Organspende Dreijähriger Jari aus Folmhusen benötigt eine neue Niere

Geertje Wehry
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Von Geertje Wehry
| 21.05.2023 09:58 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Frank Langen, Jari und Eva Götze auf ihrer frisch gepflasterten Auffahrt. So fällt eine Sorge von ihnen ab. Foto: Wehry
Frank Langen, Jari und Eva Götze auf ihrer frisch gepflasterten Auffahrt. So fällt eine Sorge von ihnen ab. Foto: Wehry
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Von Geburt an ist der Junge nierenkrank. Viel Zeit und Muße bleibt nicht für den Neubau der Familie. Nun gab es unerwartete Hilfe.

Folmhusen - Der dreijährige Jari aus Folmhusen lächelt schüchtern. Unter seiner Mütze gucken blonde Locken hervor und schon flitzt er wieder nach draußen, um auf seinem Trettrecker noch eine Runde zu fahren. Dass der kleine Junge von Geburt an krank ist und zahlreiche Medikamente nehmen muss, ist auf den ersten Blick nicht zu sehen. „Schon kurz nach der Geburt wurde festgestellt, dass eine Niere kleiner ist“, erzählt seine Mutter Eva Götze. Deshalb muss Jari inzwischen regelmäßig an die Dialyse.

Im vergangenen Sommer musste er acht Wochen im Krankenhaus in Münster bleiben, weil es ihm nicht gut ging. „Eigentlich war von Anfang an klar, dass Jari eine neue Niere braucht“, sagt seine Mutter. Sie kommt selbst als Spenderin infrage, doch bevor diese ihm eingesetzt wird, kommt im Februar die Nachricht, dass ein Spenderorgan für ihn gefunden wurde. „Seine Niere sollte optimalerweise von einem Kind kommen“, sagt Götze. Elf Stunden dauert die Operation, doch bereits im OP-Saal wird deutlich, dass das Organ wieder entnommen werden muss, weil es nicht funktioniert. Jari und seine Eltern dürfen wieder nach Hause, doch an seiner Situation hat sich erstmal nichts geändert. Er soll Kraft sammeln und sich erholen. Ende Mai wird er wahrscheinlich wieder auf der Warteliste für ein Spenderorgan aufgenommen. „Bis es eine passende fremde Niere gibt, kann es zwei Wochen oder fünf Jahre dauern. Man weiß es nicht“, sagt Götze. Deshalb wird parallel für den Herbst ihre Nierenspende geplant. Bis dahin gilt erst einmal: Weit weg von Münster darf die Familie nicht sein. Kommt der Anruf, dass es ein passendes Organ gibt, müssen sie in wenigen Stunden dort sein.

Mit einer Spenderniere ist es nicht getan

Doch auch nach der Operation wird Jari nicht geheilt sein. „Er wird immer Medikamente nehmen müssen“, sagt seine Mutter. Hinzu komme, dass Spendernieren im Schnitt nur 15 Jahre halten. Der kleine Junge wird also im Laufe seines Lebens auf mehrere Organspender angewiesen sein. Das ist auch einer der Gründe, warum Götze und Jaris Papa Frank Langen dafür sind, dass offen über Organspende gesprochen wird. „Wir sagen beide, dass man kein Spender sein muss. Aber es ist wichtig, darüber zu sprechen“, sagt Götze. Das gelte auch für Eltern. „Dadurch, dass Jari optimalerweise die Niere von einem Kind benötigt, ist uns das natürlich bewusst geworden. Wir haben totalen Respekt dafür, wenn Eltern sich für Organspende entscheiden. Natürlich mag man nicht darüber sprechen, was mal wäre, wenn das eigene Kind im Sterben liegt, aber es wäre gut“, sagt sie.

Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen in Deutschland etwa 8.500 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan. Die meisten von ihnen benötigten eine Spenderniere. Auf eine Million Einwohner Deutschlands kommen derzeit 11,2 Organspender. In Deutschland ist es bisher so geregelt, dass sich Menschen oder ihre Angehörigen aktiv dazu entscheiden müssen, dass sie Organe spenden wollen. Laut Statistik der Deutschen Stiftung für Organtransplantation nimmt der Prozentsatz an Menschen, die sich schriftlich, etwa in einer Patientenverfügung oder mit einem Organspendeausweise dazu äußern, zu. Waren es 2013 noch zehn Prozent, sind es inzwischen fast 15 Prozent, die sich für oder gegen Organspende ausgesprochen haben. Immer wieder wird eine Widerspruchslösung, die vorsieht, dass grundsätzlich jeder Organspender ist, der seine Ablehnung nicht formuliert, diskutiert. Eva Götze ist dafür. „Bei einer solchen Lösung müssten alle, die es möchten, nichts dafür tun“, sagt sie. Es wäre nichts, was man immer wieder aufschiebe, weil anderes dazwischen komme. Es sei wichtig, dass es Spender gebe. „Es gibt so viele Menschen, die auf Organe warten.“

Jari (Mitte) mit einigen der Helfer, die über Stunden die Auffahrt seines Elternhauses pflasterten. Foto: Privat
Jari (Mitte) mit einigen der Helfer, die über Stunden die Auffahrt seines Elternhauses pflasterten. Foto: Privat

Überwältigt von Hilfe von Fremden

Für Jari heißt es erstmal weiter warten. Er dreht auf der großen Auffahrt vor dem Haus der Familie mit seinem kleinen Trecker Runden. Dass er es kann, verdankt die Familie einer Hauruckaktion der Maschinenfabrik Optimas aus Ramsloh. Denn erst kurz vor dem langen Krankenhausaufenthalt war die Familie in ihren Neubau gezogen. Vieles war noch nicht fertig, für vieles fehlte in den vergangenen Monaten die Energie und Muße. „Wir hatten keinen Kopf dafür Pflastersteine auszusuchen oder diese zu legen“, sagt Götze. So blieb die provisorische Auffahrt erstmal, wie sie war. Schade auch für Jari, der auf ihr sonst gut Laufrad fahren könnte, oder Treckerrunden drehen. Karsten Korte, der beste Freund von Langen, wendet sich an den Optimas-Betriebsleiter, dass seine Freunde dringend Hilfe benötigen. Nach kurzer Rücksprache mit der Geschäftsführung wird klar: Die Firma hilft. Mitte Mai rücken zahlreiche Mitarbeiter an einem Samstag an, um gemeinsam die Auffahrt endlich zu einer Auffahrt zu machen. „Die haben alles gegeben. Für uns Fremde kamen da mit super guter Laune und haben wahnsinnig schnell gearbeitet“, erzählt Götze gerührt. Auch Jari selbst schleppt Steine. Als es anfängt dunkel zu werden, wird mit Fluchtlicht bis 0 Uhr weitergearbeitet, bis jeder Stein an Ort und Stelle ist. „Das war krass“, sagt die Folmhuserin.

Freunde und Familie hätten Jari und seine Eltern in der vergangenen Zeit immer unterstützt. Egal ob mit Päckchen ins Krankenhaus oder konkreter Hilfe. „Es fängt ja schon damit an, dass man im Jahr 20 Kinderkrankentage hat. Wir waren letztes Jahr schon länger im Krankenhaus. Dazu kommt: Jari ist unheimlich oft krank, weil er immunsupprimiert ist. Nur weil meine Eltern nebenan wohnen und ihn betreuen, wenn etwas ist, können wir beide arbeiten“, ist Götze dankbar. Aber die Hilfe von komplett fremden berührt sie und ihren Partner ganz besonders.

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