Gastbeitrag Wie man lernt, den Kampf zu lieben


Wir brauchen in den Betrieben mehr Optimisten – gerade in Krisenzeiten. Unser Gastautor Michael Wefers erklärt, wie man als Chef die Zuversicht nicht aus dem Blick verliert.
Oldenburg - Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen oder unsicheren Zeiten bedeuten mentale Stärke, heute wird oft auch von Resilienz gesprochen, und die damit verbundene Denkdisziplin einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung für das Unternehmen. Mental stark sind Unternehmen dann, wenn alle Mitarbeiter bereit sind, zu kämpfen, neue Kräfte zu mobilisieren und gemeinsam die Herausforderung auf sich zu nehmen. Mental starke Unternehmen nehmen die Herausforderung der Marktveränderung an und zeichnen sich durch Kampfgeist aus, verbunden mit Optimismus und Zuversicht. Sie entwickeln regelrecht eine Liebe zum Kampf. Den Erfolg lieben kann jeder, doch den Kampf zu lieben, erfordert emotionale Stärke. Für alle in der Organisation tätigen Menschen heißt das, die aktuelle Situation als (positiv) emotionale Herausforderung zu betrachten: „Hier können wir unsere ganz besonderen Stärken beweisen“ statt eines Schönredens der aktuell misslichen Situation oder eines Zurückweichens, Jammerns und Klagens.
Diese Lösungs- und Erfolgsorientierung sollte top-down vorgelebt und von entsprechenden Personalentwicklungsmaßnahmen flankiert werden. Unternehmen sollten deshalb frühzeitig – und idealerweise unabhängig von der Notwendigkeit von Restrukturierungsmaßnahmen – ein entsprechendes Trainingsprogramm für die Führungskräfteentwicklung auflegen. Zugleich dienen solche Trainings auch der Gesundheit der Führungskräfte, indem die emotionale Belastbarkeit gesteigert wird. Eine gesteigerte Stressresistenz beugt möglichem Burnout, gerade in Krisenzeiten oder Zeiten völliger Verunsicherung, vor. Statt dass Angst oder Wut bezüglich bedrohlicher Veränderungen Ihr Denken beherrschen, gehen Sie nach einem speziellen Führungskräftetraining konstruktiv, kreativ und mit Zuversicht an die Lösung Ihrer Herausforderungen heran.
Unternehmen und Markt: Positiv denken top-down
Beim Fotokonzern CEWE, dessen Geschicke ich über 14 Jahre mit leitete, wurden, über das Jahr verteilt, fünf aufeinander aufbauende Seminare angeboten, an denen die Führungskräfte der jeweiligen Hierarchieebene teilnahmen, beginnend jeweils mit den höchsten Führungsebenen. Externe Beobachter erleben und beschreiben auch heute noch CEWE als ein selbstbewusstes Unternehmen, das lösungsorientiert nach vorn geht und wo jeder Mitarbeiter stolz auf das Erreichte ist.
Lösungsorientierung ist Teil einer vertrauensvollen Fehlerkultur
Über den Zusammenhang zwischen individueller Denkweise und Leistungsfähigkeit habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben: Mental starke Unternehmen können eine bis zu 40 % höhere Produktivität haben als Unternehmen, in denen die Mitarbeiter mit sich hadern, Angst vor der Zukunft haben und sich in einem „Klagemodus“ befinden. In zukunftsorientierten Unternehmen sprechen die Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern (nur) über Lösungen (und nicht über die Probleme!), sie geben ihnen Kraft und Zuversicht und stärken damit das Selbstwertgefühl ihrer Mitarbeiter. Diese Art der Kommunikation setzt allerdings eine individuelle Gedanken- und Gefühlsdisziplin der Führungskräfte voraus.
Eine lösungsorientierte Kommunikationskultur hat für das gesamte Unternehmen einen unermesslich hohen Wert: Sie schafft Vertrauen untereinander. Vertrauen ist schnell zerstört, es aufzubauen, bedeutet für alle Beteiligten einen hohen menschlichen Einsatz. Dies ist besonders wichtig mit dem Blick auf Fehler: In allzu vielen Unternehmen herrscht immer noch eine repressive Fehlerkultur, in der Fehler mit Angst belegt sind: „Jetzt werde ich bestraft.“ In einer Vertrauenskultur, genauer gesagt einer vertrauensvollen Fehlerkultur, geben Mitarbeiter Fehlverläufe vertrauensvoll und angstfrei ihrem Vorgesetzten weiter und melden diese frühzeitig. So kann in einem sehr frühen Stadium, wenn noch nicht so viel passiert ist, rechtzeitig korrigierend eingegriffen werden. Die vertrauensvolle Fehlerkultur hilft allen: dem Mitarbeiter, der Führungskraft (wer schnell hilft, hilft doppelt!) und dem Unternehmen als Gesamtheit.
Eine Vertrauenskultur bedeutet im Struktur- und Prozessverständnis letztendlich auch: so viel Zentralität wie nötig, so viel Dezentralität wie möglich.
