Brand auf der Mülldeponie Feuerwehr verhindert möglichen Millionenschaden in Großefehn

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Von Ole Cordsen und Sven Schiefelbein
| 12.09.2023 16:08 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Die Feuerwehr ist in Großefehn im Einsatz. Foto: Cordsen
Die Feuerwehr ist in Großefehn im Einsatz. Foto: Cordsen
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Die Abfallverwertung in Großefehn ist bei einem Brand „mit einem blauen Auge“ davongekommen. Doch warum brennt es dort immer wieder? Das hat auch mit unvorsichtigen Bürgern zu tun.

Aurich-Oldendorf - Das hätte deutlich böser ausgehen können: Dank schnellen Eingreifens hat die Feuerwehr am Dienstagmittag einen Großbrand in der Halle für mechanische Abfallbehandlung auf dem Gelände der Mülldeponie in Großefehn verhindert. In dem Gebäude, das direkt an den Verwaltungstrakt grenzt, war es gegen 11.40 Uhr zu einem Feuer in einem etwa sechs Meter hohen Müll-Schredder gekommen, den ein Radlader mit frisch abgeladenem Hausmüll befüllt hatte. Der wird in der Halle für die Weiterbearbeitung zerkleinert und via Förderband in Container bugsiert. Als die Feuerwehr nur 13 Minuten nach der Alarmierung eintraf, schlugen bereits Flammen aus dem mehrere Meter hohen Zerkleinerer. Doch binnen etwa einer halben Stunde hatte die Feuerwehr den Brand unter Kontrolle.

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„Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen, es sieht nicht so schlimm aus wie befürchtet“, sagte der Geschäftsführer der Abfallbetriebe sowie der Materialkreislauf- und Kompostwirtschaft (MKW) des Landkreises Aurich, Hans-Hermann Dörnath.

„Da kann man von Glück reden“

Ungefähr 80 Einsatzkräfte der Großefehntjer Feuerwehren, teils auch aus Aurich und Wiesmoor, waren angerückt, um die Flammen zu bekämpfen. Dabei waren unter anderem ein Riesenlüfter der Wehr aus Aurich-Wallinghausen und eine Drohne mit Wärmebildkamera der Feuerwehr aus Wiesmoor angefordert worden. „Wir hatten erst auch noch eine Alarmierung bekommen, dass es im Verwaltungsgebäude brennt. Das hat sich glücklicherweise als nicht zutreffend herausgestellt, und wir haben das Übergreifen der Flammen verhindern können“, sagte Mario Eilers (Strackholt), stellvertretender Leiter des Brandschutzabschnitts Süd des Kreisfeuerwehrverbands Aurich. „Das war schon auch knapp.“ Dörnath ergänzte: „Wir sind wirklich glimpflich davongekommen und können den Einsatzkräften nur Danke sagen. Durch das Feuer hat sich natürlich viel Ruß gebildet, aber Stand jetzt ist nach Informationen unseres Elektroingenieurs der Zerkleinerer weiter einsatzfähig, ebenso wie das Förderband.“ Gut funktioniert habe auch die Rauch-Wärme-Abzugsanlage, die Klappen oben in der Halle sofort geöffnet habe, weshalb der Rauch schnell entweichen konnte. Der angeforderte Lüfter der Feuerwehr konnte abrücken, ohne gebraucht zu werden. Die Rauchentwicklung war zeitweise so stark, dass über den Katastrophenwarndienst Katwarn eine Warnung ausgegeben wurde, Türen und Fenster im Umkreis geschlossen zu halten. Gegen 13 Uhr wurde schließlich Entwarnung gegeben.

Mit Löschschaum bekamen die Einsatzkräfte der Feuerwehr den Brand im Schredder in den Griff. Fotos: Cordsen
Mit Löschschaum bekamen die Einsatzkräfte der Feuerwehr den Brand im Schredder in den Griff. Fotos: Cordsen

Regelmäßig brennt es auf dem Gelände

Durch ihr schnelles Eingreifen ist es der Feuerwehr gelungen, einen möglichen Millionenschaden zu verhindern. 2014 etwa hatte ein Feuer in der Halle West auf dem Gelände, als Bio-Abfälle brannten, einen Schaden von rund zwei Millionen Euro angerichtet. Ende 2015 waren die Bilder ebenfalls dramatisch, als rund 200 Einsatzkräfte der Feuerwehr gegen die Flammen einer in Vollbrand stehenden Halle kämpften, in der Holzschreddergut, Elektrogroßgeräte und Kunststoffmülltonnen gelagert waren. Einen Großeinsatz gab es auch, als es 2017 in der Halle Süd bei den MKW brannte – im Leichtverpackungslager. „Ich weiß es noch genau, es war ein sehr warmer Tag, ich war im Büro, als ich plötzlich die Nachricht vom Feuer bekam und dann schon den schwarzen Rauch aufsteigen sah“, sagt Dörnath. „Das war ganz schwierig, da ist uns die halbe Halle weggebrannt.“ Kosten: 2,1 Millionen Euro. Zwei weitere größere Brände gab es auf dem Gelände, bis 2019 auch ein größeres Feuer in der jetzt betroffenen Halle der mechanischen Bearbeitung ausbrach: Seinerzeit war Müll auf dem Förderband in Brand geraten.

