Gastbeitrag Die sechs Stellschrauben, um Mitarbeiter und Bürger emotional mitzunehmen

Michael Wefers
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Von Michael Wefers
| 31.03.2025 18:01 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 8 Minuten
Michael Wefers Foto: Wefers & Coll. Unternehmerberatung GmbH & Co. KG
Michael Wefers Foto: Wefers & Coll. Unternehmerberatung GmbH & Co. KG
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Mitarbeiter, oder in der Politik auch Bürger, müssen gewonnen werden. Sonst läuft nichts. Hier sind sechs Stellschrauben, an denen man drehen kann. Versuchen Sie es!

Die Ausgangssituation für Unternehmen – gleiches gilt auch für unser Land Deutschland – im heutigen Wirtschaftsleben ist für alle immer die gleiche: Unternehmerisch zu handeln und die Zukunft aktiv zu gestalten heißt, sich zu verändern. Veränderungen und Wandel gibt es jeden Tag, in jedem Unternehmensteil, jedem Geschäftsbereich, jeder Abteilung.

Dazu bedarf es zunächst einmal eines einheitlichen, attraktiven Zielbildes von der Zukunft, um sich mit voller unternehmerischer Kraft zu engagieren. Darüber hatte ich im Januar geschrieben. Und die derzeitigen Koalitionsverhandlungen in Deutschland zeigen, wie schwierig es ist, sich auf das „richtige“ Zielbild zu einigen.

Veränderungen haben immer eines gemeinsam: Im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stehen immer die Menschen, die Führungskräfte und die Mitarbeiter – oder die Bürger. Sie müssen gewonnen werden, damit Veränderungen gelingen können. Auf der Mitarbeiterebene ist eine emotionale Kulturveränderung durch sechs Stellschrauben herbeizuführen:

1) Zuversicht & Optimismus als Führungsaufgabe

Ganz am Anfang muss sich die Führungsmannschaft zunächst selbst zwei Fragen stellen: „Erkennen wir unsere Veränderungsnotwendigkeit zur Zukunftssicherung auch wirklich an?“ und „Haben wir die richtige innere Einstellung dazu?“. Nur dann ist das Management in der Lage, sich einem neuen Zielbild zu öffnen, es zu erarbeiten und es auch wirklich den Mitarbeitern zu vermitteln. Eine alte Weisheit, jedoch von vielen übersehen: Führungskräfte müssen für die neuen Aufgaben zunächst selbst brennen.

2) Mitarbeiter für Veränderungen begeistern

Bei den meisten Mitarbeitern erzeugen Veränderungen zunächst einmal Widerstände. Gleiches gilt für die Bürger. Vielleicht sagt der Verstand im Besprechungsraum Ja, aber das Gefühl sagt – beim Hinausgehen – zunächst einmal Nein. „Lohnt sich denn Leistung noch?“, „Wir geben doch schon unser Bestes!“, „Trifft es diesmal mich?“, „Wir sind doch immer die Verlierer!“, „Schon wieder eine neue Sau, die durchs Dorf getrieben wird!“ sind oft die ersten ausgesprochenen oder unausgesprochenen Gefühle von Mitarbeitern, wenn es um Veränderungen im Unternehmen geht.

Widerstand ist bei Veränderungen etwas ganz Natürliches, darüber hatte ich an dieser Stelle bereits geschrieben: Mitarbeiter haben ein Recht darauf, Umbrüchen zunächst reserviert gegenüberzustehen. Nicht das Auftreten des Widerstandes ist Anlass zur Beunruhigung, sondern dessen Ausbleiben. Widerstand enthält immer verschlüsselte Botschaften, die im emotionalen Bereich liegen.

Das Management – oder unsere Regierung – muss lernen, diese Botschaften zu erkennen und zu behandeln. Widerstand nicht zu beachten und nur Druck auszuüben, führt lediglich zu noch mehr Gegendruck. Das Management muss sich intensiv mit der Stimmung in der Belegschaft auseinandersetzen.

