Ausstellung in Aurich Junge Juden und Araber Auge in Auge

Günther Niet
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Von Günther Niet
| 02.05.2023 10:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Ruth Ratter, Vorsitzende des Freundeskreises Givat Haviva Deutschland, erläuterte den Gästen die Ausstellung über das Fotoprojekt. Foto: Niet
Ruth Ratter, Vorsitzende des Freundeskreises Givat Haviva Deutschland, erläuterte den Gästen die Ausstellung über das Fotoprojekt. Foto: Niet
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„Schau mich an“: Eine Ausstellung in Aurich handelt von der Begegnung zwischen jüdischen und arabischen Israelis. Der Bezug ist aktueller denn je.

Aurich - Es mag Zufall sein, doch das Timing passt: In Israel wird in diesen Tagen an die Staatsgründung vor 75 Jahren erinnert, und in der Auricher Galerie Zwischenraum gastiert die Wanderausstellung „Schau mich an“ über das israelische Bildungs- und Begegnungszentrum Givat Haviva. Die Organisation fördert Aussöhnung und Dialog zwischen Arabern und Juden in Israel, um ein friedvolles Miteinander und Zusammenleben zu ermöglichen. Davon ist Israel momentan weit entfernt.

Vergangene Woche stellte die Vorsitzende des Freundeskreises Givat Haviva Deutschland, Ruth Ratter, die Wanderausstellung vor. Der Freundeskreis fungiert als Unterstützer der Arbeit in Israel. Er hat auch die Sonderschau vor einigen Jahren konzipiert. Die Gründung von Givat Haviva 1949 gehe auf die Kibbuzbewegung zurück, berichtete die ehemalige Abgeordnete im rheinland- pfälzischen Landtag. Benannt sei die Einrichtung nach der jüdischen Widerstandskämpferin Haviva Reik (1914-1944).

Misstrauen und Gemeinsamkeiten

Die Ausstellung in Aurich zeigt ein Fotoprojekt unter professioneller Anleitung, bei dem sich jüdische und arabische Israelis gegenseitig porträtierten und dann auch miteinander ins Gespräch kamen und Zutrauen erfuhren, wie die Referentin erläuterte. Auf den Ausstellungswänden sind die Erwartungen, Wünsche und Perspektiven der jungen Menschen im Originalton aufgeführt, farblich nach Bevölkerungszugehörigkeit getrennt. Vorurteile, Misstrauen und Skepsis wurden von den jungen Leuten genauso artikuliert wie Gemeinsamkeiten und Verbindendes.

Das Existenzrecht und die Sicherheit des Staates Israel nicht infrage stellen: Sowohl der ehemalige Auricher Landrat Walter Theuerkauf als Schirmherr der Givat-Haviva-Ausstellung als auch Ulrich Kötting, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Ostfriesland, ließen in ihren Reden daran keine Zweifel aufkommen. Doch es gab deutliche und kritische Worte von beiden zur aktuellen politischen Lage in Israel. Dort wird seit Wochen heftig gegen den Plan der ultrarechten nationalistischen Regierung von Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu protestiert und demonstriert, weil sie durch ein neues Justizgesetz das höchste Gericht in Israel „entmachten“ wollen.

„Die Demokratie ist bedroht“

„Die Demokratie ist in Israel durch eine extremistische Mehrheit im Parlament bedroht“, beklagte Theuerkauf. Daher müsse der öffentliche Widerstand gegen die Pläne der Regierung unterstützt und bejaht werden. Jetzt mache sich nachteilig bemerkbar, dass Israel keine schriftlich verbriefte Verfassung habe, merkte der gelernte Jurist an. Gleichzeitig warnte er vor dem Wiedererstarken von Judenfeindschaft in Deutschland. Gerade in Krisenzeiten müssten Juden wieder als Sündenböcke herhalten. Dem müsse eine engagierte Zivilgesellschaft klar und deutlich entgegentreten. „Antisemitismus verschwindet nicht per staatlicher Anordnung“, so der Norder.

Auch DIG-Vorsitzender Kötting verurteilte die autokratischen Tendenzen in der israelischen Regierung. Die Gewaltenteilung sei das Fundament einer Demokratie. „Ohne sie gibt es keine Demokratie mehr in Israel.“ Befreundeten Staaten wie Israel müsse man sagen dürfen, wenn im Staate etwas falsch laufe, ohne als Antisemit abgestempelt zu werden, sagte Kötting.

Bis zum 19. Mai geöffnet

Dass die Ausstellung über Givat Haviva in Aurich Station macht, ist das Verdienst von Gunther Siebels-Michel von der DIG in Aurich. Er habe den Plan schon lange gehabt und jetzt mit dem Zwischenraum einen idealen Partner gefunden, das Vorhaben endlich umzusetzen, freute sich der ehemalige Ratsherr. Er dankte der Zwischenraum-Vorsitzenden Gila Altmann und ihrem Organisationsteam für die Unterstützung. „Die Zusammenarbeit war perfekt“.

Noch bis zum 19. Mai ist „Schau mich an“ im Zwischenraum an der Osterstraße in Aurich zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags und freitags von 11 bis 18 Uhr, sonnabends von 11 bis 16 Uhr.

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