Ostfriesland Zwischen Himmel, Schlick und Horizont

Carsten Walker
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Von Carsten Walker
| 28.06.2025 01:00 Uhr | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Das Wattenmeer ist ein ganz besonderes Ökosystem. Fotos: Ostfriesland.travel/Anna Meurer
Das Wattenmeer ist ein ganz besonderes Ökosystem. Fotos: Ostfriesland.travel/Anna Meurer
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Das Wattenmeer: Natur, eine beeindruckende Tierwelt und das tägliche Spiel zwischen Ebbe und Flut.

Ostfriesland - Das Wattenmeer ist einzigartig. Hier kann man bis zum Horizont blicken, die salzige Luft riechen und schmecken, den Schlick unter den Füßen spüren sowie die Natur und das tägliche Schauspiel der Gezeiten erleben. Das Wattenmeer ist ein ganz besonderes Ökosystem. Es ist eine der fruchtbarsten Naturlandschaften und das größte zusammenhängende Sand- und Schlickwattsystem der Welt – über Jahrtausende von Ebbe und Flut geformt.

Nirgendwo auf der Welt hat sich unter dem Einfluss der Gezeiten eine vielfältigere Landschaft entwickelt, die sich auch heute noch immer wieder verändert. Bei Ebbe zieht sich das Wasser zurück und legt den Meeresboden frei, bei Flut wird er wieder bedeckt. So entstehen die typischen Wattflächen aus Sand und Schlick.

Im Nationalpark gibt es auch Ruhezonen.
Im Nationalpark gibt es auch Ruhezonen.

Die Gezeiten

Doch warum gibt es Ebbe und Flut? Der Mond zieht das Wasser bei Flut wie ein riesiger Magnet an. Auf der dem Mond gerade zugewandten Seite entsteht ein Wasserberg. Da sich die Erde im Laufe des Tages dreht, zieht der Wasserberg zur Küste hin. Dadurch entsteht die Flut. Später fließt das Wasser wieder von der Küste weg, es entsteht Ebbe. Auf der anderen, mondabgewandten Seite der Erde gibt es noch einen zweiten Flutberg, der durch die Fliehkraft der Erde entsteht. Zwischen zwei Hochwassern liegen etwa 12 Stunden – daher wechseln sich Ebbe und Flut zweimal am Tag ab.

Seit 1986 ist das Wattenmeer vor der niedersächsischen Nordseeküste als Nationalpark geschützt. Mit einer Fläche von rund 3.450 Quadratkilometern ist es der zweitgrößte deutsche Nationalpark. Er ist gleichzeitig UNESCO-Biosphärenreservat und seit 2009 UNESCO-Weltnaturerbe.

Wissenswertes

Ruhezonen: Wie in jedem Nationalpark gibt es auch einen Bereich in dem Tiere und Pflanzen ungestört leben können. Diese Bereiche heißen im Wattenmer Ruhezone oder Zone I. Dort brüten Vögel ungestört und Wattwürmer graben sich durch den Schlick, ohne vom Wattführer ausgebuddelt zu werden. Zum baden, segeln oder Sandburgen bauen gibt es andere Bereiche, um sich auszutoben. Eine Übersicht der Zonen sind auf den Nationalparkschildern, Infotafeln und in Flyern des Nationalparks Wattenmeer aufgeführt.

Priele sind Wasserrinnen im Wattenmeer. Durch sie fließt bei Ebbe das Wasser in die Nordsee ab und strömt bei Flut wieder herein. Je nach Strömungsstärke und Bodenfestigkeit sind Priele unterschiedlich breit und tief.

Salzwiesen – hier auf Langeoog – bilden den Übergang zwischen Meer und Land.
Salzwiesen – hier auf Langeoog – bilden den Übergang zwischen Meer und Land.

Dünen und Strand: Die Brandung spült den Sand vom Meeresboden an den Strand, der Westwind trocknet die Körner und bläst sie zu Haufen zusammen. Pflanzen wie Strandquecke und Meersend siedeln sich an, ihre Wurzeln halten den lockeren Sand fest und die Blätter fangen neuen ein. Die höchste Düne im niedersächsischen Wattenmeer steht auf Norderney und ist ganze 24 Meter hoch.

Salzwiesen: Auf der einen Seite Watt, auf der anderen Seite Deich und dazwischen Salzwiesen. Sie bilden den Übergang zwischen Meer und Land. Salzwiesen werden immer wieder vom Meerwasser überspült, dadurch siedeln sich kleine Teilchen (Sedimente) an und bilden eine Schlickschicht.

