Landesbühne für Ostfriesland Theater – von „Kein Pardon“ bis „Mephisto“

| | 07.07.2025 17:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Mit einer Inszenierung von Peter Handkes "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" beendete das Ensemble der Landesbühne (hier von links Franziska Jacobsen, Simon Ahlborn, Gregor Scheil, Sven Heiss und Elena Marieke Gester) die Spielzeit 2024/25. Foto: Volker Beinhorn
Mit einer Inszenierung von Peter Handkes "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" beendete das Ensemble der Landesbühne (hier von links Franziska Jacobsen, Simon Ahlborn, Gregor Scheil, Sven Heiss und Elena Marieke Gester) die Spielzeit 2024/25. Foto: Volker Beinhorn
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Die Landesbühne bringt einen Mix aus Dramatik, Musical und Nervenkitzel für die Spielzeit 2025/26 nach Ostfriesland. Nicht alles punktet gleichermaßen: Warum Esens Abstriche macht – und Leer nicht.

Wilhelmshaven/Ostfriesland - Das Ensemble der Landesbühne Niedersachsen-Nord hat ein Luxusproblem: Es hat nicht ein Theater, sondern 13. Die Schauspieler proben zwar ausschließlich im Stadttheater Wilhelmshaven, sind für Aufführungen jedoch regelmäßig an den insgesamt zwölf Spielorten im Nordwesten anzutreffen – an manchen häufiger als an anderen. Leer ist der einzige Spielort Ostfrieslands, an dem das Publikum in den Genuss der ganzen Vielfalt des Abendspielplans kommt.

Sie halten den kompakten Landesbühnen-Mix in Form des Spielplans in Händen (von links): Julia Keller, Sarah Helmy, Christoph Engeroff, Olaf Strieb, Britta Hollmann, Nicola Bremer und Dr. Marcel Krohn. Foto: Susanne Ullrich
Sie halten den kompakten Landesbühnen-Mix in Form des Spielplans in Händen (von links): Julia Keller, Sarah Helmy, Christoph Engeroff, Olaf Strieb, Britta Hollmann, Nicola Bremer und Dr. Marcel Krohn. Foto: Susanne Ullrich

Das ist in der neuen Spielzeit erstmals seit der Corona-Zeit wieder so, berichtet Franziska Ramm vom Fachbereich Kultur der Stadt Leer auf Nachfrage. „Wir freuen uns immer, wenn die Landesbühne nach Leer kommt.“ Mit dem Theater an der Blinke hat Leer ein Haus mit insgesamt 748 Sitzplätzen – aber ohne eigenes Ensemble. Zuletzt wurden 360 Abos verkauft, die Nachfrage beim Einzelverkauf hänge stets vom gezeigten Stück ab. Klassiker und bekannte Stücke gehen oft besser als Zeitgenössisches. Auf eine Vorauswahl wird dennoch möglichst verzichtet, erklärt Ramm. So hat der Zuschauer die Wahl.

Los geht′s mit „Kein Pardon“ in Aurich

In Emden und auch in Esens fällt die Auswahl deutlich kleiner aus: In der Regel bucht Brigitte Emken aus dem Rathaus der Samtgemeinde Esens sechs der zwölf Stücke – den Wünschen des Esenser Publikums folgend. Der Förderkreis der Theaterfreunde Esens verteilt zum Jahreswechsel bei einer der Vorstellungen Stimmzettel ans Theaterpublikum mit allen Inszenierungen der kommenden Spielzeit samt kurzen Erklärungen dazu, was die Zuschauer erwartet. Emken: „Die Leute freuen sich in der Regel darauf, mitzubestimmen.“

Das Stadttheater Wilhelmshaven ist der Stammsitz der Landesbühne. Hier probt das Ensemble und gibt einen Großteil der Vorstellungen. Foto: Landesbühne
Das Stadttheater Wilhelmshaven ist der Stammsitz der Landesbühne. Hier probt das Ensemble und gibt einen Großteil der Vorstellungen. Foto: Landesbühne

Das stark abgespeckte Theaterprogramm ist schon aus Kostengründen notwendig. Ein festes Budget macht eine Auswahl der Stücke notwendig. Es garantiere jedoch auch, dass das Publikum hinter der Wahl steht, so Emken. „Uns ist auch wichtig, dass die Landesbühne vor vollen Rängen spielt. Da spielt das Interesse eine große Rolle“, stellt sie klar. Das ist durchaus gut: Rund 200 der insgesamt 333 Plätze in der Theodor-Thomas-Halle entfallen auf Abonnenten. Die Spielzeit 2025/26 in Esens beginnt wie an allen ostfriesischen Spielorten mit „Kein Pardon“, einem Musical nach dem witzig-satirischen Filmstoff von und mit Hape Kerkeling. Los geht die neue Theatersaison Ostfrieslands am 3. September 2025 in Aurich.

