Projekt in Timmel Hochzeits-Gottesdienste am Strand – dank neuem Anhänger?

Ole Cordsen
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Von Ole Cordsen
| 17.05.2023 07:27 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Lars Kotterba mit dem neuen Anhänger samt Lautsprechern. Foto: Cordsen
Lars Kotterba mit dem neuen Anhänger samt Lautsprechern. Foto: Cordsen
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Ein neuer Anhänger der Kirchengemeinde in Timmel soll mithelfen, dass Leute wieder mehr gemeinsam feiern – Gottesdienste, aber auch Konzerte, Kinderdiscos und mehr.

Timmel - Am Pfingstwochenende krachen beim zehnten Heerlager in Timmel Zeiten aufeinander und verschränken sich. Nicht nur, dass plötzlich in mittelalterliche Trachten, Fellbehänge oder gar Ritterrüstungen gewandete Gestalten, die fernen Jahrhunderten entsprungen scheinen, in den örtlichen Edeka stromern und sich Erdbeerjoghurt, Butterkäse oder Teewurst aus der Kühltheke klauben. Bei der mittelalterlichen Rollenspiel-Veranstaltung wird es am Pfingstmontag auch einen Feldgottesdienst geben, für den aber ein gerade erst gebauter Anhänger vorfahren wird, in dem Liedtexte über einen modernen Flachbildschirm flimmern und Musik aus Lautsprecherboxen erklingt. „Das fällt natürlich schon aus dem Rahmen“, sagt Lars Kotterba, der bis Mai 2017 Pastor in Wiesens und Brockzetel war und inzwischen in Timmel lebt. Unabhängig davon, dass die Reformation sich auch erst nach dem Mittelalter Bahn gebrochen hat, „ist der Anhänger natürlich ein Stilbruch, aber er ist ungemein praktisch“, schwärmt der Pastor im Ruhestand.

Was und warum

Darum geht es: Mit einem neuen Anhänger besteht die Möglichkeit zu mehr Freiluftveranstaltungen in und um Timmel.

Vor allem interessant für: alle, die Freude an Veranstaltungen im Grünen haben

Deshalb berichten wir: Die Kirchengemeinde Timmel hat dank Spenden und Fördergeld einen Anhänger anschaffen können, der als mobile Kirche, aber auch Veranstaltungsbühne dienen soll und an Pfingstmontag eingeweiht wird.

Die Autorin erreichen Sie unter: o.cordsen@zgo.de

Er ist es auch, der federführend dafür gesorgt hat, dass die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Timmel jetzt über diesen Anhänger verfügt. Drei Meter lang ist die „Kark up padd“, mit einem zwei Meter hohen und 1,80 Meter breiten Kastenaufbau. Drinnen hängt ein abnehmbares Kreuz aus Holz, fertig ausgerüstet stecken darin 60 wetterfeste, stapelbare Kunststoff-Stahl-Stühle, eine Boxenanlage, ein Text- und Notenständer, der Monitor und ein in ein etwa einen Meter hohes Edelstahl-Milchfass geschraubtes Stativ, an dem der Monitor aufgehängt werden kann.

Neue Möglichkeiten für Freiluft-Veranstaltungen?

