Nach Ratsbeschluss Fragen und Antworten zum Thema Windkraft in der Krummhörn

| | 26.03.2024 07:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
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Zwei Windräder in der Krummhörn. Im Hintergrund ist der Pilsumer Leuchtturm zu sehen. Foto: Archiv/Wagenaar
Zwei Windräder in der Krummhörn. Im Hintergrund ist der Pilsumer Leuchtturm zu sehen. Foto: Archiv/Wagenaar
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Bei Facebook wird immer wieder heiß über das Thema Windkraft in der Krummhörn diskutiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Krummhörn - Bei der Stromerzeugung in Deutschland hat im vergangenen Jahr Windkraft die Kohle als wichtigsten Energieträger abgelöst. Fast ein Drittel (31 Prozent) des in Deutschland erzeugten Stroms stammte aus Windkraft, wie das Statistische Bundesamt im März 2024 mitteilte. Die Stromeinspeisung aus Windkraft habe 2023 einen neuen Höchstwert von 139,3 Milliarden Kilowattstunden erreicht.

Unter den Artikeln zum Thema Windkraft kommen bei Facebook immer wieder Diskussionen auf - so auch unter dem Beitrag über den Krummhörner Ratsbeschluss vom 23. März 2024. Die Ratsmitglieder hatten sich in ihrer Sitzung mehrheitlich dafür ausgesprochen, dass in der Gemeinde künftig noch mehr Flächen für Windenergie ausgewiesen werden dürfen. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was besagt der Ratsbeschluss (nicht)?

Der Ratsbeschluss besagt nicht, anders als von vielen Facebook-Nutzerinnen und Nutzern angenommen, dass Verwaltung und Gemeinderat mehr Windräder bauen wollen. Er legt lediglich die Regeln dafür fest, unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen in Zukunft Windräder gebaut werden könnten. So will die Gemeinde die Entwicklung zukünftiger Windkraftprojekte steuern können. Dabei geht es etwa um die einzuhaltenden Abstände zu Wohnhäusern, Siedlungen oder Vogelschutzgebieten.

Wie steht die Gemeinde Krummhörn in Sachen Windkraft da?

Wenn man sich die gesetzlichen Vorgaben anschaut, hat die Gemeinde Krummhörn ihr Soll schon erreicht. Im Rahmen des Windenergie-an-Land-Gesetzes wurde festgelegt, welchen Beitrag jedes Bundesland leisten muss, um den Klimazielen gerecht zu werden. Das Land Niedersachsen muss demnach 2,2 Prozent der Landfläche bis Ende 2032 für Windenergie ausweisen. Dieser Wert wurde dann auf die Landkreise (Aurich: 1,2 Prozent) heruntergerechnet. In der Gemeinde Krummhörn sind bereits 2,73 Prozent der Gemeindefläche für Windkraft ausgewiesen, womit sie eigentlich keine weiteren Flächen hätte ausweisen müssen. Die meisten der fast 130 Windkraftanlagen im Gemeindegebiet stehen bei Pewsum, einige von ihnen sollen nun repowert werden.

Welches Potenzial besteht noch?

Die Gemeinde kann, wenn sie denn will, noch weitere Flächen für Windkraft ausweisen. Die Regeln dafür wurden jetzt mit dem Ratsbeschluss festgelegt. Der Entscheidung ging eine Potenzialstudie voraus, in der geschaut wurde, welche Flächen überhaupt für Windkraft geeignet wären. Dabei unterscheiden die Gutachter und Politiker zwischen sogenannten weichen (freiwilligen) und harten (gesetzlichen) Kriterien, die die Abstände der Windkraftanlagen zu zum Beispiel Wohnungen oder Vogelschutzgebieten festlegen. Der Gemeinderat hat sich dafür entschieden, bei einigen Punkten freiwillig mehr Abstand zu halten als gesetzlich vorgesehen. Sie haben sich auf zum Beispiel 750 Meter Abstand von Windkraftanlagen zu bebauten Gebieten geeinigt, der Gesetzesgeber würde lediglich 400 Meter vorsehen. Das beauftragte Planungsbüro kam unter Einberechnung der harten und weichen Kriterien in der Gemeinde Krummhörn auf eine potenzielle Bebauungsfläche von 1445 Hektar, also rund neun Prozent des Gemeindegebiets. Das heißt aber wie gesagt nicht, dass auf diesen neun Hektar tatsächlich Windräder gebaut werden.

Wie profitieren die Bürgerinnen und Bürger?

Bei Facebook war der Unmut groß darüber, dass Ostfriesland selbst von den Windrädern nicht profitiere. „Noch mehr Windkraft in Ostfriesland, damit die Bayern grünen Strom bekommen. Die sollen ihr Land selbst zupflastern“, schrieb etwa ein Nutzer. Vor der Küste liefern vor allem Offshore–Windparks Strom, der über Kabeltrassen in Richtung Süden abtransportiert wird. Das kann man auch durchaus kritisieren, zumal Bundesländer wie Bayern im Windkraftausbau im Vergleich zu Niedersachsen oft deutlich zurückliegen.

Dass Ostfriesland von der Windenergie nicht profitiere, stimmt so aber nicht. Der Ausbau der Windenergie für Kommunen in Niedersachsen kann sich nach einer Studie des Branchenverbands LEE sogar richtig lohnen. Das berichtete unter anderem die Deutsche Presseagentur. Windkraftanlagen werfen zum einen Gewerbesteuer ab und spülen so ordentlich Kapital in die Kassen der Gemeinden. Außerdem gibt es die geplante Akzeptanzabgabe, nach der Anlagenbetreiber künftig pro erzeugter Kilowattstunde Strom 0,2 Cent an die Gemeinde zahlen müssen. So soll möglichst viel Geld in der Region bleiben, in der der Strom erzeugt wird. Laut der Studie kann jedes Windrad in einer 20jährigen Lebensdauer bis zu zwei Millionen Euro in die Gemeindekassen spülen. Zum Beispiel durch Gebühren, Gewerbesteuern oder auch durch die geplante Akzeptanz-Abgabe. Auch die heimische Wirtschaft profitiere durch zum Beispiel Aufträge im Wegebau, durch den Netzanschluss oder durch Erdarbeiten. Landwirte profitierten, wenn sie ihre Flächen verpachten. Diese Punkte machen laut Studie weitere vier Millionen Euro aus, die über 20 Jahre in der Wirtschaft vor Ort bleiben könnten.

Wurden die Bürgerinnen und Bürger beteiligt?

In den Facebook-Kommentaren gab es den Vorwurf, dass die Bürgerinnen und Bürger an dem Prozess nicht beteiligt wurden, beziehungsweise, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht nach ihrer Meinung zu dem Thema befragt wurden. Auch das stimmt so nicht. Die Veranstaltungen, die es in den vergangenen Wochen und Monaten in der Krummhörn zum Thema Windkraft gab, waren stets öffentlich und jeder und jede hätte daran teilnehmen können. In den Sitzungen der Ausschüsse oder des Rats, gibt es zudem Bürgerfragestunden, wo Anwohner den gewählten Mitgliedern des Gemeinderats oder den anwesenden Gutachtern hätten Fragen stellen können.

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