Holzernte in Aurich Warum die Erntemaschine im Wald ein gutes Zeichen ist

| | 28.09.2023 16:05 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
Ernst Schaper vom Holzhandel Schaper in Sandhorst: Die Familie setzt schon in der fünften Generation auf Holz aus den Wäldern „direkt vor der Haustür“. Foto: Böning
Ernst Schaper vom Holzhandel Schaper in Sandhorst: Die Familie setzt schon in der fünften Generation auf Holz aus den Wäldern „direkt vor der Haustür“. Foto: Böning
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Erholungssuchende reagieren oft irritiert auf die Holzernte im Wald vor der eigenen Haustür. Doch es gibt gute Gründe, gerade dort Holz zu schlagen. Ein Förster und ein Holzhändler sagen welche.

Aurich - Revierförster Phillip Hahn steht zwischen hochgewachsenen Nadelbäumen im Wald bei Plaggenburg. Douglasie und Fichte, erklärt er mit dem Blick auf die Borke. Einige von ihnen sind mit einem umlaufenden pinken Strich markiert. Der bedeutet, wenn die große Erntemaschine das nächste Mal in der Försterei Meerhusen verfügbar ist, werden diese Bäume gefällt.

Was und warum

Darum geht es: Der Wald ist Holzlieferant, dient der Erholung der Menschen und dem Naturschutz. Aber wie passt das alles zusammen? Teil 3: Warum gerade im Wald vor der Haustür Holz geschlagen werden sollte.

Vor allem interessant für: alle, die Holz mögen, gerne im Wald sind oder sich fragen, warum es andere tun

Deshalb berichten wir: Immer wieder landen Leserzuschriften in der Redaktion. Einige wundern sich, warum so viel Holz im Wald liegt, aber das Brennholz knapp ist. Andere beschweren sich, wenn die Erntemaschinen anrücken. Die Redaktion hat nachgefragt, wie der Wald alle Bedürfnisse erfüllen kann.

Die Autorin erreichen Sie unter: n.boening@zgo.de

Dann greift der Arm der Maschine weit in das Waldstück hinein. Er fasst die markierten Bäume, sägt sie kurz über dem Boden ab, entfernt die Äste und zerteilt den Stamm in gut zu lagernde Stücke. In der Erntezeit der Bäume erntet Phillip Hahn dafür oft noch etwas anderes: die irritierten Blicke der Spaziergänger.

Die Ernte im Wald vor der Haustür

Selbst wenn Holz als Brenn-, Bau- und Werkstoff beliebt und eine Einrichtung ohne Holzmöbel kaum vorstellbar ist: Die Ernte im eigenen Wald verstört noch immer viele Waldfreunde. Dabei gehe es bei der nachhaltigen Waldwirtschaft eigentlich nicht so sehr darum, wie ein Baum geerntet wird, sondern vielmehr, wie er und der ihn umgebende Wald leben, findet Hahn.

Revierförster Phillip Hahn markiert einen Nadelbaum für die Holzernte. Nur wenn einer dick genug ist, wird er entnommen. Einen Kahlschlag gibt es so nicht mehr. Foto: Böning
Revierförster Phillip Hahn markiert einen Nadelbaum für die Holzernte. Nur wenn einer dick genug ist, wird er entnommen. Einen Kahlschlag gibt es so nicht mehr. Foto: Böning

Um zu zeigen, was er damit meint, hat Hahn die Gruppe in dieses Waldstück geführt. „Hier ist zu sehen, wie Waldwirtschaft früher funktionierte“, sagt er. Die Bäume vor ihm sind alle etwa gleich alt, darunter wachsen keine jungen Bäume nach und man kann weit gucken. Strukturarm nennt es Hahn. In den Augen der modernen Waldwirtschaft muss sich auf dieser Fläche dringend etwas ändern.

Der Wald der Zukunft ist artenreicher

Laubbäume dazwischen wären gut, vielleicht Buche, sagt Hahn. Artenvielfalt ist das Credo, das im Selbstverpflichtungsprogramm zur „Langfristigen Ökologischen Waldentwicklung“ (LÖWE) bei den Landesforsten festgeschrieben ist. Die Ökosysteme samt der Tier- und Pflanzenarten sollen vielfältiger werden – auch die Zahl der unterschiedlichen Baumarten.

Von Hahn sind in diesem Bestand die Bäume mit pinker Sprühfarbe markiert worden, die Zielstärke erreicht haben – also einen gewissen Umfang auf Brusthöhe. Auf diese Weise werden künftig Bäume nur noch einzeln oder in Gruppen gefällt. Kahlschlag und Wiederanpflanzen sollen der Vergangenheit angehören. Was zusätzlich gilt: „Wir müssen bei der Menge an Holz, die wir aus dem Wald nehmen, immer unter der Menge bleiben, die nachwächst“, sagt Hahn. Das gilt auch, wenn mal wieder ein Sturm Bäume entwurzelt. „Unser Waldbestand nimmt also immer mehr zu“, sagt Hahn.

