jeden einzelnen erheblich zu reduzieren.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir gehen davon aus, dass auch in unserer Gemeinde eine Entscheidung über Beibehaltung oder Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen anstehen wird. Die Gemeindeverwaltung muss den Ratsmitgliedern jedoch vor einer grundsätzlichen Entscheidung detaillierte Zahlen für Straßenausbaubeiträge und Alternativen bei deren Abschaffung vorlegen. Vor allem müssen Zahlen für eine Gegenfinanzierung vorliegen. Wir planen für den Herbst 2021 einen Fachvortrag, um sachkundig entscheiden zu können.

MOIN: Straßenausbaubeiträge sind ungerecht und gehören abgeschafft! MOIN wird sich weiterhin für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Westoverledingen einsetzen. Leider ist dies bislang am Widerstand der anderen Parteien im Rat gescheitert.

Die Linke: Die Straßenausbaubeitragssatzung gehört abgeschafft! Es muss, wenn möglich, eine landes- bzw. bundeseinheitliche Regelung, bezüglich der Kostenteilung der Gemeinde, der Landkreise und des Landes Niedersachsen beschlossen werden! Es kann nicht sein, dass Anwohner einen Kredit aufnehmen müssen, damit sie die Straßenausbaugebühren bezahlen können, oder ihr über Jahre erspartes Geld, für noch intakte Straßen draufgeht!

Die Basis: Grundsätzlich sehe ich es so, dass hier ein fairer Interessenausgleich das Ziel sein sollte. Zwischen den Anwohnern und der Gemeinde sollte ein einvernehmlicher Konsens erarbeitet werden. Dabei sollte beachtet werden, die Kostenhöhe und die Kostenverteilung in Bezug auf den jeweiligen Nutzen abzuwägen.

Einzelbewerber Martin Bron: Das aktuelle Straßenausbauprogramm finde ich ungerecht. Wir leben in einer sozialen Gemeinschaft und jeder sollte seinen kleinen Beitrag dazu leisten. Wie bei einer Versicherung zahlen wir alle einen kleinen Beitrag damit die Summe später nicht zu groß wird. Es fahren ja nicht ausschließlich Anwohner über eine Straße. Allerdings wäre es aktuell schwierig, das System umzustellen. Wie weit zurück will man Bürger entlasten, deren Straße bereits ausgebaut wurde.

Wie stehen Sie zum Millionenprojekt „Ihrhover Campus“?

SPD: Durch die Realisierung des Baus der Krippe in unmittelbarer Nähe zum Kindergarten sowie zur Grundschule wird das Prinzip „Kurze Beine – kurze Wege“ ideal umgesetzt. Weiterhin wird eine zentrumsnahe Kommunikationsfläche durch das Seniorenbüro, das Jugendcafé sowie die Bücherei realisiert. Die eingeworbenen Fördermittel aus dem ISEK-Programm von bis zu 90 Prozent machen dieses wunderbare Projekt erst möglich.

CDU Das Projekt „Ihrhover Campus“ ist ein guter innovativer Ansatz, den Ortskern von Ihrhove zukunftsorientiert aufzustellen. Es bietet die Möglichkeit, generationsübergreifend Angebote zu schaffen und durchzuführen. Das Projekt haben wir auch vor dem Hintergrund der hohen Förderungen von bis zu 90 Prozent mit angeschoben und ist für die Ortschaft Ihrhove ein wichtiges Zukunftsprojekt, welches zügig umgesetzt werden muss.

Bündnis 90/Die Grünen: Kindertagesstätten waren schon immer ein Anliegen der Westoverledinger GRÜNEN. Die Lage des geplanten Campus neben Grundschule und Kindergarten ist ideal und bietet ein großes Potenzial zur altersübergreifenden Nutzung als Bürgerzentrum. Wir sehen zudem eine gute Möglichkeit, kühle Räume zur Gesundheitsfürsorge für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen, da Hitze ein zunehmendes Problem unserer Zeit werden wird.

MOIN: Der Ihrhover Campus ist ein sehr gut geeignetes Projekt, durch seine vielfältige Nutzung Bürger*Innen aller Altersgruppen im Zentrum unserer Gemeinde zusammenzuführen. Leider wurde die Chance vertan, hier ein echtes Leuchtturmprojekt zu schaffen. Der Antrag von MOIN, durch einen Architektenwettbewerb die beste Lösung für die Gestaltung und Nutzung des Gebäudes zu finden, war von den Parteien im Rat nicht erwünscht.

