Was Sie heute wissen müssen Viel trinken bei 37 Grad | Kein Wasserstoff für Autos | Sportler müssen kalt duschen

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 19.07.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Die Schonzeit ist vorbei. Nun erwischt uns auch in Ostfriesland die große Hitze. Gestern waren es bei mir auf der Terrasse schon 32 Grad, und morgen sollen es noch mal fünf Grad mehr werden. Gestern Abend schon war es im großen Sitzungsraum unterm Dach des (ungedämmten) Verlagsgebäudes in Logabirum kaum auszuhalten, als sich die gesamte Redaktion zu ihrer jährlichen Konferenz traf. Drei Stunden haben wir diskutiert, über laufende Projekte, über Erfolge, aber auch darüber, was nicht funktioniert. Der Medienwandel ist ein schwieriger Prozess.

Während wir nur geschwitzt haben, drohen älteren Menschen bei der Hitze gravierende gesundheitliche Probleme: ein Kreislaufkollaps etwa oder ein Hitzschlag. Rainer Helmers, Vorstand des Reilstifts in Rhauderfehn mit Pflegeheimen, Tagespflegeeinrichtungen und ambulantem Pflegedienst, kontrolliert mit seinen Leuten deshalb noch intensiver als sonst, dass die Senioren auch genug trinken. Außerdem gibt es Kaltschale und Götterspeise. Erinnert mich an meine Jugend. Lecker. Am Mittwoch zieht die Hitze übrigens wieder ab, zitiert Andreas Ellinger den Deutschen Wetterdienst.

Wussten Sie, dass nirgendwo sonst in Niedersachsen so viele Blitze einschlagen wie in Emden? 3,9 Blitze pro Quadratkilometer im vergangenen Jahr. Gerade mal halb so viele beim bundesdeutschen Spitzenreiter, dem Landkreis Starnberg im Voralpenland (ich kann die Gewitterhäufigkeit dort aus eigenem Erleben bestätigen). Aber zehnmal so viele wie beispielsweise in Hannover. Wo die Unterschiede herrühren, erklärt der Artikel leider nicht. Nur, dass 2021 gewitterreich war: „2021 war gegenüber den Vorjahren wieder deutlich niederschlagsreicher bei dennoch hohen Temperaturen vor allem im Juni“, so der Leiter des Blitz-Informationsdienstes von Siemens, Stephan Thern.

Immer wieder wird auch bei uns in den Leserbriefspalten diskutiert, ob es richtig ist, dass die Bundesrepublik in der Nachfolge von Verbrenner-Autos nur auf E-Mobilität setzt. Wasserstoff sei doch auch eine Alternative, heißt es dann. Johann Saathoff (Pewsum), langjähriger energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und heute Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, widerspricht: Er halte auf viele Jahre hinaus den batterie-elektrischen Antrieb für „alternativlos“. Auch wenn er generell gerade für Ostfriesland große Chancen durch Wasserstoff als Energieträger sehe. „Wir haben hier riesige Mengen Windenergie, mit der sich das Gas herstellen ließe. Und Industrie folgt Energie.“ Ähnlich sehen es auch Politiker anderer Parteien, wie Ole Cordsen erfragt hat.

Um Verkehr geht es auch in der Geschichte von Oliver Bär, um Wasser auch, aber nicht um Wasserstoff. Der Auricher Kollege hat nämlich nachgefragt, warum nicht zum Beispiel der Ems-Jade-Kanal zwischen Emden und Aurich nicht für den öffentlichen Nahverkehr genutzt werde, für Wasserbusse. Man braucht ja nicht unbedingt auf die Lagunenstadt Venedig zu schauen, auch in Rotterdam und Antwerpen gibt es solche Systeme. Wirklich Nein sagt keiner der von Bär befragten ostfriesischen Experten, aber Begeisterung klingt auch anders. Vielleicht muss man ja einfach mal neu denken (das haben wir gestern in der Reaktionskonferenz auch diskutiert. Ist schwer.).

