WattWirtschaft So lernt man, mit Druck umzugehen

Michael Wefers
|
Von Michael Wefers
| 11.02.2025 09:55 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 8 Minuten
Michael Wefers Foto: Wefers & Coll
Michael Wefers Foto: Wefers & Coll
Artikel teilen:

So viel ist mal klar: 2025 wird kein einfaches Jahr. Der Druck zur Veränderung steigt und steigt. Unser Gastautor hat einige ganz einfache Tipps, damit umzugehen.

Wie kommt es, dass die einen, die Befürworter des Wandels, den Mut besitzen, die notwendigen Dinge zu entscheiden und umzusetzen – auch wenn sie, was in der Regel der Fall ist, bei den Mitarbeitern zunächst nur wenig Zustimmung erhalten? Und dass andere in derselben Situation nur das Negative sehen, den Verlust, klagend den Kopf in den Sand stecken und resignieren?

Machen sich in einem Unternehmen negatives Denken und Jammern breit, kostet dies nicht nur die persönliche Leistungsfähigkeit des Einzelnen, sondern auch die des Unternehmens. Produktivität wie auch Kreativität leiden, nur diese beiden aber schaffen neue Zukunftsbilder. Mit den eigenen (negativen) Gefühlen adäquat umgehen zu können, sich nicht von ihnen beherrschen zu lassen, sondern sie bewusst zu steuern, ist mental trainierbar.

Über Michael Wefers

Michael Wefers zeichnet sich durch 25-jährige operative Führungsverantwortung über alle Hierarchieebenen hinweg aus, zuletzt als Vorstand bei Cewe Oldenburg. Seit 2009 ist er selbstständig und berät mittelständische Unternehmen beim Aufbau einer strategischen Führungskräfteentwicklung, insbesondere in unternehmerisch schwierigen Phasen. Überregional erfolgreich ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung zudem in der nachhaltigen Personalberatung und der ganzheitlichen Managementdiagnostik.

Das Wissen um den Aufbau mentaler Stärke ist bereits vor Jahrzehnten durch Sportpsychologen für den Leistungssport entwickelt worden. Heutzutage ist es im Sport normal, wenn Sportler oder Mannschaften sagen, sie hätten ihren „Mentalcoach“ gewechselt. Langsam hält dieses Wissen aus der Sportpsychologie Einzug in die Wirtschaft, um damit auch die Führungsmannschaft emotional zu stärken.

Die gute Nachricht: Mentale Stärke und damit die eigene Resilienz sind trainierbar

Die Sportpsychologie entdeckte schon sehr früh, dass Talent und Technik nicht die allein ausschlaggebenden Faktoren für den Sieg sind. Das entscheidende Kriterium ist die mentale Stärke der Sportler, um Spitzenleistung punktgenau in der entscheidenden Wettkampfsituation abrufen zu können und sich nicht vom Wettkampfdruck beeindrucken zu lassen. Dabei geht es um Denkdisziplin, lösungsorientiertes Denken, die Steigerung der eigenen inneren Belastbarkeit und optimistisch-stärkende Einstellungen. Besonders im Sport lässt sich die Bedeutung der mentalen Stärke gut veranschaulichen:

  • Fußball: Es ist eine der wichtigsten Entscheidungen in der Mannschaft, wer im Spiel den Elfmeter übernimmt. Nicht umsonst hat der Schriftsteller Peter Handke „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ als Allegorie für einen ganzen Roman um Entscheidungen und Belastungsfähigkeit genutzt. Jeder kennt hervorragende Stürmer, die im Spiel unter widrigsten Umständen das Tor schießen. Dieselben herausragenden Stürmer versagen dann beim Elfmeterschießen, weil der Druck für sie in dieser Situation zu groß geworden ist.
  • Tennis: Ein Tennisspieler spielt ein herausragendes Match und steht nach eineinhalb Stunden vor seinem letzten Aufschlag, dem entscheidenden Matchball. Die Zuschauer rechnen damit, dass er auch diesen souverän verwandelt und siegt. Oft passiert es aber nun, dass derselbe Spieler für seinen letzten Matchball genauso lange braucht wie für die drei Sätze davor. Den letzten Ball zu verwandeln, ist für ihn eine (zu) große emotionale Herausforderung.

