Kaninchenzüchter in Ostfriesland Wissen, wie der Hase läuft – über ein aussterbendes Hobby


Kaninchenzuchtvereine werden immer weniger. Wer sind die Menschen, die Spaß an dem Hobby haben? Zu Besuch auf einer Rassenschau in Loppersum.
Loppersum - Es ist Samstag, 12 Uhr. Jürgen Stomberg und Göke Harken sitzen bei einem Kaltgetränk im Schützenheim in Loppersum (Gemeinde Hinte). Der Raum ist herbstlich geschmückt, es gibt Kaffee und Kuchen. Die beiden Männer sind Ausstellungsleiter bei der Rassekaninchen Schau des Zuchtvereins „I 117 Loppersum“.
Was und warum
Darum geht es: das Hobby des Kaninchenzüchtens
Vor allem interessant für: alle, die vielleicht selber Kaninchen züchte und diejenigen, die sich für (besondere) Hobbys interessieren
Deshalb berichten wir: Früher Pflicht für jeden Lokaljournalisten, heute aussterbendes Hobby: Uns hat der Wandel des Hobbys Kaninchenzüchten interessieret. Die Autorin erreichen Sie unter: h.weiden@zgo.de
Im Nebenraum sind circa 100 Käfige aufgebaut. In ihnen sitzen Deutsche Riesen, Riesenschecken, Chinchilla, Alaska oder Löwenköpfchen. Die 96 Tiere der Aussteller wurden von den extra eingeladenen Preisrichtern genauestens inspiziert. Wie ist ihr Gewicht, ihre Körperform, die Fellfarbe und die Fellzeichnung? Maximal 100 Punkte können die Preisrichter dafür nach dem „Standard“ vergeben. So heißt das Regelwerk der Rassekaninchenzüchter. Für den besten Züchter gibt es eine Auszeichnung.
Zahl der Mitglieder nimmt ab
Göke Harken zeigt auf einen der Käfige. Ein „Deutscher Riese“ sitzt darin. Sein Gewicht: 9,2 Kilogramm. Das steht auf der Bewertungskarte, die am Käfig befestigt wurde. Auf ihr können die Besucherinnen und Besucher auch nachlesen, welche Punktzahl die jeweiligen Tiere bekommen haben. 97 Punkte gab es für das Riesen-Kaninchen. Das kann sich sehen lassen.

Während man damals in den Zeitungen regelmäßig über die Erfolge der Zuchtvereine lesen konnte, ist es heute eher still geworden um das Hobby. Die Vereinsmitglieder werden immer älter, Nachwuchs ist kaum in Sicht. Davon berichten auch Jürgen Stomberg und Göke Harken. Und auch nach Auskunft des Zentralverbands Deutscher Rassekaninchenzüchter nehmen die Mitgliederzahlen immer weiter ab.
Schon als Jugendlicher Kaninchen gehabt
„Wir sind mittlerweile fast die einzigen hier oben“, sagt Jürgen Stomberg. Der Loppersumer stellt an diesem Wochenende seine Großchinchillas aus. „Viele Züchter hören aus Altersgründen auf“, sagt er. Früher hätte es die Vereine fast in jedem Dorf gegeben, heute schließen sich die Züchter aus mehreren Orten zusammen.
Göke Harkens Lieblingsrasse ist eine andere. Er züchtet Alaska Kaninchen. Das sind mittelgroße, schwarze Tiere, von denen er aktuell circa 30 bei sich zu Hause hält. Einige Käfige hat er im Carport stehen, die restlichen hinter einem Unterstand im Garten. „Ich hab schon als Schulkind einmal an die 100 Kaninchen gehabt“, sagt der 66-Jährige. „Als später mein Sohn dann sieben oder acht Jahre alt war, hat er sich in Alaska Kaninchen verguckt, als ich mit ihm eine Rasseschau besucht hatte.“ Also schenkte er ihm eine Häsin und einen Rammler zu Weihnachten. Als der Sohn später andere Interessen entdeckte, blieb der Vater beim Hobby.
Tiere als Ausgleich zum Beruf
„Ich habe früher einen sehr stressigen Beruf gehabt“, sagt Göke Harken. Als Filialleiter eines Supermarkts sei er immer froh gewesen, in der Beschäftigung mit den Tieren seinen Ausgleich zu finden. „Nach Feierabend ging es für eine Stunde in den Stall. Die Tiere sind unglaublich ruhig“, sagt der Rentner. Sie hätten ihm geholfen, nach der Arbeit abzuschalten und runterzukommen.

Aber: „Manchmal fragt man sich schon, warum macht man das“, sagt Harke. Die Tiere müssen täglich gefüttert, die Käfige alle zehn bis 14 Tage gesäubert werden. Das kostet nicht nur Zeit und Mühe, sondern auch Geld. Ein Grund, dass viele das Hobby aufgeben. Den eigenen Zuchterfolg dann aber bei den Schauen ausstellen zu können, sei da eine Art Wiedergutmachung. Wenn es sogar einen Preis gibt, noch besser.
Manche Tiere landen Weihnachten auf dem Teller
Auf den Schauen sind nur die Tiere zu sehen, die die bestmögliche Aussicht auf einen Preis haben. Hat ein eigentlich schwarzes Kaninchen etwa einen weißen Fleck im Fell, würde es dafür nicht in Frage kommen. Da bekäme es die Bezeichnung „NB“ - also „Nicht befriedigend“. Stattdessen landen diese Tiere wohl eher Weihnachten auf dem Teller, sagt Jürgen Stomberg augenzwinkernd.
Immer wieder haben Kaninchenzüchter auch mit Kritik von Tierschützern zu tun. Dem stellen sich die beiden Ausstellungsleiter klar entgegen: „Wir wollen unsere Tiere ja nicht quälen“, sagt Stomberg. Die Züchter achteten auf tiergerechte Haltung. Viele sagen aber auch, dass sie sich den Stress gar nicht erst antun wollen.
Für Jürgen Stomberg und Göke Harken kommt die Aufgabe ihres Hobbys erst einmal nicht in Frage: „Wenn man sein Leben lang Kaninchen hatte, dann bleibt man dabei“, sagt Stomberg. Und auch, wenn die Mitglieder in ihrem Verein immer weniger werden, wollen sie an ihrem besonderen Hobby festhalten, so lange es eben geht. Die Vorbereitungen für die nächste große Schau laufen auch schon: denn neben den Orts-, Kreis- und Landesschauen, gibt es auch Kaninchenrasseschauen auf Bundesebene. Dieses Jahr wollen Jürgen Stomberg und Göke Harken ihr Glück mit ihren Rammlern und Häsinnen vielleicht noch einmal in Leipzig probieren.
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