Professionelle Wahrnehmungssteuerung als Teil einer Erfolgskultur
„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.“ Das chinesische Sprichwort bringt es auf den Punkt: Zeiten des Wandels und der Veränderung sind für die einen Krisenzeiten, bei denen sie nur die Gefahren sehen, vor denen es sich zu schützen gilt. Die anderen sehen voller Optimismus die Chancen, die positive Seite, und nutzen den „Krisen-Wind“ für die anstehenden Veränderungen, auf die sie dann stolz sind. Optimismus und Stolz geben einer Organisation zusätzliche Kraft und stärken damit ihren Überlebenswillen. Aber wenn Optimismus und Erfolgsdenken gerade in Phasen der Veränderung und Unsicherheit so wichtig sind, warum ist dieses trainierbare Erfolgsdenken durch gezielte Wahrnehmungssteuerung dann nicht in allen Unternehmen eine „kommunikative Selbstverständlichkeit“?
In einer Organisation lässt sich der Grad des Erfolgsdenkens und des eigenen Stolzes mit einem einfachen Test feststellen: Man stelle zwei Flipcharts mit den Fragen „Was sind unsere Stärken?“ und „Was sind unsere Schwächen?“ auf und notiere die Antworten der Führungskräfte und Mitarbeiter. In pessimistisch-kritischen Unternehmen stürzen sich die meisten zuerst auf die Frage nach den Schwächen, und zwei Seiten eines Flipcharts sind schnell vollgeschrieben. Unternehmen mit einer Erfolgskultur beginnen mit der Beantwortung der Frage nach den Stärken. Und sie nennen mindestens so viele Stärken wie Schwächen.
Jede Erfolgskultur setzt also eine gezielte Wahrnehmungssteuerung durch eine gekonnte Kommunikation voraus, die Zuversicht und Optimismus vermittelt. Indem man den Mitarbeitern durch eine entsprechende Erfolgskommunikation immer wieder die bereits erreichten Verbesserungen, die Teilerfolge und den erreichten Neuaufbau aktiv vor Augen führt, vermittelt man ihnen diesen Stolz und das Gefühl, in vorderster Front an etwas Besonderem mitzuwirken. Und das wiederum setzt weitere Kräfte in der Organisation frei.
Optimisten sind jedoch die Ausnahme, und so manch einer sagt ihnen Realitätsverlust nach. Richtig ist, dass Optimismus und Erfolgsdenken von der Selbstüberschätzung abzugrenzen sind. Selbstüberschätzung führt zum Scheitern, weil sie realitätsblind macht. Sich selbst überschätzende Führungskräfte können keine Kritik mehr annehmen und sind für ihre Fehler blind. Sie erkennen nicht die kreative Rolle des Zweifels, der vor einem möglicherweise einseitigen und sogar sturen Zweckoptimismus bewahrt.
Bitte missverstehen Sie mich jetzt nicht! Nichts ist mir ferner, als mein Plädoyer für ein optimistisches Denken abzuschwächen. Intelligenter Optimismus aber lässt auch Zweifel zu, ohne dass dies deswegen geradewegs zum Pessimismus verführen sollte. Intelligenter Optimismus erkennt, wann bei der Zieldefinition oder bei der Erreichung des gesetzten Ziels beispielsweise Kurskorrekturen erforderlich sind. Märkte können sich so rasch ändern, dass gerade langfristig angelegte Vorhaben immer wieder der erfolgskritischen Zwischenbetrachtung bedürfen. In diesem Sinne vereinbaren kluge Unternehmen Optimismus und rasches Reagieren auf sich ändernde Umfeldfaktoren.
Über Michael Wefers
Michael Wefers ist Managementtrainer und Führungsexperte für Leistungskraft und Souveränität in schwierigsten Belastungssituationen mit 25-jähriger operativer Führungsverantwortung. Er hat die digitale Transformation der Fotoindustrie als internationaler Personalvorstand beim Marktführer CEWE mitgestaltet. Seit 2009 berät er mittelständische Unternehmen beim Aufbau einer strategischen Führungskräfteentwicklung, insbesondere in unternehmerisch schwierigen Phasen. Überregional erfolgreich ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung zudem in der nachhaltigen Personalberatung und der ganzheitlichen Managementdiagnostik.
Über die Wefers & Coll. Unternehmerberatung GmbH & Co. KG
Die Wefers & Coll. Unternehmerberatung mit Fokus auf Führungsthemen bietet ihren Kunden drei Leistungsbereiche: die Personalberatung, die Managementdiagnostik und die Führungskräfteentwicklung. Mit 30 Jahren Erfahrung und besten Kenntnissen des inhabergeführten Mittelstands ist die Wefers & Coll. Unternehmerberatung überregional erfolgreich bei der nachhaltigen Besetzung von Führungs- und Spezialistenfunktionen. Im Bereich der Managementdiagnostik bietet Wefers & Coll. toolgestützte Hilfe bei der Auswahl von Top-Führungskräften, bei der Beförderung und Umbesetzung im Mittelmanagement, bei der Teamentwicklung, bei der Organisationsentwicklung sowie für Vertriebsaudits. In Seminaren, Webinaren und Inhouse-Trainings zur Führungskräfteentwicklung werden Mitarbeiter aller Führungsebenen gezielt auf ihre anstehenden Aufgaben vorbereitet oder individuell vereinbarte Kompetenzen trainiert – praxisnah und nachhaltig.
Mehr Informationen unter: https://wefersundcoll.de/