Neu denken, stand auch am Anfang der Renewable Energy Group (REG). Das Unternehmen produziert im Emder Hafen mit 30 Leuten Biodiesel und zwar einen ganz besonderen: Er wird aus Frittenfett gewonnen. Just um dieses Altspeiseöl tobt nun EU-weit ein Verteilungskampf. Es kann Autos und Schiffe antreiben, aber auch Flugzeuge. Deren (einflussreiche) Lobby beansprucht nun den Löwenanteil des begehrten Rohstoffs für sich. Die REG, deren Frittenfett nicht für Flugzeugtanks geeignet ist, fürchtet um die Zukunft des Emder Werks, und natürlich ist auch die unlängst angekündigte Produktionserweiterung, eine 80-Millionen-Euro-Investition, in Gefahr. Martin Teschke berichtet.

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, wie viele Autos sich an ostfriesischen Tankstellen, vorzugsweise an den grenznahen im Rheiderland, stauen? Der Grund ist einfach. Sprit ist bei uns um bis zu 35 Cent je Liter günstiger. Auch gestern Vormittag lag der Preisunterschied bei 32 Cent. Gut verkauft sich an die Nachbarn auch Tabak. Selbst der aus niederländischer Produktion ist um 40 Prozent günstiger bei uns. Und trotzdem gibt es auch Gründe, dass wir jenseits der Grenze einkaufen. Kaffee zum Beispiel ist günstiger, weil es im Nachbarland keine Kaffeesteuer gibt. Vera Vogt hat hüben und drüben weitere Beispiele gesammelt.

Ich gebe zu, mein Mitleid hielt sich in Grenzen, als ich gestern den Artikel las, wonach sich auch in Ostfriesland die Sportler darauf einrichten müssten, dass in den Umkleidekabinen die Duschen kalt bleiben. In der Stadt Oldenburg wurde wegen der drohenden Energiekrise bereits der Stecker fürs Warmwasser gezogen, in Ostfriesland hat bisher nur der Landkreis Leer Maßnahmen angekündigt. Der Kreissportbund äußert sich solidarisch, fürchtet aber, dass es im Herbst auch Hallenschließungen geben könnte. Was noch droht, lesen Sie hier.

Was heute wichtig wird:

  • In Ostfriesland setzt sich immer mehr die Du-Kultur am Arbeitsplatz durch. Häufig sind vom Azubi bis in die Chefetage alle per Du. Es gibt aber Ausnahmen. Tatjana Gettkowski berichtet.
  • Die Stadt Leer steckt einen Teil der Fördergelder aus dem Programm Perspektive Innenstadt in ein Bürgerbeteiligungsverfahren mit vier Arbeitsgruppen. Katja Mielcarek stellt die verschiedenen Bereiche vor.
  • Die Lebenserinnerungen der Jüdin Esther Wallheimer kamen in hebräischer Schrift auf „verschlungenen Wegen“ nach Aurich und sind jetzt hier erhältlich. Die Hintergründe hat Nicole Böning recherchiert.
  • Die Trockenperioden werden immer länger. Wie wird das Stadtgrün in Wiesmoor bewässert, damit Blumen und Bäume nicht vertrocknen oder absterben? Oliver Bär hat sich mit Wiesmoors Stadtgärtner unterhalten.
  • In Upleward tut sich was: Nahe des Trockenstrands hat ein Fischimbiss eröffnet. Außerdem gibt es seit einer Weile ein bulgarisches Restaurant in dem Ort. Michael Hillebrand hat sich umgesehen.
  • Gordon Päschel begleitet Melanie Röben regelmäßig bei ihrem Experiment, sich nur mit dem 9-Euro-Ticket in Ostfriesland zu bewegen. Nach sechs Wochen stellt sie wenig überraschend fest, dass es ohne Fahrrad schlicht nicht geht.
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