Jede Menge über Flora und Fauna des Watts ist bei einer Führung zu erfahren.
Jede Menge über Flora und Fauna des Watts ist bei einer Führung zu erfahren.

Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen

Bei einem Besuch im Nationalpark lässt sich am besten verstehen, warum das Wattenmeer so einzigartig ist. Es ist Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen und ein Naturerlebnis für Urlauber und Naturfreunde. Auf den ersten Blick wirkt der Schlick vielleicht eher karg. Aber ein genaueres Hinschauen lohnt sich, denn er steckt voller Leben. Der Wattboden offenbart einen wahren Mikrokosmos: Auf einem Quadratmeter Wattboden finden sich Zehntausende von kleinen Würmern, Krebsen, Schnecken und Muscheln. Und Millionen von Algen als wichtige Sauerstofflieferanten färben den Boden grün, gelb, gold, violett. Die unzähligen kleinen Lebewesen sind Nahrungsgrundlage für Vögel und Fische. Nicht umsonst wird das Wattenmeer als Kinderstube der Nordseefische bezeichnet. Zu den größeren Bewohnern zählen Seehunde, Kegelrobben oder auch Schweinswale.

Über das ganze Jahr hinweg gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, diesen faszinierenden Lebensraum hautnah zu erleben. Größere Meeresbewohner sind bei einer Fahrt mit einem Ausflugsschiff, in Aquarien oder in der Seehundstation zu beobachten.

Im Frühling und Herbst ist die Küste ein wahres Paradies für Vogelbeobachter.
Im Frühling und Herbst ist die Küste ein wahres Paradies für Vogelbeobachter.

Paradies für Vogelbeobachter

Im Frühling und Herbst ist die Küste ein Paradies für Vogelbeobachter. Im Wattenmeer rasten dann 10 bis 12 Millionen Zugvögel auf dem Weg in ihre Sommer- und Winterquartiere und suchen nach Nahrung im und auf dem Wattboden. Während der Zugvogeltage, die vom 11. bis 19. Oktober stattfinden, sind in der Region zahlreiche Veranstaltungen rund um den Vogelzug. Weitere Informationen zu den Angeboten gibt es im Internet auf www.zugvogeltage.de.

Bei einer Wattwanderung kann die faszinierende Tierwelt entdeckt werden.
Bei einer Wattwanderung kann die faszinierende Tierwelt entdeckt werden.

Das Watt erkunden

Der Sommer hingegen ist die beste Zeit für aktive Naturerlebnisse. Auf einer geführten Wattwanderung lässt sich diese besondere Natur intensiv erkunden, wobei man viele interessante Informationen über das Ökosystem des Weltnaturerbes erhält. Wer auf eigene Faust losgehen möchte, sollte bei seinem Wattspaziergang in der Nähe des Strands bleiben. Das Wort „Watt“ leitet sich übrigens vom altfriesischen Wortstamm „wada“ ab, was so viel bedeutet wie „durch waten passierbar“.

Mit dem Wattmobil barrierefrei ins Watt.
Mit dem Wattmobil barrierefrei ins Watt.

Auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität können das Watt entdecken. Hierfür steht ein spezielles Gefährt zur Verfügung – das Wattmobil. Es kann kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr genutzt werden. Mit seinen drei großen, glatten Rädern eignet es sich gut für Wattwanderungen, da es nicht so leicht im weichen Boden einsinkt. Die luftgefüllten Reifen verbessern die Federung und den Fahrkomfort. Das Wattmobil muss von einer Begleitperson geschoben werden.

Die beeindruckende Kulisse des Wattenmeers lässt sich auch hoch zu Ross genießen. Auf allen ostfriesischen Inseln innerhalb des Nationalparks gibt es dafür eigene Wege für Wanderer und Reiter. Diese sind durch farbige Holzpfähle gekennzeichnet: grün für Wanderwege, rot für Reitpfade.

Entlang der ostfriesischen Küste und auf den Inseln befinden sich insgesamt 14 Nationalparkhäuser. Sie vermitteln in ihren Ausstellungen Wissenswertes über das Wattenmeer und organisieren spannende Touren und Vorträge.

Informationen zum Wattenmeer, zu Wattwanderungen, den Angeboten in den Nationalparkhäusern und vieles mehr gibt es auf www.ostfriesland.travel/wattenmeer

-> Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Ostfriesland Tourismus GmbH - www.ostfriesland.travel

-> Fotos: Ostfriesland.travel / Anna Meurer