OZ-Weihnachtsaktion Tafeln in Ostfriesland in Not – weniger Lebensmittel für mehr Menschen

Nora Kraft
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Von Nora Kraft
| 25.11.2022 18:46 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
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Ohne die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer wäre die Arbeit der Tafeln kaum möglich. In Aurich helfen unter anderem (von links): Karin Wilts, Claudia Richter, Waltraud Reichert, Hinrich Hippen, Lidia Schmidt und Hannelore Schug. Foto: Ortgies
Ohne die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer wäre die Arbeit der Tafeln kaum möglich. In Aurich helfen unter anderem (von links): Karin Wilts, Claudia Richter, Waltraud Reichert, Hinrich Hippen, Lidia Schmidt und Hannelore Schug. Foto: Ortgies
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Hohe Energiekosten, weniger Lebensmittel und mehr Menschen vor den Ausgaben: Die Tafeln stehen vor großen Herausforderungen. „Ein Herz für Ostfriesland“ sammelt Spenden für die hiesigen Einrichtungen.

Ostfriesland - Mit dem Spendengeld der Ostfriesinnen und Ostfriesen konnte schon vielen Menschen in Not geholfen werden: Familien mit schwer kranken Kindern, Opfern von Umweltkatastrophen, Geflüchteten aus der Ukraine und der Nachwuchsförderung in wichtigen Ehrenämtern.

„Ein Herz für Ostfriesland“, das Hilfswerk der Zeitungsgruppe Ostfriesland, will weiterhin gemeinsam mit Ihnen hilfsbedürftige Menschen unterstützen. Alle gesammelten Spenden unserer diesjährigen Weihnachtsaktion werden an Einrichtungen in der Region übergeben, die bedürftige Menschen mit Lebensmittel-Spenden unterstützen. Gemeint sind die Tafeln in Ostfriesland und der Brotkorb Rheiderland.

Steigende Kundenzahlen in allen Einrichtungen

Immer mehr Menschen nehmen die Angebote dieser Einrichtungen wahr. Der Zulauf stieg in den vergangenen Monaten bei allen Einrichtungen, mit denen wir gesprochen haben. Sie haben unter anderem mit hohen Energiekosten und viel weniger Lebensmitteln zu kämpfen. Da einige Betreiber in der kommenden Zeit mit noch mehr Menschen rechnen, sind die Einrichtungen dringend auf Hilfe angewiesen.

Vielbeschäftigt: Die ehrenamtlichen Helferinnen Susanne Peters (links) und Hannelore Schug von der Auricher Tafel packen Lebensmittel-Kisten für die Kunden. Foto: Ortgies
Vielbeschäftigt: Die ehrenamtlichen Helferinnen Susanne Peters (links) und Hannelore Schug von der Auricher Tafel packen Lebensmittel-Kisten für die Kunden. Foto: Ortgies

Die Tafeln in Deutschland sammeln Lebensmittel in Supermärkten ein, die dort nicht mehr verkäuflich sind. Für einen kleinen Geldbetrag verteilen sie sie an bedürftige Menschen. Die Leeraner Tafel betreibt Ausgabestellen in Leer und Hesel. Die Ausgabe in Leer ist an allen Werktagen geöffnet, die in Hesel einmal wöchentlich. Nach einem festgelegten Plan können die Kunden einmal in zwei Wochen zur Tafel kommen, erklärt Andreas Poppen, Leiter der Leeraner Tafel. Somit werde sichergestellt, dass die Lebensmittel gerecht verteilt würden.

Weniger Lebensmittel bleiben übrig

Allerdings muss die Leeraner Tafel derzeit mit einer geringeren Menge an Lebensmitteln auskommen. „Wir haben im Durchschnitt gerade etwa 15 Prozent weniger Ware als sonst“, sagt Poppen. Das liege unter anderem daran, dass die Geschäfte anders kalkulierten und weniger Lebensmittel übrig blieben. „Finanzielle Hilfe können wir daher immer gebrauchen“, sagt er. Zu 95 Prozent finanziert sich die Tafel in Leer aus Spenden. Sie werden zum Beispiel für Spritkosten, Miete, Strom und Wasser verwendet.

Erschwerend kommt hinzu, dass das Angebot der Leeraner Tafel derzeit mehr Menschen wahrnehmen. „Viele unserer Kunden haben durch die gestiegenen Energiepreise und Lebensmittelkosten Probleme. Wir gehen davon aus, dass noch mehr Menschen zu uns kommen werden“, sagt Poppen. Unter den Kunden seien etwa Rentner, Hartz-IV-Empfänger und Studierende, die Bafög beziehen. Darüber hinaus kämen aufgrund des Krieges in der Ukraine derzeit etwa 100 Geflüchtete pro Woche zur Tafel. Täglich seien es im Schnitt – die ukrainischen Kunden mitbedacht – 66 Personen.

Lebensmittelspenden immer willkommen

Daher seien in Leer, wie in allen anderen Einrichtungen, Lebensmittelspenden, sofern die Waren originalverpackt sind, immer willkommen. „Wir freuen uns besonders über Lebensmittel, die wir sonst nicht so leicht bekommen. Insbesondere lang haltbare Lebensmittel wie Nudeln, Zucker, Mehl oder Salz“, sagt Poppen.

Die Lebensmittelengpässe spürt auch die Tafel in Aurich. „Wir kommen mit den Lebensmitteln momentan fast nicht mehr hin“, klagt Ernst Kuntner. Er ist als Ausgabeleiter bei der Auricher Tafel tätig. Wie Andreas Poppen nennt auch Matthias Caspers die genauere Kalkulation der Supermärkte als einen der Gründe dafür. Matthias Caspers ist Geschäftsführer des Diakonischen Werks Aurich, das für Ausgabestellen in Aurich, Friedeburg, Großefehn und Südbrookmerland zuständig ist.

