Auswertung der OZ-Leser-Umfrage Die meisten Ostfriesen sind bereit, ihr Leben fürs Klima zu verändern

Joachim Braun
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Von Joachim Braun
| 11.09.2022 18:06 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Ist das Thema Klimawandel bei den Menschen in Ostfriesland angekommen? Und wie gehen sie mit den Veränderungen um? Das zeigt die Auswertung unserer Online-Umfrage.
Ist das Thema Klimawandel bei den Menschen in Ostfriesland angekommen? Und wie gehen sie mit den Veränderungen um? Das zeigt die Auswertung unserer Online-Umfrage.
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Im Mai hatten wir dazu aufgerufen, bei unserer Online-Umfrage „Wie denken Sie über den Klimawandel?“ mitzumachen. Mehr als 400 Ostfriesinnen und Ostfriesen nutzen die Chance. Die Auswertung der 28 Fragen finden Sie hier.

Ostfriesland - Überschwemmungen nach Starkregen, ein halbes Dorf zerstört nach einem Tornado, Hageleinschläge und Hitzewellen, auch in unserer Region sind die Veränderungen des Klimas schmerzlich offenbar geworden. Und die Frage „ist das noch Wetter oder schon Klima“ wird von Fachleuten eindeutig beantwortet. Aber ist das Thema auch bei den Menschen in Ostfriesland angekommen? Und wie gehen sie mit den Veränderungen um? In einer Onlineumfrage hatte die OZ ihre Leser um Antworten gebeten.

Beteiligt hatten sich immer 428 Menschen, exakt die Hälfte davon beantwortete alle 28 Fragen. Und immerhin 75 Prozent von ihnen halten den Klimawandel für real. Davon knapp die Hälfte verwenden sogar den Begriff Klimakrise. Nur jeder Vierte hält die Diskussion für bloßes „Katastrophengeschrei“.

Sorgen wegen der Extremwetter

Mehr als jeder vierte Teilnehmer an der Umfrage (27 Prozent) sorgt sich am meisten wegen der sich häufenden Extremwetterlagen, 17 Prozent macht die Klimaerwärmung Angst, 14 Prozent die Vermüllung der Meere, 12 Prozent die zunehmende Vergiftung der Umwelt (streng genommen sind beides keine Klimathemen), und nicht einmal jeder Zehnte sorgt sich wegen des Anstiegs der Meeresspiegel (neun Prozent) und der Folgen des Artensterbens (sieben Prozent). Lediglich knapp jeden Siebten juckt keines dieser Themen.

Tatsächlich sind die meisten Ostfriesen bereit zu Veränderung und Verzicht: Sie wollen bei Lebensmitteln auf Regionalität achten (75 Prozent), weniger Kleidung kaufen (62), ihre Autofahrten reduzieren (52) und ebenso ihre Urlaubs(fern)reisen (47). Lediglich 18 Prozent der 426 Umfrageteilnehmer wollen ihr Leben weiter so gestalten wie bisher.

41 Prozent halten am Verbrenner fest

Diese Zahl ist ganz anders bei des Ostfriesen liebstem Kind, dem Auto. 41 Prozent der Befragten wollen weiterhin ein Verbrennerauto fahren. Nur 28 Prozent planen den Umstieg auf ein E-Auto, weitere je zehn Prozent auf ein Hybrid- oder Wasserstoffauto. Nur ein Prozent bevorzugen ein Erdgas-getriebenes Auto, kein Wunder bei der geringen Anzahl an Tankmöglichkeiten und der jetzigen Gaskrise. Elf Prozent der Befragten haben gar kein Auto.

Mehr mit dem Rad fahren möchte gut die Hälfte der Befragten. 24 Prozent davon planen die Anschaffung eines E-Bikes, 22 Prozent setzen weiter allein auf ihre Muskelkraft. Und für ein Lastenfahrrad - mit und ohne elektrische Unterstützung - interessiert sich immerhin jeder Achte (zwölf Prozent).

Jeder Fünfte (19 Prozent) plant, beim Einkaufen eigene Verpackungen mitzubringen, 72 Prozent verzichten möglichst auf in Plastik verpackte Produkte, und 55 Prozent setzen auf Mehrwegverpackungen.

85 Prozent heizen noch mit Erdgas

Fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer bezieht bereits jetzt Ökostrom (45 Prozent). Aber geheizt wird zu 85 Prozent mit Erdgas. Ölheizungen arbeiten nur noch bei vier Prozent, sieben Prozent heizen per Wärmepumpe und ebenfalls vier Prozent mit selbst erzeugter Solar- oder Windenergie. Dabei haben es fast die Hälfte geschafft, ihren Energieverbrauch im Vergleich zu vor zehn Jahren um ein Viertel (18 Prozent) oder um ein Zehntel (29 Prozent) zu reduzieren. 39 Prozent verbrauchen ebenso viel Energie wie 2012, bei jedem Siebten ist der Energieverbrauch sogar gestiegen.

Die Erwartungen an die Politik sind hoch: Dass die Bundesregierung „alles unternimmt, was die Klimaveränderung eindämmt, auch wenn es mich mehr kostet“, fordern 37 Prozent. Mehr Druck auf die Wirtschaft klimaneutral zu werden fordern 18 Prozent. Immerhin 30 Prozent sind der Meinung, dass die Bundesregierung erstmal schauen soll, was andere Staaten machen (16) oder sich um wichtigere Themen kümmert (14).

Kommunen sollen Vorbilder sein

Stark gefordert ist auch die Kommunalpolitik (hier waren mehrere Antworten möglich): 61 Prozent wollen, dass konsequent alle öffentliche Gebäude zur Energieerzeugung genutzt werden und dass die eigenen Gebäude wärmetechnisch auf Stand gebracht werden (46). Für einen weiteren Ausbau regenerativer Energien sollen mehr Flächen als bisher zur Verfügung gestellt werden, 54 Prozent). In Sachen Verkehr fordern 58 Prozent einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Ostfriesland und 42 Prozent eine Politik, die den Autoverkehr zugunsten der Radfahrer zurückdrängt. Klimabelastende Einrichtungen (Bäder zum Beispiel) zu schließen, gefällt nur 28 Prozent, Klimaschutzmanager einzustellen, halten nur 24 Prozent für sinnvoll. Aber 45 Prozent fordern auch bei der Gewerbeansiedlung einen Fokus auf Nachhaltigkeit. Nur 13 Prozent wollen, dass alles so weitergeht wie bisher.

Hälfte der Teilnehmer aus dem Landkreis Leer

Zum Schluss der Umfrage wollten wir noch wissen, wer die Teilnehmer sind. 45 Prozent sind zwischen 25 und 50 Jahre alt, 35 Prozent zwischen 51 und 65 und 15 Prozent im Rentenalter. Jünger als 25 sind nur sechs Prozent. Die Hälfte der Teilnehmer lebt im Landkreis Leer, ein Drittel im Landkreis Aurich, 13 Prozent in der Stadt Emden und drei Prozent im Landkreis Wittmund.

Knapp jeder Zweite hat einen Arbeitsplatz als Angestellter, 13 Prozent sind in Führungspositionen, zehn Prozent Arbeiter, acht Prozent Selbstständige und jeder Fünfte, also 20 Prozent, ist bereits im Ruhestand. Für Naturschutzorganisationen engagieren sich nur 16 Prozent, fünf Prozent fühlen sich der „Fridays for Future“-Bewegung verbunden. Immerhin 48 Prozent treten in ihrem Freundes- und Familienkreis als „mahnende Stimme“ auf.

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