Lesermeinung Studie | Desinteresse | Zitate

Bei der OZ reden die Leserinnen und Leser mit. Hier haben wir Leserbriefe der vergangenen Tage gesammelt.
Freizeitschiffer haben keine Lobby
Typisch deutsch! Eine fünf Jahre dauernde Studie hat das festgestellt. Was ist mit unseren Flugzeugen, Kreuzfahrtschiffen und unseren Autos, die ohne Tempolimits über die Straßen fahren? Fast nur wir haben keine Tempolimits. Aber die im Verhältnis wenigen Freizeitschiffer haben eben keine Lobby. Was ist mit der gestiegenen Zahl an Wohnmobilen? Was kostet so eine Studie? Was machen die Baggerungen in Ems und Elbe? Werden dadurch keine Ufer beschädigt und die Tierwelt beeinflusst? Man muss nur die Fischer fragen. In den Niederlanden müssten ja alle Seen schon kaputt sein. Was machen die Niederländer und viele andere Nachbarn besser? Neue Gesetze und Bestimmungen wollen wir doch eigentlich reduzieren. Klappt in Deutschland nie.
Heino Jänsch
Marcardsmoor
Desinteresse statt Unterstützung
Seit Jahren engagieren wir uns mit der Aktion „Alte Kleider für neue Klassenzimmer“ in Ostfriesland, dem Wangerland, Friesland und Teilen des Emslandes. Doch unsere Sammelcontainer werden zunehmend durch Restmüll, Elektroschrott und Biomüll verunreinigt – eine Entwicklung, die unser Engagement lähmt und ökologische wie soziale Schäden verursacht. Statt Unterstützung erleben wir kommunales Desinteresse. Trotz Videoüberwachung, Hinweisschildern und Zugangskontrollen gelingt es nicht, die Fehlwürfe zu stoppen. Besonders frustrierend: Ein zuständiger Landrat äußerte sich mit den Worten „Freiwillige Sammler können jederzeit abrücken“ und „Jeder Bürger kann seine Altkleider kostenlos am Wertstoffhof entsorgen.“ Diese Haltung empfinden wir als herabwürdigend – sie ignoriert den Wert unseres gemeinnützigen Einsatzes.Wenn Container zu Müllhalden verkommen und politisch Verantwortliche dazu schweigen, ist es Zeit für einen öffentlichen Weckruf. Wir fordern Respekt und konkrete Unterstützung – durch kommunale Zusammenarbeit und eine sensibilisierte Bevölkerung. Die Kosten für die Müllentsorgung sind inzwischen so gravierend, dass die vorgesehenen 20 Prozent der Einnahmen für unsere Schulförderung nicht mehr vorhanden sind. Dabei fließen unsere Spenden ganz direkt in den Schulalltag – in Form von Schecks, Tablet-Zuschüssen und der Finanzierung moderner elektronischer Tafeln. So wird aus Altkleidern echte Bildung-sichtbar, spürbar und nachhaltig.
Kurt Rotermund
Nienburg/Weser
Stellungnahme sorgfältig lesen
Herr Prof. Dr. Manfred Spieker verweist in seinem Leserbrief auf die Stellungnahme von Frau Prof. Frauke Brosius-Gersdorf zum Gesetzentwurf für die Neuregelung bei Schwangerschaftsabbrüchen. Beim Studium dieser Stellungnahme wird man feststellen, dass es sich um eine sehr akribisch aufgearbeitete Bewertung relevanter nationaler und internationaler Gesetzestexte und der daraus resultierenden Rechtsprechung (inklusive Quellenangaben) handelt. Die von Herrn Prof. Spieker aufgeführten Zitate sind darin zwar enthalten, finden sich aber im Kontext umfangreicher und sehr differenzierter Ausführungen. Die isolierte Darstellung dieser Zitate erweckt den Eindruck, Text und Autorin bewusst diskreditieren zu wollen. Bezeichnend dafür ist beispielsweise auch die als Frage formulierte Bemerkung zum Schluss des Leserbriefes. In der genannten Stellungnahme von Frau Prof. Brosius-Gersdorf wird diese Frage explizit unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten beantwortet. Um sich eine eigene Meinung zu bilden, lohnt es sich meines Erachtens, die betreffende Stellungnahme sorgfältig zu lesen.
