Magische Momente in Kita oder Klinik Ihre Puppen zaubern nicht nur Kindern ein Lächeln ins Gesicht
Eigentlich wollte Melanie Runde nur einen Kindergeburtstag etwas aufpeppen. Dann kam eins zum anderen: Bauchreden, Theaterpädagogik, Clownerie – und Hospizbegleitung. Wie passt das zusammen?
Jackstede - Melanie Runde hat eine Mission: „Es ist egal, wo ich bin. Das Wichtigste ist, dass sie lachen.“ Sie zaubert, redet mit Plüschraben – die ihr dann sogar antworten – oder wird zum Clown. Auf dem Bürgermarkt und einem Kinderfest wie dem „Happy Day“ in Wittmund hält sie ebenso die Aufmerksamkeit der Zuschauer bei sich wie bei einem Besuch der Uniklinik in Münster. Denn längst nicht immer kommt die 57-Jährige aus Jackstede bei Wittmund in eine so unbeschwerte Atmosphäre wie bei den Festen in Ostfriesland. Sie geht mit voller Absicht manchmal dahin, wo schwer erkrankte und auch sterbende Menschen ihr Publikum sind.
Was und warum
Darum geht es: Melanie Runde ist eine vielseitige Zauberkünstlerin, deren Herz als gelernte Erzieherin vor allem für Kinder schlägt. Mithilfe ihrer Bauchrednerpuppen verbreitet sie Freude – sogar im Krankenhaus bei unheilbar Erkrankten.
Vor allem interessant für: Familien, Anhänger magischer Unterhaltung
Deshalb berichten wir: Wer Melanie Runde auf einem der zahlreichen Stadtfeste in der Region vor einem Publikum erlebt, spürt garantiert ihre Begeisterung für das, was sie tut. Vor Kindern läuft sie zur Höchstform auf. Geplant war das so nie, sagt sie. Ihre Vita aber zeigt, wie manchmal eins zum anderen kommen kann. Die Autorin erreichen Sie unter: s.ullrich@zgo.de
Fast scheint es, als seien solch fordernde Auftritte ihr eine Herzensangelegenheit. „Es ist schon eine besondere Freude, wenn ich kranken Menschen kurz ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann“, gibt sie zu. Dreh- und Angelpunkt all ihrer Fähigkeiten aber sind Kinder: ihre eigenen und die, die sie in ihrer Rolle als Künstlerin unterhält. Sie sind ihr liebstes Publikum. „Kinder hast du schneller gefesselt“, verrät sie. „Erwachsene sind schwierig zu kriegen. Die trauen sich oft nicht, haben Angst.“ Sie fürchteten sich teilweise, sich auf die Magie einzulassen und sich einfach der Unterhaltung hinzugeben. Dennoch zaubert Runde auch für Erwachsene, dafür hat sie allerdings spezielle Programme. Die Ansprüche, die Klein und Groß an gute Zauberkunst stellen, seien nicht unter einen Magierhut zu bringen.
Kinder sind anderes Publikum
Andreas Reichert betreibt in Aurich das Zaubertheater. Er tritt vorrangig für Erwachsene auf, hat aber auch Programme für Kinder ab einem Alter von etwa sechs Jahren im Repertoire. Von August bis Oktober gab es erste Termine für die Jüngsten, demnächst will er weitere fürs Frühjahr 2024 bekanntgeben. Auch er sagt: „Kinder sind ein komplett anderes Publikum als Erwachsene.“ Sie rufen rein, wann immer sie glauben, einen Trick durchschaut zu haben, meint Reichert. Außerdem weiß er aus Erfahrung, dass Kinder gern über Erwachsene lachen: „Sie wollen, dass auch mal was schief geht.“ Die Kunststücke dürften nicht zu komplex sein. Die Texte sollten in leichter, verständlicher Sprache formuliert sein und auf Ironie verzichten. Die Programme für Kinder sind mit 30, maximal 40 Minuten deutlich kürzer, aber auch temporeicher und interaktiver. Denn: „Kinder wollen selber mitmachen.“