„Sowas passiert nicht zum ersten Mal – es passiert sogar sehr regelmäßig“, sagt Dörnath. „In der Regel kommt es tatsächlich ein bis zwei Mal pro Woche bei uns zu Entstehungsbränden. Wir haben unser Personal aber sehr auf Umsicht geschult. Wir haben unsere Hallen auch mit hitzeempfindlichen Kameras ausgestattet, die sofort anschlagen. In den allermeisten Fällen gelingt es uns, die Feuer noch im Entstehen selbst zu löschen. Die Feuerwehr, die über eine Brandmelde-Anlage sofort informiert wird, muss dann nicht mehr eingreifen. Heute war gut, dass sie schnell da war.“

Batterien, Spraydosen oder Bengalos im Hausmüll als Gefahr

Wie es zum aktuellen Brand gekommen ist, versuchen Ermittler der Polizei nun zu klären. Wieso aber brennt es überhaupt so oft bei den MKW? Dörnath sagt: „Wir haben schon an sehr vielen Stellen reagiert, um das Brandrisiko zu minimieren. Die Leichtverpackungen etwa, die 2017 den riesigen Hallenbrand ausgelöst hatten, bewahren wir jetzt nur noch in Lagerboxen unter Kunststoffplanen auf. Wenn sich dort etwas entzündet, Papier oder Kunststoff, brennen die Folien weg, aber keine Halle.“ Und ohne den Ergebnissen der Brandermittler vorgreifen zu wollen, hat Dörnath aus der Erfahrung der Vergangenheit zumindest eine Vermutung, was diesmal den Brand ausgelöst hat: „Der Brand in der Aufbereitungshalle unserer mechanisch-biologischen Abfallbehandlung ist entstanden, direkt nachdem ein Radlader Hausmüll in den Schredder gekippt hat. Es kommt leider immer wieder vor, zuletzt sogar gehäuft, dass Bürger Elektrogeräte mit Lithium-Ionen-Akkus oder diese Batterien auch einzeln einfach in den Hausmüll werfen. In der Regel bekommen wir Entstehungsbrände selbst in den Griff. Hier hat es eine derart hohe Hitzeentwicklung gegeben, dass die eigenen Löschversuche gescheitert sind. Genau so eine Hitzeentwicklung ist typisch für Brände, die entstehen, wenn Lithium-Ionen-Akkus in einem Schredder zerkleinert werden.“

Ebenfalls für denkbar halte er die umstrittenen Bengalos, die Ultra-Fans in Fußballstadien während Spielen zünden. „Die haben wir zuletzt mehrfach im Hausmüll entdeckt“, sagt Dörnath. „Und ich kann nur immer wieder an die Vernunft der Bürger appellieren, bloß keine Batterien in den Hausmüll zu werfen. Das kann wirklich dramatische Folgen haben.“ Es ist nur wenige Wochen her, da hatten die MKW in unserer Zeitung exakt diesen Appell an die Bevölkerung gerichtet. „Wir werden jetzt auch nochmal eine Aufklärungs-Kampagne starten, in der Hoffnung, dass deutlich weniger Batterien im Hausmüll landen, die in der Verbrennung giftig sind und fachgerecht entsorgt gehören, aber eben auch gefährlich sind.“

MKW-Chef hofft auf Batterie-Pfand

Aufgrund der Trägheit der Masse unter den Leuten in diesem Punkt hofft Dörnath allerdings insbesondere darauf, dass die Politik in Berlin zeitnah eine Pfandpflicht auf Batterien erlässt, wie es sie seit vielen Jahren bei Getränkeflaschen und -dosen gibt. „Der Verband kommunaler Unternehmen fordert die Einführung seit Langem. Und wenn Batterien bepfändet würden, dann würden die meisten Leute leere oder kaputte Batterien auch an den richtigen Stellen abgeben, wo sie gesammelt und danach fachgerecht entsorgt werden können – statt sie in den Hausmüll zu schmeißen. Aufgrund der vielen Brände sehe ich da großen Handlungsbedarf, und ich hoffe, die Politik erkennt das und reagiert endlich.“

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