Noch blühen sie So bedroht der Klimawandel unsere Kastanienbäume

| | 31.05.2023 13:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Bis in den Juni hinein blühen noch viele Kastanien-Bäume. Foto: Ortgies
Bis in den Juni hinein blühen noch viele Kastanien-Bäume. Foto: Ortgies
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Die Blütezeit der Rosskastanien ist in den letzten Zügen. Die prächtigen Bäume sind wichtig für das Ökosystem und schattige Pausen. Aber: Es geht ihnen immer schlechter. Das kann man dagegen tun.

Emden/Ostfriesland - An den Wegen, wo man im Herbst fleißig Bastelmaterialien sammeln kann, stehen die mächtigen Rosskastanien-Bäume seit Wochen in voller Blüte. Die Kastanie gehört zu einer der beliebtesten Baumarten, hat aber ein großes Problem, das auf Dauer ihre Existenz hier bedrohen könnte.

Was und warum

Darum geht es: einen beliebten Stadtbaum und seine Bedrohung

Vor allem interessant für: Baumfans, die aktuell die Blütenpracht an den Kastanien bewundern und sich fragen, wie lange es diese noch geben kann

Deshalb berichten wir: In diesem Jahr sind mir in Emden die ausladenden Baumkronen der Kastanien besonders aufgefallen. Weil es in Emden 2010 große Sorgen um die Baumart gab, habe ich aktuell nachgefragt, wie es um die Pflanzen gestellt ist.

Die Autorin erreichen Sie unter: m.hanssen@zgo.de

Wir haben mit Experten über die Bedrohung gesprochen und gefragt, wie man der Kastanie helfen kann. Wie wichtig ist die Baumart eigentlich für das Ökosystem und für den Menschen?

Was macht der Rosskastanie zu schaffen?

„Der Rosskastanie geht es tendenziell immer etwas schlechter“, sagt Jan Fuchs aktuell auf Nachfrage. Er ist Leiter der ostfriesischen Regionalgeschäftsstelle des Naturschutzbunds (Nabu). Obwohl die Baumart im 16. Jahrhundert von den Osmanen aus der Balkan-Region nach Deutschland gebracht wurde und sie eigentlich wärmeliebend ist, machen auch ihr die immer heißeren und trockeneren Sommer zu schaffen.

Drei Rosskastanien-Bäume stehen an der Gracht im Emder Stadtteil Constantia. Sie bilden ein schönes Blätterdach und bieten Insekten Nahrung. Foto: Hanssen
Drei Rosskastanien-Bäume stehen an der Gracht im Emder Stadtteil Constantia. Sie bilden ein schönes Blätterdach und bieten Insekten Nahrung. Foto: Hanssen

Aufgrund ihrer schönen Blüten- und Blätterpracht gilt die Rosskastanie als Park- und Zierbaum in der Stadt, beschattet häufig Biergärten und Cafés und steht allgemein weniger in Wäldern. „In der Stadt ist es aber noch mal ein paar Grade wärmer“, erklärt Jan Fuchs. „Darunter leidet sie ziemlich.“ Es ist also ein Dilemma: Ein Baum, der so viel Schatten spendet, kann wohl auf Dauer in den immer heißer werdenden Städten nicht überleben.

Was wird durch den Klimawandel noch verschlimmert?

Insekten, Pilze und Pflanzenkrankheiten werden durch den internationalen Handel schon seit längerem aus aller Welt nach Deutschland verschleppt, erklärt Jan Fuchs. Aber: Gab es früher noch harte Winter, die eine weitere Verbreitung ausgebremst haben, überleben jetzt die meisten die größtenteils frostfreie Zeit. Ein Insekt, das der Kastanie auch in Ostfriesland sehr zu schaffen macht, ist die Rosskastanien-Miniermotte.