Maltę Rozyczka ist es darum besonders wichtig, jedes einzelne Kind im Verlauf einer seiner Auftritte selbst zum Zug kommen zu lassen. Der 15-jährige Kinderzauberer wohnt in Apen und tritt als „der große Maltini“ auf. „Ich habe schon als Kind Zaubern geliebt.“ Mit zehn Jahren habe er den ersten Zauberkoffer von der Oma bekommen. Ihm sei der unmittelbare Kontakt mit seinen kleinen Zuschauern total wichtig: „Ich mache immer auch Sachen, wo alle mitmachen können.“ Seit Anfang 2022 tritt er selbst auf, meistens vor Kindern. Für Erwachsene hat auch er ein eigenes Programm. Wie sein Mentor Reichert setzt er für Kinder ebenfalls auf simple Tricks. Für die Kleinsten dürfe es gern bunt sein und glitzern. „Der große Maltini“ versuche stets, sich verbal auf eine Ebene mit den Kindern zu begeben, sagt er. Aufgrund seines Alters falle ihm das vermutlich leichter als vielen Erwachsenen: „Ich glaube schon, dass ich da einen Vorteil habe.“
Die Puppe erwacht auf der Bühne zum Leben
Melanie Runde hat solch einen Vorteil wohl auch: Als Erzieherin kennt und versteht sie diese Zielgruppe. Ihre eigenen vier Kinder, die mittlerweile allesamt erwachsen sind, inspirierten Melanie Runde einst, sich mit dem Zaubern zu befassen. „Ich hatte zufällig eine Zaubershow gesehen“, erinnert sie sich. Eigentlich habe sie sich nur ein bisschen Programm für einen Kindergeburtstag draufschaffen wollen. Sie besorgte sich einige Tricks und begann zu üben, bevor sie sie ihren eigenen Kindern und denen in ihrer Kindertagesstätte im Sitzkreis präsentierte. Runde ist gelernte Erzieherin. Das Resultat war eindeutig: Die Jungen und Mädchen waren maximal fasziniert. Doch damit war noch längst nicht Schluss. „Dann kam die Bauchrednerei dazu“, erzählt die Zauberkünstlerin.
Den Auftakt bildete ein Workshop, in dem sie Zehra entdeckte: „Da wusste ich, das ist meine.“ Zehra ist eine Bauchrednerpuppe. Der Rabe wohnt mit Runde und seinen „Kollegen“ in einer Wohngemeinschaft in Jackstede. Neben Hund Fluse gibt es das Opossum Tecumseh, den Drachen Scrooge oder den Opa. Jede Puppe ist anders, hat einen eigenen Charakter. „Zehra ist lustig-frech. Sie zieht mich immer durch den Kakao.“ Mit der Kombination beider Illusionen – der Magie und der redenden Puppe – kam für sie zusammen, was zusammen gehört. „Das ist untrennbar miteinander verbunden. Geplant war das nie.“
Hospizbegleitung, Alpakas und Einhörner
Heute bietet sie auf ihrer Internetseite „Melis Zauberwelt“ mehr als zehn verschiedene Programme an. Ihre Puppen verleihen ihren Geschichten erst die notwendige Dynamik, von der Kinder sich gern mitreißen lassen. Melanie Runde lässt keine Zweifel daran, dass Zehra, Fluse und Co. echt sind: „In dem Moment lebt Zehra für mich. Und für die Kinder dann auch“, unterstreicht sie. „In dem Moment, wo der Bauchredner auf die Bühne geht, ist die Puppe echt.“ Zehra hatte schon viele wichtige Rollen abseits der Shows. Einer schwer erkrankten Vierjährigen erklärte sie die anstehenden Operationen im Krankenhaus. Einem anderen todkranken Kind nahm Zehra die Flugangst.
Was Melanie Runde wirklich auszeichnet, ist ihre Vielseitigkeit. In der Kita begann sie, mit Integrationskindern zu arbeiten. Der tägliche Kontakt zu teils unheilbar kranken oder schwer traumatisierten Kindern hinterließ Spuren. Sie machte eine Ausbildung zur ambulanten Hospizbegleiterin. Ihr Antrieb war die Frage: „Wie gehe ich mit sterbenden Kindern um?“ Auch tiergestützte Therapie kam hinzu: „Ich habe gesehen, was Tiere bewirken können.“ Vier Alpakas leben heute bei ihr in Jackstede, die durch ihre Ruhe bei Menschen mit Behinderungen oder Traumata oft das schaffen, woran ein Mensch scheitert. Zudem widmete sie sich der Theaterpädagogik und besuchte eine Clownsschule. Runde spielt Instrumente und knotet aus Luftballons Hunde, Schwerter oder Einhörner.
Als Erzieherin arbeitet Runde mittlerweile nicht mehr. Sie ist mobile pädagogische Mitarbeiterin, unterstützt Autisten im privaten Umfeld bei Behördengängen, Arztbesuchen und im Haushalt. Im Kindergarten ist sie dennoch weiterhin gern und oft. Sie freut sich über jedes Engagement bei den Kleinsten: „Ich liebe Kitas. Das ist wie ein Zuhause für mich.“