Die meisten Mitarbeiter sehen Veränderungen erst einmal kritisch, wenn sie angekündigt werden – so gut die Argumente hierfür auch sind. Gerade in schwierigen Zeiten ist es deshalb die Pflicht aller Führungskräfte, ihren Mitarbeitern Zuversicht, Optimismus und Vertrauen zu vermitteln. Führungskräfte müssen also befähigt werden, ihre Mitarbeiter zu überzeugen, ihnen Sicherheit zu geben und mit Zuversicht und Optimismus voranzugehen. Die Verantwortlichen müssen sich daher frühzeitig die Frage stellen, wie die dringend erforderliche Zuversicht und der Optimismus aufgebaut werden können und können hierbei auf die Sportforschung zurückgreifen. Schon vor Jahren hat sich die Sportpsychologie mit der Frage beschäftigt, warum bei gleichem Talent und gleich guter Technik der eine das Tor schießt, der andere aber – mental – versagt. Der Fußballer kennt den Satz: „Der kriegt den Ball nicht ins Tor.“

3) Wahrnehmungssteuerung auf jeden Teilerfolg

Jeder weiß es, negative Gedanken schwächen den Menschen, heute medizinisch leicht nachzuweisen. Von Blackout und Burn-out hat jeder schon einmal gehört. Es ist ein Unterschied, ob man Sätze wie „Veränderungen sind für mich eine Chance“, „Ich will dabei sein und etwas bewirken“ oder „Wir schaffen das gemeinsam“ mit einem zweiflerischen Fragezeichen oder mit einem engagierten Ausrufezeichen für sich bewertet. Der sich daraus ergebende Kraftunterschied in der Führungskraft ist signifikant und entscheidet über den Erfolg.

Menschen achten lieber zu 80 % auf Fehler, Störungen, Ärger und Probleme. Nur 20 % ihrer Wahrnehmung sind auf die schönen Dinge und die Erfolge ihres Lebens gerichtet. Dieses innere Wertesystem ist es, was darüber entscheidet, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen. Daher sollte man zum einen sämtliche negativen Gedanken stoppen, indem man bei Problemen sofort nach Lösungen sucht. Zum anderen sollte jeder seine Wahrnehmung auf das Positive ausrichten und bewusst darauf achten, was gut läuft, auf Erfolge, auf das, was man schon erreicht hat, und auf das, was man noch anstrebt. Dieser Blick weg von negativen Gedanken hin auf die positiven Eindrücke, das bisher Erreichte und eine erfolgreiche Zukunft kann man trainieren. So baut jeder Zuversicht und Optimismus selbst in schwierigsten Situationen auf.

4) Probleme – nein danke!

Gerade in Transformationsprozessen hilft es wenig, über die Vergangenheit zu sprechen. Der damit verbundene Ärger, die Trauer, schwächen die Leistungsfähigkeit, die aber auf dem höchsten Stand sein sollte. Achtet man auf die Kommunikation von Menschen, so stellt man schnell fest, dass die meisten es lieben, über Probleme zu sprechen. Gerade in Deutschland scheint dies eine besondere Versuchung zu sein. Dabei ist die Lösung das einzig Wichtige an einem Problem.

Auch hier setzen Programme zur mentalen Kompetenz gezielt ein. Führungskräfte lernen, sich im Idealfall gar nicht erst zu ärgern, sondern sofort nach einer Lösung zu suchen, getreu dem Motto: Ärgere dich nicht – sag die Lösung! Diese für viele neue Verhaltensweise setzt eine geistige Disziplin voraus und ist nicht jedem sofort gegeben. Optimisten haben es diesbezüglich leichter als Pessimisten. Von daher ist dies ein wichtiges Trainingsfeld zur Stressbewältigung im Unternehmen.

Am Beispiel des Kindes, das in einen Brunnen gefallen ist, ist dies jedem klar: Reflexartig diskutieren die meisten vergangenheitsorientiert darüber, wie dies passieren konnte und wer schuld ist. Dabei hilft dem armen Kind nur eines, nämlich die zukunftsorientierte Frage „Wie komme ich hier raus?“, also die Frage nach der Lösung.