Frerich Ihben
Moormerland
Probleme des Geschichtsunterrichts
„Geschichtslehrer brauchen Pflicht-Fortbildung“, so lautet die Überschrift zum Interview mit dem Historiker Raphael über aktuelle Tendenzen des Geschichtsunterrichts in Deutschland, so scheint auch die Kernbotschaft des Interviews zu sein, wenn man die Antwort auf die letzte Frage liest, sinngemäß: Ein bisschen mehr Fortbildung für die Lehrer (notfalls per Zwang) und schon hat man bessere schulische Ergebnisse - vor allem gewinnt man junge Leute, die gegenüber demokratiefeindlichen Einflüssen resilient sind. Diese Sicht der Dinge führt zwangsläufig zu der Frage: Sind die Geschichtslehrer aktuell grundsätzlich zu wenig gebildet für ihre Aufgabe im Allgemeinen und für die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit Demokratiebildung im Besonderen? Die so mit diesem Interview ausgesendete Botschaft erscheint mir allzu schlicht und unpassend! Vor allem: Es steckt eine kaum gerechtfertigte optimistische Vorstellung von der Wirkung von Lehrer-Fortbildungen im Bereich geschichtlicher Bildung dahinter - Fortbildungen quasi als Allzweckwaffe für die Defizite schulischer Bildungsergebnisse! Deren Qualität - ich weiß, wovon ich spreche - entspricht oft nicht annähernd den Anforderungen, was sicherlich auch nicht wenige versierte Kollegen bestätigen können. Dabei ist Professor Raphael in seinen Beobachtungen grundsätzlich weitgehend zuzustimmen. Die Konsequenzen, die der vielleicht nicht ganz eng mit Schulfragen vertraute Historiker aus den erkannten Problemen zieht, sind allerdings zweifellhaft. Die von ihm ja zurecht angesprochene mangelhafte Ausstattung mit Unterrichtsstunden ist ein Riesenproblem, in Niedersachsen z. B. haben Schüler am Gymnasium in Klasse 7, 8 und 9 jeweils nur ein halbes Jahr Geschichtsunterricht, in einer Lebensphase also, in der das historisch-politische Bewusstsein erwacht und geformt wird, verordnet der Staat eineinhalb Jahre schulische Geschichtsabstinenz, ein Irrsinn. An Gesamtschulen kommt noch erschwerend hinzu, dass das schulformspezifische Integrationsfach Gesellschaftslehre noch weniger originären Geschichtsunterricht vorsieht. Der immer noch überfrachtete Lehrplan (ironischerweise aber Kern-Curriculum genannt) ist auch - da traut sich seit vielen Jahren kein Verantwortlicher aus dem Ministerium heran - ziemlich fern jeden Realitätssinns, wenn dort für die Mittelstufe noch immer ein mehr oder minder chronologischer und geschichtliche Orientierung verheißender Durchgang von der Steinzeit bis quasi zur Gegenwart gefordert ist, der natürlich zwangsläufig völlig bruchstückhaft bleibt und kaum nachhaltig wirkt, somit vermutlich nur geringe Effekte erzielt im Sinne einer Resilienz gegenüber historisch-politischen Manipulationen der Gegenwart. Die immer wieder zu besonderen Anlässen nicht grundlos beklagten Defizite vieler Jugendlicher und junger Erwachsener in Sachen Geschichtswissen (nicht nur zu den Themen Nazi-Herrschaft oder Holocaust, sondern auch z. B. zur DDR oder zu den bedeutenden Revolutionen) und - damit verbunden - die unzureichend entwickelte historisch-politische Urteilskompetenz sei hier nur am Rande erwähnt. Schließlich: Geschichtsunterricht von Lehrern ohne die entsprechende Lehrbefähigung erteilen zu lassen, ist an manchen Schulen auch ein Problem - dem Lehrermangel sei Dank. Kurzum: Die hier von mir skizzierten Probleme lassen nur eine doch deutlich andere Sichtweise auf die Probleme des Geschichtsunterrichts zu, als es die Überschrift des Artikels suggeriert.
Folkert Müller-Abbass
Leer