Exklusiv für die WattWirtschaft Von der Notwendigkeit des Widerstands


Jeder spürt, dass die Wirtschaft vor riesigen Veränderungen steht. Beschäftigte müssen sich von Gewohnheiten trennen, verlieren vielleicht ihren Job. Das stellt Führungskräfte vor ganz neue Aufgaben.
Die Herausforderung für die Unternehmensleitung besteht bei sich abzeichnenden Veränderungen darin – meist bereits in der Phase des Erfolgs –, die Führungsmannschaft schnellstmöglich wachzurütteln und ihr das anstehende Bedrohungsszenario, die Gefährdung des Unternehmens, zu vermitteln. Dies ist anfangs schwierig: Es dauert, bis wirklich alle begriffen haben, wie ernst die Lage tatsächlich ist!
Widerstand tut Not
Veränderungen oder Transformationen sind anstrengend und – systemimmanent – immer mit Widerständen, der Wehmut nach der guten alten Zeit sowie Jammern und Klagen über die neuen Herausforderungen verbunden. Die emotionale Belastung von Mitarbeitern und Führungskräften steigt deutlich. Widerstände sind im Rahmen anstehender Veränderungen und Herausforderungen etwas ganz Natürliches. Führungskräfte, Mitarbeiter und Betriebsräte haben ein Recht darauf, Umbrüchen zunächst reserviert gegenüberzustehen. Widerstand enthält immer verschlüsselte Botschaften, die im emotionalen Bereich liegen.
Von daher ist es wichtig, angesichts der ganzen Unsicherheit mit dem Widerstand zu arbeiten – und nicht dagegen.
Über Michael Wefers
Michael Wefers zeichnet sich durch 25-jährige operative Führungsverantwortung über alle Hierarchieebenen hinweg aus, zuletzt als Vorstand bei Cewe Oldenburg. Seit 2009 ist er selbstständig und berät mittelständische Unternehmen beim Aufbau einer strategischen Führungskräfteentwicklung, insbesondere in unternehmerisch schwierigen Phasen. Überregional erfolgreich ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung zudem in der nachhaltigen Personalberatung und der ganzheitlichen Managementdiagnostik.
Veränderungsbereitschaft und Dringlichkeitsbewusstsein als notwendige Voraussetzungen
Für die Motivation der Führungsmannschaft ist es unverzichtbar, dass jede Führungskraft den zukunftssichernden Charakter der Veränderung und damit ihre Notwendigkeit erkennt und bejaht. Ist bei der einzelnen Führungskraft zu wenig Veränderungswilligkeit sowie zu wenig Dringlichkeitsbewusstsein vorhanden, wird sie ihre Komfortzone nicht verlassen. Viel schlimmer noch, sie wird nicht kraftvoll genug handeln und ihre Mitarbeiter nicht motivieren können, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen.
Dieses Dringlichkeitsbewusstsein zu wecken, hat auch der Managementforscher John P. Kotter an den Beginn seines Acht-Phasen-Modells der Veränderung gestellt. Wenn das „Gefühl von Dringlichkeit“ nicht da ist, sollte es gezielt verstärkt werden, bevor auch nur die erste Maßnahme eingeleitet wird. Es darf jedoch nicht in Angst umschlagen. Intellektuelle Aufrufe sachlicher Art allein werden wenig bewirken. Wer – für sich – kein Problem sieht, interessiert sich auch nicht für dessen Lösung.
Ein Management muss deshalb lernen: Nicht das Auftreten von Widerständen ist in der Organisation Anlass zur Beunruhigung – und das ist die gute Nachricht –, sondern das Ausbleiben von Widerstand! Das Management sollte lernen, diese Botschaften zu erkennen und die Widerstände angemessen zu behandeln. Es sollte sich also mit der Stimmung im Unternehmen auseinandersetzen und diese durch eine positive Führungskommunikation entsprechend steuern. Erst wenn das Management erkennt, dass Gefühle in ihrer Funktion und Dynamik die Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von Veränderungen sind, kann es adäquat darauf reagieren und diese Gefühle für anstehende Veränderungen nutzen.