Das sind die Stücke der Spielzeit 2025/26:

  • „State of the Union. Eine Ehe in zehn Sitzungen“ wirft Schlaglichter auf das Zusammenleben von Louise und Tom. Bei ihnen kriselt es gewaltig. Vor ihrem wöchentlichen Besuch des Paartherapeuten gehen sie gemeinsam in den Pub – wo die eigentliche Bewältigung stattfindet. Autor Nick Hornby schrieb unter anderem auch „About a Boy“ und „High Fidelity“. Er vereint schwarzen Humor und Popkultur.
  • Das Musical „Kein Pardon“ besticht mit Ruhrpott-Charme und einem kritischen Blick auf die Fernsehlandschaft. 1993 machte Hape Kerkeling aus der Buchvorlage von Thomas Hermanns einen Kultfilm. Hauptfigur Peter Schlönzke macht überraschend Karriere vor der Kamera – und trumpft mit Starallüren auf. „Witzischkeit kennt keine Grenzen“ und andere kultige Musikstücke lassen viel Raum für die ganz große Show.
  • Es ist der Stoff, aus dem Abenteuer sind: Der Roman „Moby Dick“ aus der Feder von Herman Melville wurde schon mehrfach verfilmt und inszeniert. Ismail heuert auf dem Walfänger von Kapitän Ahab an. Er macht Jagd auf den großen, weißen Pottwal.
    In jeder Spielzeit bringt Intendant Olaf Strieb ein Musical selbst als Regisseur auf die Bühne. Zuletzt war es „Tootsie“. Jetzt wird „Kein Pardon“ gespielt. Foto: Volker Beinhorn
    In jeder Spielzeit bringt Intendant Olaf Strieb ein Musical selbst als Regisseur auf die Bühne. Zuletzt war es „Tootsie“. Jetzt wird „Kein Pardon“ gespielt. Foto: Volker Beinhorn
  • Der Titel „Sieben Wege, Kylie Jenner zu töten“ klingt erst einmal absurd. Absolut zeitgenössisch und topmodern widmet sich Jasmine Lee-Jones in diesem Stück der Macht der sozialen Netzwerke sowie Themen wie Rassismus, kulturelle Aneignung und Geschlechterbildern. Es ist eine deutschsprachige Erstaufführung.
  • „(R)Evolution“ zeigt, wie die Menschheit künftig schon in der Petrischale optimiert werden kann. Dr. Stefan Frank, seines Zeichens Ehemann von Ricky Martin, ist ein Genspezialist, der manipuliert, wo es notwendig erscheint. Mal albern, mal zynisch kommt die Perfektion auf den Prüfstand.
  • „Nacht, Mutter“ erzählt die Geschichte von Jessie, die nach ihrer Scheidung wieder zu ihrer Mutter zieht – und beschließt, sich das Leben zu nehmen. Es ist ein ungeschönter Blick auf Suizid und eine gestörte Mutter-Tochter-Kommunikation.
  • „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist ist ein Lustspiel, das sich mit dem Thema Machtmissbrauch und den daraus resultierenden Konsequenzen befasst. Ein Richter soll über einen Fall entscheiden, in den er möglicherweise selbst verwickelt ist. Der Klassiker ist Abiturstoff im Fach Deutsch.
  • Alternde Schauspieler haben sich in „Ewig jung“ ausgerechnet ein Theater als Altersresidenz ausgesucht. Sie erobern die Bühne zurück, erzählen sich mit bissigem Humor von ihren guten Jahren und wagen Tanzeinlagen zu Pop- und Rock-Ohrwürmern.
  • Euripides‘ „Medea“ entstand vor etwa 2450 Jahren – und doch ist das Drama um Liebe, Verrat und Wut noch längst kein alter Hut. Medea verrät ihre Familie für Jason, doch der lässt sie in der Fremde sitzen. Sie will Rache.
  • Die surreale Komödie „Alles muss glänzen“ porträtiert Rebecca, deren einziger Halt ihr trautes Heim ist. Egal, was um sie herum passiert, es muss gehegt und gepflegt werden. Eine Bewältigungsstrategie, mit der sie einem absurden Endzeitszenario begegnet – in dem plötzlich ein Wal ins Haus kommt.
  • Mit „Mephisto“ schuf Klaus Mann einen Klassiker der Moderne, der zur Zeit der Machtergreifung der Nazis spielt und aufgrund seiner politischen Brisanz erst lange nach seinem Tod 1949, nämlich im Jahr 1981, veröffentlicht wurde. Zentrale Figur ist ein Schauspieler und Regisseur, der einen Pakt mit dem Teufel schließt.
  • Erneut schickt die Landesbühne mit „Tod auf dem Nil“ ein Kriminalstück von Agatha Christie ins Rennen. Ein frisch vermähltes Paar ist auf einem Raddampfer auf dem Nil unterwegs. Die Freude über seine Flitterwochen wird durch einen Mord getrübt. Es folgt Nervenkitzel pur – denn fast jeder an Bord hat ein Motiv für die Tat.
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