An diesen etwa 30.000 Euro teuren Anhänger – zu drei Vierteln von der Landeskirche, zu einem Viertel aus Spenden bezahlt – knüpfen sich einige Hoffnungen, dass Kirche in Timmel und drumzu wieder deutlich sichtbarer wird, Andachten draußen in der Natur oder in den Orten deutlich mehr Menschen anlockt als sonst zu den Gottesdiensten in die Kirche kommen – und mit vergleichsweise wenig Aufwand im Zweifel auch Trau-Gottesdienste auf dem Strand am Timmeler Meer oder eben auf dem Heerlager rund um den Dorfteich am Ortsrand möglich sind. „Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten“, schwärmt Timmels Ortsbürgermeisterin Silke Bergmann (Wählerbündnis Timmel-Westgroßefehn). „Das ist einfach nur toll“, sagt sie. „Auf diese Weise kann man im Sommer auch an Freiluft-Kino-Abende denken oder auch an Kinderdisco oder Open-Air-Konzerte und alles sonst, wo eine kleine Bühne gebraucht wird“, setzt Lars Kotterba hinzu. Und selbst wenn die Idee einer Kirche auf Rädern fern von einer neuen Erfindung ist, die wird seit Langem beispielsweise als Sommerkirche in Marcardsmoor und Strackholt, aber auch im Kreis Leer und bundesweit gefeiert: Kotterba ist überzeugt, dass dieser Anhänger „in dieser Ausstattung bundesweit einzigartig ist“.

Wieso? „Weil er technisch einen klaren Schritt nach vorn macht und er das Erleben von Kirche in einem Maße vereinfacht, dass diese Art von Gemeinschaft viel einfacher zu ermöglichen ist“, sagt Kotterba. „Klar, gibt es sonst auch Sommerkirchen, aber die sind immer wieder aufwändig zu organisieren: Woher bekommt man ausreichend Stühle? Wie sorgt man für ausreichende Beschallung? Woher bekommt man Strom? Das erfordert wahnsinnig viel Kraft und Vorbereitung“, findet der Pastor. Verglichen damit sei dieser Anhänger eine Art Rundum-Sorglos-Paket: Lautsprecher und Beleuchtung werden aus Akkus gespeist, für Monitor und eventuell auch den Betrieb einer Kaffeemaschine hofft Kotterba noch auf mögliche weitere Spenden, die den Kauf von Solarmodulen, zumindest aber von einem gesonderten Akku-Speicher mit größerem Volumen ermöglichen. In jedem Fall soll sich zeitnah auch ein Förderverein für den Anhänger bilden, „denn auch der Unterhalt kostet ja – wenn auch keine Unsummen“, sagt Kotterba.

Bewegt sich Kirche stärker aus den Kirchenmauern heraus?

„In der Corona-Zeit habe ich mich gefragt: Woran hapert es, dass Kirche ihre Nähe zu den Menschen verliert? Warum sehen sich viele Menschen als Touristen Kirchen an, gehen aber nicht in die Gottesdienste? Und ich glaube, dass man die althergebrachte Geschichte neu erzählen kann. Aber man spürt auch, wenn Kirche sich aus ihren wehrhaften Mauern heraus dorthin bewegt, wo das Leben spielt, kommen die Menschen auch. Die Entwicklung kann wieder ein Stück weit in Richtung Wanderprediger gehen.“ Und deswegen soll dieser Anhänger auch über Timmel hinaus Gemeinschaft ermöglichen – schon an Himmelfahrt beim Freiluft-Gottesdienst in Holtrop, an Pfingstsonntag in Mittegroßefehn, am Pfingstmontag beim Feldgottesdienst in Timmel, am Sonntag drauf beim Gottesdienst auf dem Schützenfest in Aurich-Oldendorf. Beim Heerlager wird der Wagen offiziell eingeweiht.

Silke Bergmann schwärmt: „Das kann auf so viele Weisen das Miteinander bereichern.“ Und eben dafür, auch unabhängig von Kirche, sei der Anhänger ja gedacht, sagt Kotterba. Angedacht sei zusätzlich noch ein zweiter, kleinerer Anhänger als Spiele-Mobil, der mit maximal 750 Kilo Gewicht von deutlich mehr jüngeren Leuten gefahren werden dürfte, während der Kreis bei der bis zu 2,8 Tonnen schweren „mobilen Kirche“ kleiner ist. „Aber da werden sich Regelungen finden. Dieser Anhänger soll möglichst wenig herumstehen, und auch wenn er der Gemeinde in Timmel gehört, auch weit darüber hinaus dafür sorgen, dass Menschen zusammenkommen.“

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