Nur mit Druckausübung auf Widerstände zu reagieren, führt zu noch mehr Gegendruck.
Die Kraft attraktiver Zielbilder
Gerade wenn die Zeit gegen einen läuft, liegt die Lösung nicht nur darin, sich – immer wieder – mit den Widerständen und Emotionalitäten der Mitarbeiter auseinanderzusetzen und diese ständig zu „behandeln“. Als Alternative kann es auch sinnvoll sein, Widerstand erst einmal Widerstand sein zu lassen. Entscheidend für alle Veränderungen und Herausforderungen ist doch das gemeinsame Führungsverständnis, dass es bei allen Veränderungen vorrangig auf das Erreichen der neuen Ziele ankommt – auch wenn mittel- und langfristig der Erfolg des Veränderungsprozesses auf dem inneren Einverständnis der Mitarbeiter beruht; unzufriedene oder gar verbitterte Mitarbeiter können jede Veränderung torpedieren.
Was also ist zu tun? Damit das Erfordernis der Zielerreichung mit dem Erfordernis, die Mitarbeiter von der Veränderung zu überzeugen, ja zu begeistern, vereinbar wird, ist ein grundsätzlicher Perspektivwechsel erforderlich: Versteht man unter einer Veränderung die Arbeit am System (und nicht die Arbeit im System), so wird schnell klar, dass sich die Neuausrichtung nicht aus der Vergangenheit oder aus der gegenwärtigen Situation ableitet, sondern aus einem beschlossenen neuen Zukunftsbild.
Ist ein neues Zukunftsbild nicht vorhanden, fehlt den Mitarbeitern die Orientierung und vor allem der Maßstab für ihr neues Handeln.
Statt also den Versuch zu unternehmen, die auf die Vergangenheit fokussierten Gefühle und Überzeugungen von Führungskräften und Mitarbeitern zu verändern, kann es viel erfolgsversprechender sein, die Rahmenbedingungen für neues Handeln und Verhalten so zu gestalten, dass es für Mitarbeiter sinnvoll und attraktiv ist, die neuen Zielvorgaben umzusetzen. Wer sich immer nur in die Vergangenheit umdreht, wer beim Aufstieg aus dem Tal der Tränen bei jedem Schmerz die Karawane stoppt, der kommt nicht voran. Wer hingegen ein Ziel am Horizont sieht, strebt dorthin – und erträgt dafür auch Schmerzen!
Und deshalb ist es so wichtig, die Kraft des Veränderungsdrucks auf ein gemeinsames, neues und attraktives Zielbild zu richten und dieses immer wieder im Unternehmen zu kommunizieren.
Was man nicht denken kann, passiert auch nicht!
Die Formulierung neuer Zielbilder ist jedoch nicht so einfach, wie vielfach vermittelt wird. Jede Zukunft ist unsicher, die Faktenlage ist häufig schlecht. Trotz aller Unsicherheiten müssen Entscheidungen über die zukünftige Ausrichtung getroffen werden.
Beschäftigt sich eine Unternehmensleitung mit der strategischen Festlegung neuer Zukunftsbilder, kommt es ihr wahrscheinlich gelegentlich so vor, als wolle sie das Undenkbare denken – oder müsse es. Dabei behindert ausschließlich das eigene begrenzte Denken die Freiheit, sich auszumalen, wie ein Zukunftsbild aussehen könnte.
Neue Zielbilder zu formulieren, ist besonders schwierig, wenn sich Märkte verändern und im Umbruch befinden: Mengenverfall kann Folge von Missständen im Marketing/Vertrieb oder in der Produktqualität sein; oder aber Folge gravierender Marktveränderung oder eines Marktumbruchs, verursacht z. B. durch technischen Fortschritt wie in der Fotobranche oder seinerzeit in der Schallplattenindustrie.
