Selbsthilfegruppe in Großefehn Trotz Depression ein glückliches Leben

| | 31.07.2025 08:01 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Olaf Lindenlaub freut sich auf neue Gespräche in seiner Depressionsselbsthilfegruppe „Lebensumwege“. Foto: Klaus Ortgies
Olaf Lindenlaub freut sich auf neue Gespräche in seiner Depressionsselbsthilfegruppe „Lebensumwege“. Foto: Klaus Ortgies
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Olaf Lindenlaub kam erst vor Kurzem aus Thüringen nach Ostfriesland. Ganz glatt verlief sein Leben nicht. Der Redaktion erzählte er, was ihm half, trotz Depression ein glückliches Leben zu führen.

Großefehn - Seine Depression entwickelte er vermutlich in einer Zeit der extremen Überlastung, erzählt Olaf Lindenlaub (61) aus Ostgroßefehn. Damals lebte er im Raum Erfurt, erlebte die Wende mit, geriet aufgrund der zusammengebrochenen Strukturen in die Arbeitslosigkeit.

Hinweis: Im folgenden Artikel wird das Thema Depression thematisiert. Wenn Sie sich oder andere durch depressive Gedanken bedroht sehen, suchen Sie das Gespräch mit Freunden oder in der Familie. Bei drängenden Gedanken rufen Sie den Notruf 112!

Als seine Frau sich 1989 von ihm trennte, war er allein verantwortlich für die zwei Kinder und kümmerte sich zusätzlich um seine Eltern, die beide schwer erkrankt waren. Außerdem war das Geld knapp. „Dass in der Zeit eine Belastungsdepression kam, möchte ich stark befürworten“, sagt er heute. Auf seinem Weg zurück in ein glückliches Leben habe ihn vor allem der Austausch in den Selbsthilfegruppen gestärkt.

Depressionsselbsthilfe in Ostgroßefehn ab September

Zum Gespräch mit der Redaktion hat Lindenlaub die historische Schmiede Striek vorgeschlagen, denn hier will er ab dem 3. September 2025 eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Depressionen anbieten. Olaf Lindenlaub ist ein freundlicher Mann. Interessiert und offen berichtet er von seinen Erfahrungen. Er wirkt ruhig, seine Worte sind wohl gewählt – er weiß, wovon er spricht, wenn es um Selbsthilfegruppen geht.

Erst im Frühjahr 2025 kamen er und seine Frau aus Thüringen nach Ostgroßefehn – mit ihren drei Hunden, zwei Katzen und einigen Schildkröten. Umso glücklicher ist Lindenlaub, dass er die alte Schmiede für die Treffen nutzen darf. Er sei ja noch ganz neu hier, sagt er. In Thüringen leitete Lindenlaub bereits mehrere Selbsthilfegruppen und möchte nun auch Betroffene in Ostfriesland unterstützen.

Olaf Lindenlaub aus Ostgroßefehn halfen die Gespräche in Selbsthilfegruppen. Foto: Klaus Ortgies
Olaf Lindenlaub aus Ostgroßefehn halfen die Gespräche in Selbsthilfegruppen. Foto: Klaus Ortgies

Austausch auf Augenhöhe ist hilfreich

Ihm selbst haben die Treffen sehr geholfen, wie er sagt. Ärzte und Therapeuten seien natürlich wichtig. Aber: „Ganz wichtig ist der Austausch auf Augenhöhe“, sagt Lindenlaub. „Viele denken in ihrer ersten Betroffenheit, dass sie so ein bisschen wie Aliens (also: Außerirdische oder Fremde, Anm. d. Red.) in unserer Gesellschaft sind. Sie merken bei einem Besuch in der Selbsthilfegruppe aber relativ schnell, dass es viele andere Betroffene gibt, die für sich damit kämpfen und sich fragen: Wie komme ich aus der Depression wieder heraus, wie schaffe ich es zurück in ein selbstbestimmtes, glückliches Leben – trotz der Erkrankung an der Depression?“

Das Konstruktivste an so einer Gruppe sei der Erfahrungsaustausch. „Jeder bringt nicht nur seine Krankheitserfahrung mit, sondern auch seine Lebenserfahrung. Und jeder ist einen anderen Weg mit dieser Erkrankung gegangen. Erst kommt das Vernichtende der Diagnose“, erklärt er. Dann rudere man erst einmal, „fühlt sich wie ein Ertrinkender“, beschreibt er. Die Selbsthilfegruppe sei ein niedrigschwelliges Angebot, das Betroffene wahrnehmen können, „bevor man Termine bei Ärzten oder Therapeuten bekommen kann“, sagt er. Die gemeinsame Arbeit in Selbsthilfegruppen sei erfahrungsbasiert – anders als in einer Praxis.

Selbsthilfegruppe „Lebensumwege-Selbsthilfe-bei-Depressionen“

Ab dem 3. September 2025 trifft sich die neue Depressionsselbsthilfegruppe in Großefehn – immer mittwochs um 18 Uhr

Das Angebot ist kostenfrei; lediglich eine Stuhlmiete von 2 Euro pro Person ist fällig.

Ort: „Schmiede Striek“, Kanalstraße Nord 66, 26629 Großefehn

Infos vorab unter: 0152 - 22189091

Selbsthilfegruppen sind ein Geschenk

Seine Diagnose für die Depression habe er 2006 bekommen. Das habe ihn zunächst ins Chaos gestürzt. „Ich bekam die Diagnose und musste erst mal herausfinden: Was ist das überhaupt?“, erzählt er. „Ich habe dann begriffen, dass ich mein Leben, wie ich es bis dahin geführt habe, nicht so weiterleben konnte, dass die Erkrankung Änderungen eingefordert hat“, sagt er heute. In der Umsetzung dieser Änderungen sei es ihm gelungen, wieder ein glückliches und selbstbestimmtes Leben zu leben. „Es hat sich viel in meinem Leben verändert“, sagt er.

Die Arbeit in Selbsthilfegruppen sei eines der größten Geschenke, die ihm die Erkrankung gemacht habe. „Ich habe viele wunderbare Menschen kennengelernt, die durch diese Erkrankung durch Leid gereift, sehr gefestigt, sehr geerdet sind und von denen ich wieder sehr viel lernen durfte.“ So seien etwa konkrete Fragen wie „Wie komme ich mit dem Tag klar? Was mache ich, wenn ich morgens extrem müde bin? Wie schaffe ich es, mich zu positionieren: Ist das Glas halb leer oder halb voll? Sind meine Ziele realistisch gesteckt oder überfordere ich mich?“ hilfreich für ihn gewesen, auch wenn jemand anders in der Gruppe sie für sich beantwortet habe.

Hier finden Sie Hilfe

Drängende oder akute Suizidgedanken sind ein Notfall. Rufen Sie den Notruf (112) oder die Polizei (110), wenn Sie glauben, jemand befindet sich in Gefahr.

Wie gehe ich mit Suizidgedanken von Freunden oder Angehörigen um? Gespräche können helfen, neue Perspektiven zu finden. Dazu bietet die Telefonseelsorge hier eine konkrete Hilfestellung: 0800 1110111 / 0800 1110222 oder 116 123 - Tag und Nacht, anonym

Nummer gegen Kummer für Kinder- und Jugendliche: 116 111 - anonym und kostenlos vom Handy und Festnetz erreichbar

Nummer gegen Kummer für Eltern: 0800 / 11 10 550

Weitere Unterstützung bieten der Ärztliche Bereitschaftsdienst (Tel.: 116 117), die Sozialpsychiatrischen Dienste vor Ort sowie die Psychiatrischen Kliniken der Region

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