Die Bäume wachsen von alleine nach

Hahn nickt in Richtung eines zierlichen Eichenstamms, der wacker unter den Nadelbäumen die Stellung hält. „Daran sehe ich, dass es auch meinem Vorgänger wichtig war, Laubbäume in diesen Bestand zu bringen“, sagt er. Dem Förster bleibt die Aufgabe, für die lichtliebende Eiche gute Bedingungen zu schaffen.

Weiter hinten hat ein Sturm vor Jahren einige Fichten entwurzelt. Kaum erreichte Licht den Boden, legte der Baumnachwuchs los. „Wenn darunter Bäume sind, die wir weiterentwickeln wollen, würde ich ihnen mehr Raum geben und andere dafür aus dem Bestand nehmen“, sagt Hahn. Anpflanzen war gestern – Hahn setzt lieber auf die Kraft der Natur, denn oft erobern sich die Bäume ihren Platz selbst zurück. Hahn ist dafür da, ihnen zum Wachsen gute Bedingungen zu bieten.

Vögel helfen bei der Saat

Auch neue Baumarten, die den Weg nicht von alleine herfinden würden, könnten es mithilfe der Natur schaffen. „Ich würde auf der Windwurffläche gerne eine Hähersaat mit Roteiche probieren“, sagt Phillip Hahn. Der robuste Klima-Baum ist bisher kaum im Wald vertreten. Das möchte Hahn ändern. Dazu würde er in einem Mastjahr, in dem Eichen besonders viele Früchte tragen, auf einer dafür ausgewiesenen Fläche die Eicheln sammeln, sie auf der Windwurffläche auslegen und dem Eichelhäher die restliche Arbeit überlassen.

„Der Vogel legt sich Reserven an und vergräbt die Eicheln im Boden“, sagt Phillip Hahn. Nicht alle werden wiedergefunden und die nächste Baumgeneration kann wachsen. „Ein wenig experimentell“, sagt Hahn, „aber Roteiche gibt es in diesem Wald bisher kaum und es wäre eine günstige und schöne Methode, das zu ändern.“

Ein Blick in die Zukunft

In der Waldwirtschaft tue sich gerade sehr viel, sagt Hahn. In einem Wald sei das nur nicht von einem Tag auf den anderen sichtbar. Anders als in der Landwirtschaft müsse er als Förster nicht nur die nächsten Jahre betrachten, sondern Jahrzehnte oder Jahrhunderte. „Wenn ich jetzt einen Bestand plane, überlege ich, was die Menschen dann brauchen, wenn die Bäume bereit zur Ernte sind. Hahn muss in die Zukunft gucken – in eine etwa 100 Jahre entfernte.

Seit Jahren ändere sich die Waldwirtschaft in Deutschland. „Statt einförmiger Baumbestände geht es immer mehr in Richtung Dauerwald“, sagt Hahn. Das ist das Gegenteil des aufgeräumten Waldes, wie dem, in dem Hahn jetzt steht. In einem Dauerwald stehen Bäume jedes Alters. Werden die Großen gezielt entnommen, steht die nächste Generation schon bereit.

Holzhändler kauft lieber lokal

Bei den Abnehmern aus der Region kommt das gut an. „Wir kaufen unser Holz am liebsten direkt vor der Haustür“, sagt Ernst Schaper vom gleichnamigen Holzhandel in Aurich-Sandhorst. Er sei Kunde bei allen Forsten der Region. Zum einen wisse man, dass die Bäume aus vitalen Wäldern kommen, die nachhaltig bewirtschaftet werden. Zum anderen seien die Transportwege kurz – ein weiteres Plus für die Umwelt. „Es ist unglaublich, wie vielfältig das Holzangebot aus unseren Wäldern ist“, sagt Schaper. Nutzen kann er alle Arten – ob für Brennholz, Möbel, Spielgeräte oder Dekoration. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. Wichtig sei trotzdem, darauf zu achten, dass die Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden. „Das ist nicht überall so.“

Genutzt werden auch vom Borkenkäfer befallene Bäume. „Solches Holz wird mit Wärme behandelt und kann dann bedenkenlos als Brennholz verwendet werden“, erklärt Schaper. Seine Familie nutze selbst sogar das Holzmehl und die Sägespäne zum Heizen der eigenen vier Wände und Mietwohnungen. „Schon seit mehr als 20 Jahren“, sagt Schaper. „Wer Holz oder Holzprodukte kauft, sollte genau drauf achten, woher sie kommen“, so der Holzhändler. Zu günstige Preise sollten hellhörig machen: „Eine nachhaltige Waldwirtschaft hat einfach ihren Preis.“

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