Wir Menschen sind nicht rein sachorientiert: Wir verknüpfen Informationen immer mit einer Emotion

Wie funktioniert nun – stark vereinfacht dargestellt – der Prozess der Informationsverarbeitung in unserem Gehirn? Zunächst einmal gilt es, zu verstehen, dass jede Wahrnehmung über unsere fünf Sinnesorgane (Hören, Sehen, Riechen, Schmecken, Fühlen) immer zu einer positiven oder negativen Emotion führt. Hier einige Beispiele, wie wir wahrgenommene Informationen, beispielsweise Gehörtes oder Gelesenes in Textgestalt, sofort mit Emotionen verbinden:

  • Steak essen: Sind Sie leidenschaftlicher Fleischesser? Dann entsteht vor Ihrem inneren Auge der gedeckte Tisch mit einem butterzarten Filetstück. Das Wasser läuft Ihnen bereits im Munde zusammen. Sind Sie hingegen überzeugter Veganer, empfinden Sie sehr wahrscheinlich Ekel allein bei der Vorstellung, dieses Fleisch sehen zu müssen.
  • Segeln gehen: Als Segler geraten Sie sofort ins Schwärmen. Sie denken an die herausfordernde Halse, an die Wellengischt, an den schönen Abend im Hafen bei Sonnenuntergang. Bei einem Nichtsegler entsteht eher der Gedanke an Seekrankheit und Übelkeit sowie die Angst vorm Kentern.
  • Ihre Firma: Auch wenn Sie den Namen Ihrer Firma hören, verbinden Sie diesen sofort mit einer positiven oder negativen Emotion. Wenn ich Gruppen in Führungstrainings kennenlernen möchte, stelle ich anfangs gern die Frage: „Welche Stärken und Schwächen hat Ihre Firma?“ Auffällig ist, dass regelmäßig mit den Schwächen begonnen wird und zwei Flipcharts mit negativen Punkten schnell gefüllt sind. Hingegen fällt es bei den Stärken oftmals schwer, mehr als ein halbes Blatt zu füllen.

Haben wir zu einem Thema erst einmal eine gefühlsmäßige – positive oder negative – Meinung gefasst, schaffen wir uns eine entsprechende Umgebung, die diese dann immer wieder bestätigt. So ist es oft dieselbe Gruppe von Mitarbeitern, die gemeinsam zur Kaffeepause geht und sich über dieselben Themen beklagt. Und haben wir mal jemanden in eine Schublade gesteckt, hat die Person es schwer, dort wieder herauszukommen.

Mentale Stärke als Voraussetzung für die Bestleistung einer Führungsmannschaft – negative Emotionen haben nur Nachteile

Gedanken, Emotionen und Physis sind eng miteinander verbunden. Aus der Stressforschung ist bekannt, dass negatives Denken negative Gefühle auslöst und diese die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit eines Menschen signifikant schwächen, ihn sogar krank machen können. Sportler kennen es am allerbesten: Hadern, Zweifel, Ängste kosten sie notwendige körperliche Kraft im Wettkampf – und damit möglicherweise den Sieg.

Nachteil 1: Negative Gedanken schwächen unsere körperliche Leistungskraft

Wie stark unser Denken direkten Einfluss auf unseren Körper hat, können Sie an einem einfachen Beispiel überprüfen: Sie müssen sich nur in Gedanken vorstellen, frisch gepressten Zitronensaft zu trinken. Schon während Sie dies lesen, spüren Sie, wie sich Ihr Mund zusammenzieht.

Diese Ursachenkette ist heute medizinisch messbar: Nachgewiesen wird der körperliche Kraftverlust durch den sogenannten (Delta-)Muskeltest. Negatives und ebenso positives Denken wirkt in 3/1.000 Sekunden auf unsere körperliche Leistungsfähigkeit. Gemessen wird die Stärke der Armmuskulatur und der Lateralflexion. Im ersten Durchgang wird der Testteilnehmer gebeten, möglichst an nichts zu denken. Dann drückt das Testgerät seinen ausgestreckten Arm herunter; das Messgerät zeichnet seine Kraft auf. Im zweiten Durchgang soll der Proband an ein besonders negatives Erlebnis denken: In aller Regel sinkt seine ursprüngliche körperliche Kraft um etwa 20 %. Im dritten Durchlauf soll er sich an einen besonderen Erfolg erinnern: In der Regel steigert sich die ursprünglich gemessene Muskelkraft um mindestens 20 %. Positives oder negatives Denken kann damit die Leistungskraft eines Teams oder einer Führungsmannschaft um durchschnittlich 40 % beeinflussen!

Nachteil 2: Negatives Denken schadet unserer Gesundheit

In der Stressforschung wurde nachgewiesen, dass dauerhaft negatives Denken auch unsere Gesundheit beeinflusst. Unser Körper reagiert auf jede Form von negativem Denken wie Stress, Ärger, Probleme oder Kritik:

  • Wir bekommen plötzlich Herzklopfen, wenn wir uns vor etwas fürchten.
  • Wir bekommen einen Schweißausbruch oder feuchte Hände, wenn wir aufgrund einer besonderen Situation aufgeregt und nervös sind.
  • Es schlägt uns auf den Magen, wenn uns ein Thema nicht schmeckt.
  • Es geht uns ans Herz, wenn uns ein Thema besonders nahegeht.
  • Bei anhaltender psychischer Belastung kann es sogar zu längerfristigen organischen Schäden kommen, in der Medizin als psychosomatische Erkrankung bezeichnet, etwa mit: erhöhtem Blutdruck, Herzrhythmusstörungen, Stresszucker, Verspannungen im Nacken oder der Rückenmuskulatur, Allergien, Essstörungen, Ohrgeräuschen (Tinnitus).

