Biosphärenregion anerkannt Nicht alle wurden überzeugt

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| 09.09.2023 11:05 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Das Unesco-Biosphärenreservat Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer wurde um eine sogenannte Entwicklungszone erweitert. Foto: Dittrich/dpa
Das Unesco-Biosphärenreservat Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer wurde um eine sogenannte Entwicklungszone erweitert. Foto: Dittrich/dpa
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30 Kommunen hätten Teil der von der Unesco anerkannten Biosphärenregion Wattenmeer werden können. Nur zwölf machen mit, darunter einige ostfriesische – auch sie mussten Überzeugungsarbeit leisten.

Hage - Zwölf Kommunen an der Nordseeküste sind künftig Teil der von der Unesco anerkannten Biosphärenregion Niedersächsisches Wattenmeer. Sie bilden eine sogenannte Entwicklungszone auf den Inseln und auf dem Festland, in der nun Modellprojekte zur Nachhaltigkeit erprobt werden sollen. Nachdem die Unesco bereits im Juni der Erweiterung formal zugestimmt hatte, wurde jetzt im Schloss Lütetsburg (Samtgemeinde Hage) die Unesco-Urkunde an Kommunalvertreter übergeben.

Teil der Biosphärenregion, auch Biosphärenreservat genannt, sind nun die Städte Norden, Nordenham, Schortens, Jever, Wilhelmshaven, Geestland mit den Ortschaften Imsum und Langen sowie Teile der Stadt Cuxhaven und die Gemeinden Jemgum, Sande, Spiekeroog, Zetel und die Samtgemeinde Hage. Sie umfasst insgesamt etwa 73.000 Hektar.

Ausweisung notwendig

Die Ausweisung einer Entwicklungszone war nach Unesco-Vorgaben notwendig, damit das Wattenmeer langfristig als Biosphärenregion anerkannt bleibt. Die Unesco hatte das Wattenmeer 1992 auf der Fläche des Nationalparks als Biosphärenreservat anerkannt. Kommunen auf den Inseln und an der Küste konnten seit 2019 selbst entscheiden, ob sie Teil der Entwicklungszone werden wollten. Für eine Teilnahme infrage kamen mehr als 30 Kommunen. In Ostfriesland etwa war das Konzept auch vielerorts auf Kritik gestoßen und abgelehnt worden. Man befürchtete zu viele Nachteile bei der Eigenentwicklung und auch für die Landwirtschaft.

In Wittmund etwa war der Entscheidung eine hitzige Ratsdebatte vorausgegangen. Bauern demonstrierten mit Traktoren auf dem Marktplatz vor der Stadthalle. Am Ende gab es ein knappes Abstimmungsergebnis – gegen den Beitritt. In Norden wurde monatelang diskutiert. Dort stimmte der Rat schließlich einstimmig zu – weil man eine gemeinsame Lösung gefunden hatte, nämlich durch eine Ausstiegsklausel aus dem Vertrag und einen Beirat als Überwachungsorgan.

Was Jemgum sich erhofft

Spiekeroog ist die einzige Inselgemeinde, die beigetreten ist. Auf Borkum hatten sich im vergangenen Jahr bei einer Befragung 63,67 Prozent der Einwohner, die sich beteiligt hatten, für einen Austritt aus der Entwicklungszone der Biosphärenregion ausgesprochen. Die Gemeinde Jemgum dagegen, die Mitglied wurde, geht davon aus, dass die Auszeichnung unter anderem auch ein schweres Pfund bei der Werbung um Urlauber sein wird.

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer lobte anlässlich der Urkundenübergabe das Engagement der Mitglieder. „Die Menschen und Kommunen stehen zum Erhalt des Weltnaturerbes“, wird der Grünen-Politiker in einer Mitteilung zitiert. „Gemeinsam wollen sie die vielgestaltige Biosphärenregion sowohl mit Gemeinden des ländlichen Raums, aber auch mit urbanen Strukturen durch unterschiedliche Ansätze nachhaltiger Entwicklung bereichern und erweitern.“

Nachhaltige Projekte sollen entwickelt werden

Bislang hatte das Biosphärenreservat vor allem zwei Zonen, die dem Nationalpark entsprechen und in denen die Natur besonders geschützt ist. Es gibt eine Kernzone, in der der Einfluss des Menschen auf ein Minimum reduziert ist, und eine Pflegezone, in der umweltverträgliche menschliche Aktivitäten zulässig sind – etwa der Tourismus oder die Fischerei. Mit der Entwicklungszone werden nun Siedlungsräume in die Biosphärenregion einbezogen, um nachhaltige Projekte zu entwickeln.

Beispiele für solche Projekte gibt es schon: In einigen Kommunen können seit einiger Zeit elektrisch unterstützte Lastenfahrräder kostenlos ausgeliehen werden. Mit den „Biosphären-Bikes“ soll nachhaltige Mobilität gefördert werden, etwa in Norden und Hage. Seit 2022 gibt es auch die sogenannte Biosphären-Bratwurst von Deichlämmern, für die Betriebe aus der Biosphärenregion bei Herstellung und Vermarktung zusammenarbeiten. Die Unesco-Auszeichnung sei nun ein Startsignal für die weitere gemeinsame Projektarbeit der Kommunen, sagte Peter Südbeck, Leiter der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer. „Neue spannende Initiativen werden auf den Weg gebracht, bereits laufende Vorhaben bekommen zusätzlichen Schwung. Ein bedeutender Schritt für die gesamte Region.“

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