Anschaffung eines neuen Kühlwagens

„Nicht nur durch den Krieg in der Ukraine, auch durch die Teuerungsrate haben wir mehr neue Kunden. Auch wir haben mit den steigenden Energiepreisen zu kämpfen“, sagt Caspers. Spendengeld, das bei der Weihnachtsaktion der OZ gesammelt wird, werde zum Teil für Unterhaltungskosten verwendet werden.

Außerdem stehe perspektivisch die Anschaffung eines neuen Kühlfahrzeugs bevor, sagt Caspers. Das sei besonders im Hinblick auf den Sommer wichtig. So könnten dann größere Mengen an Milchprodukten an die Tafeln verteilt werden.

Große Freude über Zucker und Mehl

Normalerweise kommen laut Ausgabeleiter Ernst Kuntner im Schnitt etwa 60 Menschen zur Tafel in die Julianenburger Straße. Derzeit seien es etwa 90 Kunden. Da reichten lang haltbare Lebensmittel wie Zucker oder Mehl nicht immer für alle. Solche besondereren Lebensmittel biete die Tafel einmal im Monat an. Darüber sei die Freude der Kunden besonders groß. „Ein paar Tage später kommen dann die Kinder zu uns mit einem gebackenen Kuchen als Dankeschön“, sagt Kuntner.

Das Angebot der Tafel nehmen Menschen verschiedener Herkunft wahr. Auch Geflüchtete aus der Ukraine beziehen Lebensmittel von der Tafel. „Manche brauchen uns vielleicht nur, um die ersten Monate über die Runden zu kommen, nachdem sie in Deutschland angekommen sind“, sagt der Ausgabeleiter. „Wir bieten allerdings keine Grundversorgung an, aber eine Unterstützung“, ergänzt Caspers. Außerdem kämen viele Menschen zur Tafel, die von Alters- oder Frauenarmut betroffen seien. Häufig zum Beispiel alleinerziehende Mütter mit mehreren Kindern. „Die Armut ist so sehr angestiegen, dass sich viele alleine gar nicht ernähren könnten, wenn sie nicht bei uns einkaufen würden“, sagt Matthias Caspers.

Persönliche Geschichten und Schicksale

In Norden hat sich die Kundenzahl der Tafel seit Anfang dieses Jahres bis zum jetzigen Zeitpunkt sogar verdoppelt. Das schreiben Jane Hrsuka und Elmar Schürmann vom Tagesaufenthalt der Diakonie Norden auf Anfrage. Dort werden an allen Werktagen Lebensmittel ausgegeben. Wie die Tafeln in Leer und Aurich kämpft auch die Norder Tafel mit schwindenden Lebensmitteln. Unter anderem, weil „einige Lebensmittelhändler vor Geschäftsschluss vergünstigte Tüten in ihren Geschäften anbieten“, so Hruska und Schürmann. Finanzielle Spenden würden unter anderem für Unterhaltungskosten, Arbeits- und Verpackungsmaterial verwendet.

Ein Pendant zu den Tafeln in Ostfriesland ist der Brotkorb Rheiderland. Außer der wöchentlichen Ausgabestelle im Sozialkaufhaus in Weener gibt es jeweils eine Ausgabe in Bunde und Jemgum im vierzehntägigen Wechsel. „Die Waren, die wir bekommen, müssen wir daher gut aufteilen“, erklärt Volker Kraft. Er betreib das Sozialkauhaus und den Brotkorb. Zu Spitzenzeiten kämen 100 bis 120 Familien zur Lebensmittelausgabe. „Wir versorgen also ungefähr 350 Personen, wenn wir Familienmitglieder dazuzählen“, sagt Kraft. Seit 2008 gibt es den Brotkorb. Die persönlichen Geschichten und Schicksale der Stammkunden kenne er fast alle, sagt er. Wie hält man das aus? „Ich nehme es nicht mit nach Hause“, sagt Kraft. „Aber es kommt manchmal schon vor, dass wir hier im Büro zusammen sitzen und weinen“, ergänzt seine Kollegin Susi Röskens. Seine Kunden lebten weit unter der Armutsgrenze, so Kraft. Derzeit seien etwa 20 Prozent seiner Kunden Geflüchtete aus der Ukraine.

Der Brotkorb Rheiderland bezieht ebenfalls Lebensmittel von Supermärkten aus der Umgebung, kauft aber auch Grundnahrungsmittel und Konserven mit Spendengeld dazu, wenn es möglich ist. Die werden dann eingelagert. „So sind wir versorgungsfähig“, sagt Kraft. Aber auch frische Waren werden unter Umständen zugekauft. Wenn es den Bäckern schlechter gehe, produzierten sie weniger Ware. „Wenn nichts übrig bleibt, müssen wir etwas von den Spenden nehmen und Brot besorgen. Die Menschen wollen Brot und Brötchen. Die machen satt“, sagt Kraft. Außerdem habe er drei Fahrzeuge, die an den Werktagen ständig im Einsatz seien. „Die sind aber alt und gebraucht.“ Geld aus der OZ-Weihnachtsaktion werde also auch für ein neues Fahrzeug verwendet.

So können Sie spenden

Jeder Euro hilft den Tafeln in Ostfriesland und dem Brotkorb Rheiderland. Wer spenden möchte, kann dies per Überweisung unter dem Stichwort „OZ-Weihnachtsaktion 2022“ tun. Die Bankverbindung lautet: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH, IBAN DE28 2859 0075 0011 1112 01, Ostfriesische Volksbank eG.

Es kann außerdem via Paypal gespendet werden. Alle Informationen gibt es auch auf der Internetseite von „Ein Herz für Ostfriesland“.

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