Warum Menschen in ähnlichen Situationen mit unterschiedlichen körperlichen Symptomen reagieren, ist bislang nicht geklärt. Nachgewiesen ist aber, dass sich die Leiden unserer Psyche mit der Zeit zu einer anatomisch erkennbaren Krankheit weiterentwickeln können.

Damit ist das Training mentaler Stärke auch aktiver Gesundheitsschutz für Mitarbeiter und Führungskräfte!

Nachteil 3: Negative Gedanken schwächen unsere Denkleistung

Der Stresslevel wirkt sich nicht nur auf unsere körperliche Fitness aus. Auch unsere geistige Leistungsfähigkeit leidet, je mehr Stress wir haben – im Extremfall bis zum völligen gedanklichen Versagen. Denken Sie nur an den Blackout in einer Prüfungssituation. Aber auch in Verhandlungsmarathons kann es zu geistigen „Ausfallerscheinungen“ kommen: Jeder Verhandlungsführer kennt die Situation, dass ihm nach Abschluss der Verhandlung die entscheidenden zwei Argumente einfallen, die er trotz aller guten Vorbereitung in der Verhandlung selbst – unter Druck geraten – vergessen hat. Kennen Sie den Satz: „Warum habe ich das eben nicht so gesagt?!“?

Ein Beispiel vom Markt: das Ritual der Einkäufer

Noch vor Jahren begannen die Jahresgespräche der Einkäufer oftmals mit dem gleichen Ritual: Sie erklärten zunächst in längeren Ausführungen dem Vertriebsmitarbeiter, was alles in den letzten Monaten in der Zusammenarbeit schiefgelaufen sei, wodurch eine dauerhafte Zusammenarbeit in der Zukunft gefährdet sein könnte, ja dass man sogar über die Kündigung nachdenke. Auf diese Art und Weise wurde der Vertriebsmitarbeiter mental so heruntergezogen, dass er nicht mehr die Kraft hatte, für die geplante Preiserhöhung zu kämpfen. Stattdessen endeten diese Gespräche oftmals mit einer Preissenkung. Darauf können Verkäufer mental vorbereitet werden!

Wir haben die Freiheit unserer Sichtweise auf diese Welt: Sehen wir nur die Risiken – oder auch die Chancen? Je nach unserer von uns selbst gewählten Perspektive bewerten wir eine Situation als belastend oder als herausfordernd.

Alles nur Zweckoptimismus? Dass in der Realität das Wasserglas halb voll und zugleich halb leer ist, lässt sich nicht bestreiten. Wie wir hingegen die Dinge interpretieren, ist unsere ganz persönliche Entscheidung. Optimisten und Pessimisten haben gemeinsam, dass sie die Welt einseitig sehen. Im Regelfall ist allerdings der Optimist glücklicher und lebt auch gesünder. Bleiben Sie also gelassen und zuversichtlich, wie der Kapitän im Sturm. Und das können Sie trainieren!

Über die Wefers & Coll. Unternehmerberatung GmbH & Co. KG

Die Wefers & Coll. Unternehmerberatung mit Fokus auf Führungsthemen bietet ihren Kunden drei Leistungsbereiche: die Personalberatung, die Managementdiagnostik und die Führungskräfteentwicklung. Mit fast 30 Jahren Erfahrung und besten Kenntnissen des inhabergeführten Mittelstands ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung überregional erfolgreich bei der nachhaltigen Besetzung von Führungs- und Spezialistenfunktionen. Im Bereich der Managementdiagnostik bietet Wefers & Coll. toolgestützte Hilfe bei der Auswahl von Top-Führungskräften, bei der Beförderung und Umbesetzung im Mittelmanagement, bei der Teamentwicklung, bei der Organisationsentwicklung sowie für Vertriebsaudits. In Seminaren, Webinaren und Inhouse-Trainings zur Führungskräfteentwicklung werden Mitarbeiter aller Führungsebenen gezielt auf ihre anstehenden Aufgaben vorbereitet oder individuell vereinbarte Kompetenzen trainiert – praxisnah und nachhaltig.

Mehr Informationen unter wefersundcoll.de.

Ähnliche Artikel