Netzwerk für Bürgermeisterinnen Frauen an Verwaltungsspitzen setzen sich gegen Hetze ein

| | 26.09.2023 08:36 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Das Rathaus der Gemeinde Krummhörn in Pewsum. Die Bürgermeisterinnen einiger deutscher Kommunen haben sich zu einem Netzwerk zusammengetan. Foto: Archiv/Gemeinde Krummhörn
Das Rathaus der Gemeinde Krummhörn in Pewsum. Die Bürgermeisterinnen einiger deutscher Kommunen haben sich zu einem Netzwerk zusammengetan. Foto: Archiv/Gemeinde Krummhörn
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Einige Bürgermeisterinnen haben sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Ihr Ziel: die Position von Frauen in der Kommunalpolitik zu stärken. Was sagt Krummhörns Bürgermeisterin Hilke Looden dazu?

Krummhörn - Mehrere Bürgermeisterinnen aus Niedersachsen haben sich zu einem Frauen-Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel ist es, die Position von Frauen in der Kommunalpolitik für die Zukunft gemeinsam zu stärken. Denn immer wieder seien Frauen in der Politik Hass, Gewalt und Sexismus ausgesetzt, heißt es in einem Positionspapier.

Was und warum

Darum geht es: ein Bürgermeisterinnen-Netzwerk in Niedersachsen

Vor allem interessant für: alle, die sich für Geschlechtergleichheit und Politik interessieren

Deshalb berichten wir: Wir haben uns gefragt, ob die Bürgermeisterin der Krummhörn auch Mitglied des Netzwerks geworden ist - oder eben nicht.

Die Autorin erreichen Sie unter: h.weiden@zgo.de

Von der Gründung des Netzwerks hat auch Krummhörns Bürgermeisterin Hilke Looden (parteilos) mitbekommen. „Ich war, wie wohl alle Bürgermeisterinnen in Niedersachsen, auch zu dem Gründungstreffen eingeladen“, schreibt sie dazu auf Nachfrage. Das Gründungstreffen fand vor zwei Wochen statt, teilgenommen hat Looden daran aber nicht. „Die Frage, ob ein solches Netzwerk sinnvoll oder gar notwendig ist, kann ich für mich nicht eindeutig beantworten.“ Es sei aber alles zu begrüßen, was Frauen ermutigt, für das Amt der Bürgermeisterin und auch für andere vergleichbare Ämter zu kandidieren.

Frauenanteil zeigt Nachholbedarf

Mehr als 20 Bürgermeisterinnen waren bei der Gründung des Netzwerkes in Lüneburg dabei. Es steht nach Angaben der Organisatorinnen allen haupt- und nebenamtlichen Bürgermeisterinnen aus dem Niedersächsischen Städtetag (NST) und dem Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit offen.

Dass es wichtig ist, Frauen im Amt zu stärken, sieht auch Hilke Looden so: Das Geschlecht sollte am besten gar keine Rolle spielen, sagt sie. Andererseits sei bei dem geringen Frauenanteil in diesem Amt klar, „dass hier Nachholbedarf besteht“, erst recht vor dem Hintergrund, dass der generelle Frauenanteil in Verwaltungen sogar überdurchschnittlich hoch sei.

Viele Gründe für Problem

Konkrete Zahlen dazu, wie viele Bürgermeisterinnen es in Deutschland überhaupt gibt, findet man gar nicht so leicht. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) nennt keine, auch beim niedersächsischen Städtetag gibt es keine Auskunft. Laut DStGB dürfte die Zahl in Österreich, der Schweiz und in Deutschland aber wohl zwischen zehn und 15 Prozent liegen. Wenn man bedenkt, dass 50 Prozent der Bevölkerung weiblich ist, stellt sich (berechtigterweise) die Frage, wie und warum es zu so einer großen Differenz kommen kann. „Ich denke, dass das Problem nicht darin besteht, dass Frauen nicht gewählt würden, sondern dass sie gar nicht erst bereit sind, zu kandidieren“, schreibt Hilke Looden.

Die Wissenschaft liefert folgende Erklärungsversuche: Nach einer Studie der Non-Profit-Organisation „Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft“ dürften zum einen die nach wie vor männlichen Parteistrukturen und eingespielte Routinen bei der Gewinnung von Kandidatinnen und Kandidaten verantwortlich sein. Zum anderen werden die zeitlichen Anforderungen des Amtes genannt, welche die Vereinbarkeit der politischen Karriere mit Familie erschweren. Vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Rollenbilder stellt sich das immer noch vor allem für Frauen als Hindernis dar. Eng damit verbunden wird das fehlende Zutrauen und Interesse von Frauen selbst gesehen, denen es an weiblichen Vorbildern fehlt und in deren Lebensentwürfen das Ziel „Bürgermeister-Sein“ nicht in dem Maße wie bei Männern verankert sei.

Gegen die Diskriminierung von Frauen im Amt

Viele Bürgermeisterinnen berichten in diesem Zusammenhang von Diskriminierungen. Die Oberbürgermeisterin von Lüneburg und eine der Initiatorinnen des neuen Frauen-Netzwerks, Claudia Kalisch (Grüne), sagte dazu: „Als öffentliche Person lernt man, mit persönlichen Angriffen umzugehen. Der überparteiliche Austausch unter den Amtsträgerinnen in Niedersachsen ist dabei wichtig, um sich gegenseitig im Alltag zu stärken und für unsere Kommunen bestmöglich zu wirken.“

Bürgermeisterin Hilke Looden sagt zwar, dass sie bisher keine Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts erfahren habe. Auch mangelnde Wertschätzung begegne ihr nur selten. Sie schreibt: „Und wenn ein älterer Herr, mit einem inzwischen zum Glück überholten Rollenverständnis, mich fragt, wer jetzt meinem Mann zu Hause wohl das Essen kocht, kann ich darüber lachen.“

Mit Material der dpa.

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