Der Asiatische Laubholzbockkäfer breitet sich auch in Deutschland aus. Foto: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
Der Asiatische Laubholzbockkäfer breitet sich auch in Deutschland aus. Foto: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

Sie wurde 1984 erstmals in Mazedonien entdeckt und hat sich seitdem schnell in ganz Europa verbreitet. Die Larven des Falters fressen sich durch die Blätter der Kastanie, die dadurch schon im Sommer welk werden, erklärt Jan Fuchs. Der Baum kann die lebensnotwendige Photosynthese schlechter durchführen und wird geschwächt. Andere Parasiten haben so ebenfalls leichteres Spiel. Der Nabu-Experte spricht beispielsweise von dem Bakterium Pseudomonas syringae, das mittlerweile schon in Nordrhein-Westfalen bekannt ist. Das Bakterium führt zum Absterben der Bäume, die aus Rissen an der Rinde braun-schwarzen Harz „ausbluten“. Auch der Asiatische Laubholzbockkäfer, der auch gesunde Bäume angreift und deren Gehölz durchlöchert, breitet sich hierzulande aus. In Ostfriesland ist aber noch kein Fund bekannt, so Jan Fuchs.

Wie kann man den Bäumen helfen?

Dafür gibt es verschiedene Herangehensweisen. 2010 gab es in Emden einen so großen Miniermotten-Befall, dass sich verschiedene Institutionen zu einer Arbeitsgruppe zusammenschlossen, erklärt Stadtsprecher Eduard Dinkela aktuell auf Nachfrage. Im Juni 2010 wurden rund 60 Miniermotten-Fallen an Private vermittelt. In nur einer Falle wurden Mitte des Jahres in einer Flugphase bis zu 2000 Miniermotten gefangen.

Volontärin Jasmin Oltmanns erfreut sich an der Blütenpracht einer Rosskastanie an der Emder Kesselschleuse. Foto: Ortgies
Volontärin Jasmin Oltmanns erfreut sich an der Blütenpracht einer Rosskastanie an der Emder Kesselschleuse. Foto: Ortgies

„Damals wie heute steht fest, dass dort wo kein Laub entfernt wurde, viele Miniermotten vorhanden sind. Somit ist die Laubentfernung das beste Gegenmittel“, so Dinkela. Das gilt auf öffentlichem Grund ebenso wie in Privatgärten. Das Laub der Rosskastanie sollte nicht auf den heimischen Komposthaufen, sondern speziell entsorgt werden, rät Jan Fuchs. Die Blaumeise gilt als natürlicher Fressfeind der Raupen. Für sie kann man Brutkästen mit kleinem Einflugloch an den Baum hängen.

Welche andere Baumarten sind resistenter?

Langfristig, da sind sich die Experten deutschlandweit einig, muss überlegt werden, welche Bäume in Stadtgebieten gepflanzt werden. Die rotblühende Rosskastanie beispielsweise ist immun gegen die Miniermotte. Andere Baumarten - wie etwa der heimische Feldahorn sowie die wärmeliebende Esskastanie - kommen besser mit den Klima-Veränderungen zurecht, heißt es von der Landwirtschaftskammer für Niedersachsen.

Rosskastanienbäume können bis zu 30 Meter groß werden und ein opulentes Blätterdach ausbilden. Foto: Hanssen
Rosskastanienbäume können bis zu 30 Meter groß werden und ein opulentes Blätterdach ausbilden. Foto: Hanssen

In Emden scheint man das Problem vorerst im Griff zu haben. „Das Problem mit der Miniermotte haben wir derzeit (noch) nicht. Wir befinden uns im Mai und es bleibt die weitere Entwicklung (es gibt mehrere Generationen von Miniermotten pro Jahr) abzuwarten“, erklärt der Stadtsprecher. Auch würden die verbliebenen Kastanien, etwa am Wall, zur Zeit sehr vital aussehen. Wie man weiteren Schädlingen begegnet, bleibt wohl abzuwarten.

Wie wichtig sind Rosskastanien für das Ökosystem?

Kastanien leisten eine wichtigen ökologischen Beitrag und bereichern die ökologische Vielfalt in Emden, erklärt Eduard Dinkela. Man werde deshalb die Entwicklung weiter beobachten. Bis in den Juni hinein lockt die weiße Pracht der auch als Bienenweide eingestuften Pflanze Hummeln, andere (Wild-)Bienen und weitere auf Pollen wie Nektar angewiesene Insekten an. Ihr Nektar enthält bis zu 75 Prozent Zucker und gehört damit zu den süßesten Pflanzensäften.

An der Blütenpracht der Rosskastanienbäume erfreue sich viele Insekten. Foto: Hanssen
An der Blütenpracht der Rosskastanienbäume erfreue sich viele Insekten. Foto: Hanssen

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