Die Linke: Ich bin natürlich immer für soziales Engagement offen. Allerdings sollte jeder Ort in der Gemeinden etwas davon haben. So hätte ich es lieber gesehen, wenn das Geld auf die gesamte Gemeinde verteilt worden wäre. Jetzt macht es den Eindruck, als ob Ihrhove als Vorzeigedorf herhalten soll. Da der ÖPNV in der Gemeinde auch nicht richtig funktioniert, frage ich mich, wie ein Jugendlicher die ca. 9km von Völlenerfehn nach Ihrhove bewältigen soll?

Die Basis: Dies ist eine Gelegenheit den Ort Ihrhove gefördert weiterzuentwickeln, um den Bedürfnissen besser gerecht zu werden. Gleichwohl sollte dies auch für die weiteren Ortschaften in der Gemeinde gelten, so dass die Lebensqualität insgesamt verbessert wird. Hierfür ist eine breite Bürgerbeteiligung anzustreben, um die Entwicklungsmöglichkeiten erkennbar zu machen.

Einzelbewerber Martin Bron: Der Campus könnte und wird nach meiner Meinung zu einem guten Komplex werden, in dem das Thema Bildung und Kontakt an erster Stelle steht. Gute Erreichbarkeit ist gegeben. Es sollte nur darauf geachtet werden, dass genügend Park- und Haltezonen bereitstehen.

Wie stehen Sie zum Thema Klimamanager?

SPD: Bereits 2016 haben wir durchgesetzt, dass bei jedem Neubau eines gemeindeeigenen Gebäudes der Einsatz von regenerativen Energien, wie Photovoltaik, Blockheizkraftwerk, etc. geprüft und wenn möglich umgesetzt werden. Weiterhin werden die Energieverbräuche stetig geprüft und analysiert. Die Verwaltung hat nunmehr zu prüfen, ob der Einsatz eines Klimamanagers effektiv ist und zur Optimierung eventuell eine Kooperation mit den Nachbargemeinden Rhauderfehn und Ostrhauderfehn sinnvoll wäre.

CDU Wir müssen unsere Gemeinde Westoverledingen für die Zukunft aufstellen und vor Ort alle Maßnahmen ergreifen, damit wir gemeinsam das Klimaziel erreichen. Wir haben die Einstellung eines Klimamanagers beantragt und halten daran fest, mit dem Ziel der Einbindung in alle Maßnahmen der Gemeinde zur Beratung und Beurteilung von Klimaneutralität. Ebenfalls erwarten wir eine kostenlose Beratung von Unternehmen und Bürger*innen zu klimaneutralen Maßnahmen in unserer Gemeinde.

Bündnis 90/Die Grünen: Wir werden eine Stelle für eine/n Klimaschutzbeauftragte/n schaffen. Die Gemeinde kann so mit neuer Schlagkraft am Thema kommunaler Klimaschutz arbeiten. Auch unseren Mitbürgern können dann dank kompetenter Beratung Möglichkeiten und Vorteile aufgezeigt werden, sich aktiv am Klimaschutz in unserer Gemeinde zu beteiligen. Die Klimaschutzbeauftragte ist zudem vernetzt mit den Fachleuten in den anderen Gemeinden und im Landkreis. So ziehen wir gemeinsam an einem Strang für den Klimaschutz.

MOIN: Klimaschutz ist für MOIN eine zentrale Aufgabe. Alle Entscheidungen von Rat und Verwaltung in Westoverledingen sollten daher klimaneutral und nachhaltig sein. Ein Klimamanager kann hierbei für die nötigen Ideen und Impulse sorgen.

Die Linke: Es ist ja Fakt: In neun Jahren soll es auf der Erde einen Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius geben. Daher müssen wir jetzt tätig werden! Klimamanager haben in den vergangenen Jahren gezeigt, dass sie einen besonderen Fokus auf die zahlreichen und oft verwirrenden Förderprogramme haben. Gerade im Bereich Klimaschutz gibt es besonders viele solcher Programme. Wenn ein Klimamanager der Kommune helfen kann, ihr Klimakonzept zu überarbeiten oder zu verbessern, ist das sehr zu begrüßen!

Die Basis: Fossile Energieträger sind bekanntlich endlich und deren Nutzung soll den Klimawandel beschleunigen. Um diesen Risiken zu begegnen, ist es angebracht, Möglichkeiten der Energieeinsparung und die Nutzung von erneuerbaren Energieträgern zu unterstützen. Auch können zum Beispiel Agroforstsysteme wie unsere Wallhecken die Verdunstung verringern und so die Wasservorkommen schonen. Hier eine breite Bürgerbeteiligung zu unterstützen, wäre zur Weiterentwicklung sinnvoll.