Die daraus abzuleitenden Gegenmaßnahmen und Konsequenzen stehen sich diametral gegenüber. Im ersten Fall müsste im Marketing und Vertrieb investiert werden. Im zweiten Fall sind diese Investitionen „rausgeschmissenes“ Geld, denn es gilt vielmehr, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln. Retrospektiv betrachtet, sind immer alles klare Ziele gewesen. Tatsächlich aber ist in der aktuellen Situation manches nicht klar.
Der Beschluss erfolgreicher Maßnahmen hängt davon ab, ob eine Unternehmensleitung die derzeitige Marktsituation richtig einschätzt, den nötigen Weitblick hat und den Mut aufbringt, neue Wege zu denken und zu gehen.
•Was muss Werner von Braun gedacht haben, als ihn der amerikanische Präsident Mitte der 60er-Jahre fragte, ob er in der Lage sei, innerhalb von zwei Jahren eine Rakete zu bauen, die Menschen zum Mond befördern könne? Was hätten Sie in dieser Situation gedacht?
Werner von Braun konnte sich eine Mondlandung vorstellen – das Resultat kennen wir –, ebenso wie es für den 2012 verstorbenen Jesco von Puttkammer realistisch war, dass wir Menschen bis zum Jahr 2035 bis zum Mars fliegen werden.
•Digitale Druckmaschinen gab es bereits seit Ende der 90er-Jahre in vielen Digitaldruckereien; also schon bevor CEWE Anfang 2000 damit begann, das CEWE-Fotobuch zu entwickeln und zu produzieren.
Warum haben die digitalen Druckereien diese Maschine nicht selbst für solch ein Produkt eingesetzt? Weil es für sie unmöglich war, sich vorzustellen, ein einzelnes Buch (relativ preisgünstig) – völlig individuell für einen Kunden zusammengestellt – zu drucken. CEWE COLOR hingegen war dieses „Einser-Denken“ bestens vertraut: Es ging immer um das eine schönste Urlaubsbild des Kunden.
•So hat eine Kodak in Deutschland Insolvenz angemeldet, weil dieses Fotounternehmen, ehemals ein Synonym für Fotografie, zu lange am alten Erfolgsmodell festgehalten hat. CEWE hingegen hat sich rechtzeitig vom alten Kerngeschäft verabschiedet und in neue Wachstumsfelder investiert (wie beispielsweise in das CEWE-Fotobuch, Wanddekorationen, Fotogeschenke oder in den gewerblichen Online- und Offset-Druck) – und sich damit völlig neu erfunden.
Unsichere Phasen, in denen keiner so genau weiß, wohin die Reise geht, ist die Stunde der Kreativen, der Querdenker und aller guten F&E-Abteilungen. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie kommen mit der offenen Frage „Es könnte aber auch alles ganz anders sein?!“ und regen so zum kritisch-strategischen Diskurs an, der den Horizont des eigenen Denkens öffnet.
Über die Wefers & Coll. Unternehmerberatung GmbH & Co. KG
Die Wefers & Coll. Unternehmerberatung mit Fokus auf Führungsthemen bietet ihren Kunden drei Leistungsbereiche: die Personalberatung, die Managementdiagnostik und die Führungskräfteentwicklung. Mit fast 30 Jahren Erfahrung und besten Kenntnissen des inhabergeführten Mittelstands ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung überregional erfolgreich bei der nachhaltigen Besetzung von Führungs- und Spezialistenfunktionen. Im Bereich der Managementdiagnostik bietet Wefers & Coll. toolgestützte Hilfe bei der Auswahl von Top-Führungskräften, bei der Beförderung und Umbesetzung im Mittelmanagement, bei der Teamentwicklung, bei der Organisationsentwicklung sowie für Vertriebsaudits. In Seminaren, Webinaren und Inhouse-Trainings zur Führungskräfteentwicklung werden Mitarbeiter aller Führungsebenen gezielt auf ihre anstehenden Aufgaben vorbereitet oder individuell vereinbarte Kompetenzen trainiert – praxisnah und nachhaltig. Mehr Informationen unter: https://wefersundcoll.de/