5) Vertrauen – oft beschworen, meist unterschätzt

In Veränderungsprozessen entscheidet sich alles an einem einzigen Begriff: Vertrauen. Vertrauen entscheidet darüber, ob Mitarbeiter die Unternehmensführung – oder die Bürger die Regierung – für glaubwürdig halten und damit die Veränderungsstrategie mittragen. Vertrauen entscheidet darüber, ob die dringend erforderlichen Leistungsträger in Umbruchsituationen dem Unternehmen treu bleiben – oder zum Wettbewerb wechseln. Vertrauen entscheidet darüber, ob Führungskräfte die dringend erforderliche volle Energie in das Unternehmen einbringen. Vertrauen entscheidet auch darüber, ob Kunden und Lieferanten zu einer Marke, einem Produkt oder einer Dienstleistung stehen. Und Vertrauen entscheidet darüber, ob Banken, Anleger oder Gesellschafter bereit sind, langfristig in das Unternehmen zu investieren und ggf. Kapital nachzuschießen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Managements ist es daher, sich dieses Vertrauen zu erhalten.

6) Teilerfolge immer wieder kommunizieren

Über diese große Stellschraube habe ich genauer im Beitrag zur Krisenkommunikation geschrieben: Das Management muss regelmäßig über Teilerfolge informieren und einen Kommunikationsleitfaden entwickeln, um klare Botschaften zu vermitteln. Die Mitarbeiter sollten über Fragen wie: „Wie ist unsere Situation?“, „Was läuft schon gut?“, „Was haben wir vom Weg schon geschafft?“, „Was bedeutet das für uns in der nächsten Zeit?“ und „Wo wollen wir in Zukunft stehen?“ immer wieder motiviert werden. Kurze Abteilungsbesprechungen mit abgestimmten Inhalten sind dafür unerlässlich.

Ebenso benötigen Kunden und Lieferanten spezifische Botschaften – Botschaften der Stärke –, um Vertrauen aufzubauen und den Wandel aktiv zu unterstützen.

Veränderungen in Unternehmen und in unserer Gesellschaft sind unvermeidlich. Um die damit einhergehenden Herausforderungen erfolgreich zu meistern, sollten die emotionalen Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt des Veränderungsprozesses gestellt werden. Die beschriebenen sechs Stellschrauben – Zuversicht und Optimismus, Begeisterung für Veränderungen, Wahrnehmungssteuerung, lösungsorientierte Kommunikation, Vertrauen und die regelmäßige Kommunikation von Teilerfolgen – bieten einen klaren Rahmen, um Mitarbeiter wie auch Bürger emotional mitzunehmen. Wenn Führungskräfte diese Prinzipien verinnerlichen und aktiv umsetzen, schaffen sie nicht nur ein positives Arbeitsumfeld, sondern fördern auch eine Kultur des Wandels, der Innovation und des Engagements.

Über Michael Wefers

Michael Wefers zeichnet sich durch 25-jährige operative Führungsverantwortung über alle Hierarchieebenen hinweg aus, zuletzt als Vorstand bei Cewe Oldenburg. Seit 2009 ist er selbstständig und berät mittelständische Unternehmen beim Aufbau einer strategischen Führungskräfteentwicklung, insbesondere in unternehmerisch schwierigen Phasen. Überregional erfolgreich ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung zudem in der nachhaltigen Personalberatung und der ganzheitlichen Managementdiagnostik.

Über die Wefers & Coll. Unternehmerberatung GmbH & Co. KG

Die Wefers & Coll. Unternehmerberatung mit Fokus auf Führungsthemen bietet ihren Kunden drei Leistungsbereiche: die Personalberatung, die Managementdiagnostik und die Führungskräfteentwicklung. Mit fast 30 Jahren Erfahrung und besten Kenntnissen des inhabergeführten Mittelstands ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung überregional erfolgreich bei der nachhaltigen Besetzung von Führungs- und Spezialistenfunktionen. Im Bereich der Managementdiagnostik bietet Wefers & Coll. toolgestützte Hilfe bei der Auswahl von Top-Führungskräften, bei der Beförderung und Umbesetzung im Mittelmanagement, bei der Teamentwicklung, bei der Organisationsentwicklung sowie für Vertriebsaudits. In Seminaren, Webinaren und Inhouse-Trainings zur Führungskräfteentwicklung werden Mitarbeiter aller Führungsebenen gezielt auf ihre anstehenden Aufgaben vorbereitet oder individuell vereinbarte Kompetenzen trainiert – praxisnah und nachhaltig.

Mehr Informationen unter: https://wefersundcoll.de/

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