Berlin (dpa)

Mutmaßlicher Islamist wegen Terrorplanung vor Gericht

| 09.02.2022 17:21 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Polizisten bringen den Angeklagten unter einer Decke aus dem Gerichtsgebäude in Berlin. Foto: Christophe Gateau/dpa
Polizisten bringen den Angeklagten unter einer Decke aus dem Gerichtsgebäude in Berlin. Foto: Christophe Gateau/dpa
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Die Attacke sollte die Dimension von Terroranschlägen haben, wie sie die Menschen in Europa bereits erschüttert hatten. Doch der Mann wird vorher festgenommen. Nun steht der mutmaßliche Islamist vor Gericht.

Wegen der mutmaßlichen Planung eines islamistischen Terroranschlags steht ein 29-Jähriger in Berlin vor Gericht. Der Mann soll laut Anklage 2019 konkrete Anschlagspläne verfolgt haben, um möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen.

Seine Festnahme im November 2019 habe die Umsetzung der Tat verhindert, so die Staatsanwaltschaft am Mittwoch bei der Verlesung der Anklage vor dem Berliner Kammergericht. Sie wirft dem Syrer die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Terrorfinanzierung vor.

Der komplett dunkel gekleidete 29-Jährige verfolgte ruhig die Verlesung der Anklage. Auf Fragen des Vorsitzenden Richters Detlev Schmidt zu seiner Person nickte er nur stumm. Sein Mandant werde sich nicht zu den Vorwürfen äußern, sagte sein Verteidiger. Der Angeklagte sitzt derzeit bereits wegen anderer Verbrechen im Gefängnis. Im Mai 2020 hatte ihn das Landgericht Berlin wegen der Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu drei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt.

Überlegungen zu einem Anschlag in Deutschland

Die Vorwürfe im aktuellen Prozess überschneiden sich teils mit denen aus der rechtskräftigen Verurteilung, bei der es bereits um Anleitungen und Informationsmaterialien zum Bau von Sprengstoffen und Waffen ging. Nach früheren Angaben der Behörden war der Syrer 2014 als Flüchtling eingereist und hatte eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Laut Anklage beschäftigte er sich seit Juli 2017 mit radikal-islamistischem Gedankengut und befürwortete die Ideologie der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS). Spätestens ab November 2018 habe er Überlegungen zu einem Anschlag in Deutschland angestellt.

Im Frühjahr 2019 soll sich der Beschuldigte dann laut Anklage in einer Chat-Gruppe mit IS-Anhängern immer wieder intensiv über den Bau von Bomben informiert haben. Es ging um Plastiksprengstoff, Paket- und Magnetbomben, Kalaschnikow-Sturmgewehre und Maschinenpistolen.

Im August und September 2019 soll der 29-Jährige Chemikalien wie Aceton, Wasserstoffperoxidlösung und Schwefelsäure gekauft haben - Stoffe, die zur Herstellung des hochexplosiven Sprengstoffs Triacetontriperoxid (TATP) benötigt werden. TATP wurde bei Terroranschlägen in Paris benutzt.

Spezialeinheit GSG 9 bei Festnahme dabei

Auf die Spur des Mannes kam die Polizei im Jahr 2019 nach früheren Angaben durch einen Hinweis eines ausländischen Geheimdienstes. Die Polizei observierte den Verdächtigen dann über längere Zeit intensiv. Berlins damaliger Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte später, die letzten Wochen vor der Festnahme seien sehr belastend gewesen, weil die Polizei einerseits genügend Beweise für eine Verhaftung sammeln und anderseits rechtzeitig vor einem Anschlag zuschlagen müsse.

Am 5. November 2019 stellte ein Richter den Haftbefehl aus. Am 19. November 2019 stürmte die Spezialeinheit GSG 9 der Bundespolizei die Neubauwohnung des Mannes in der Nähe des Rathauses Schöneberg im Berliner Westen und verhaftete ihn. In der Wohnung des Mannes wurden damals laut Anklage unter anderem die Chemikalien Aceton und Wasserstoffperoxidlösung gefunden. In einem Kellerverschlag habe er zudem eine schwefelsäurehaltige Autobatterie verwahrt, hieß es.

Der Prozess wird an diesem Donnerstag (9.30 Uhr) fortgesetzt. Geplant ist die Vernehmung erster Zeugen, zunächst eines Polizisten. Bis zum 25. Mai sind bislang insgesamt 23 Fortsetzungstermine geplant.

© dpa-infocom, dpa:220209-99-50400/2

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