Einzelbewerber Martin Bron: Ein Klimamanager könnte einen positiven Beitrag zur „Grünen Gemeinde“ darstellen. Jemand, der einen anderen geschulten Blick auf dieses Thema hat, würde Vorteile für die Gemeinde bringen.

Wo soll noch gebaut werden, und welche Möglichkeiten gibt es, günstigen Wohnraum zu schaffen?

SPD: Die Ressourcen für die Schaffung von Baumöglichkeiten sind in Westoverledingen begrenzt. Ziel muss es sein, durch kleine Baugebiete sowie innerörtliche Entwicklungen die Ortschaften weiter zu stärken. Die Schaffung von sozialem Wohnraum zu senioren- und familienfreundlichen Mietpreisen könnte durch die gemeindeeigene Wohnungsbau- und Entwicklungs GmbH in Zusammenarbeit mit den Westoverledinger Fachfirmen realisiert werden.

CDU In den letzten Jahren ist viel Wohnraum in Baugebieten entstanden. Das wollen wir weiterhin fördern. Zur schnellen Umsetzung neuer Baugebiete im ländlichen Raum müssen auf Bundesebene neue Gesetze beschlossen werden, die eine Erschließung vereinfachen. Auch die Lückenbebauung ist ein wichtiges Thema. Zudem müssen in den Deichortschaften Bauplätze geschaffen werden. Sozialer Wohnungsbau wird hier vor Ort nur durch bessere Förderungen aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln umgesetzt werden können.

Bündnis 90/Die Grünen: Baugrundstücke werden knapp, alte Häuser stehen leer. Im Rahmen der innerörtlichen Verdichtung muss dieses Potenzial ausgeschöpft werden, z.B. durch Anreize zum Kauf und zur Sanierung von alten Häusern. Lückenbebauung muss auch durch die gemeindeeigene WEW vorangetrieben werden. Dabei muss Wohnraum bezahlbar bleiben. Ökologisches Bauen kann durch den Erwerb eines günstigeren Baugrundstückes gefördert werden. In jedem neuen Wohngebiet müssen auch günstige Grundstücke ausgewiesen werden.

MOIN: Da es immer schwieriger wird, neue Baugebiete zu erschließen, kommt der Nutzung von Altimmobilien in den nächsten Jahren eine entscheidende Bedeutung zu, auch damit unsere Ortskerne nicht veröden. Die Gemeinde könnte hier mit einem Förderprogramm „Jung kauft Alt“ junge Familien unterstützen. Außerdem muss die gemeindeeigene Wohnungsbau- und Entwicklungsgesellschaft endlich ihrem Gesellschaftszweck nachkommen und günstige Wohnungen bauen.

Die Linke: Die Kommune könnte Bodenspekulationen entgegenwirken, indem sie für Bebauung vorgesehene Flächen kauft und diesen selber für den Wohnungsbau nutzt.

Wir fordern, die Privatisierung von Baugrund zu vermeiden und selber Bauland für den Bau von Sozialwohnungen in öffentlicher Hand zu nutzen. Zur Not müssen nicht genutzte Agrarflächen in Baugebiete umgewandelt werden.

Die Basis: Bei der Ausweisung neuer Bauplätze sollten die Menschen vor Ort mit einbezogen werden. Auch sollten Altbauten weiter nutzbar gemacht werden und abgewogen werden, ob eine Lückenbebauung wünschenswert ist. Im Feriengebiet Südliches Ostfriesland ist das Potenzial einer hohen Lebensqualität vorhanden, was jedoch auch die Nachfrage erhöht. Hier einen nachhaltigen Interessenausgleich zu erreichen, gilt es zu unterstützen.

Einzelbewerber Martin Bron: In den letzten Jahren ist in unserer Gemeinde viel in den drei großen Ortschaften gebaut worden. In Zukunft sollten wir z.B. die Deichgemeinden nicht vernachlässigen. Auch hier sollte es Möglichkeiten der Entwicklung geben. Vielleicht wäre eine Art „Bauverein“ in unserer Gemeinde von Vorteil, bei der sich Bürger finanziell mit einbringen könnten, um Wohnungen mit sozialverträglichen Mieten zu bauen. Hier sollte nicht die „große Rendite“ im Vordergrund stehen.

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