Nach Attentat Kämpferische Trauerfeier für rechten US-Aktivisten Kirk


Zur Trauerfeier für den rechten US-Aktivisten Charlie Kirk versammeln sich Zehntausende und die Elite von Trumps Republikanern. Neben Trauer gibt es viele Kampfansagen an politische Widersacher.
Die Trauerfeier für Charlie Kirk ist mehr als ein Abschied von einem prominenten rechten Aktivisten. Inszeniert wie eine Mischung aus Gottesdienst, christlichem Popkonzert und politischer Kundgebung geriet die Veranstaltung mit Zehntausenden Teilnehmern auch zu einer Machtdemonstration der Bewegung hinter US-Präsident Donald Trump - und wohl zum Katalysator für eine zunehmend kämpferische Agenda seiner Regierung.
Schon im Morgengrauen versammelten sich Tausende vor dem Stadion in Glendale im Bundesstaat Arizona, wo Kirk zuletzt mit seiner Familie gelebt hatte. In der Schlange stimmten sie „USA“-Rufe an, viele waren in Rot, Weiß oder Blau gekleidet - wie von der von ihm gegründeten Organisation Turning Point USA erbeten. Die Arena fasst bis zu 73.000 Zuschauer, zusätzlich wurde eine weitere Halle für diejenigen eingerichtet, die nicht mehr hineinkamen.
Sicherheitsvorkehrungen wie beim Superbowl
Um ins Stadion zu gelangen, mussten Besucher ausführliche Sicherheitskontrollen passieren. Zwar wären die Vorkehrungen ohnehin streng, angesichts der Umstände war die Sorge vor möglicher Gewalt aber besonders groß. Nach US-Medienberichten stufte das Heimatschutzministerium die Trauerfeier auf eine ähnliche Sicherheitsstufe wie den Superbowl oder den New-York-Marathon ein. Das Rednerpult auf der Bühne befand sich hinter dickem Panzerglas.
Am Mittag (Ortszeit) begann das Programm - mit christlicher Musik, Gebeten und Gesang. „Ihr werdet vom Who’s Who hören“, kündigte ein Pastor an. Auf der Rednerliste standen neben Kirks Witwe Erika auch Präsident Trump und Vizepräsident JD Vance. Nach Informationen mitreisender Reporter wollte Trump voraussichtlich als letzter Redner auftreten.

Zahlreiche weitere Regierungsvertreter waren dabei. Auch Tech-Milliardär Elon Musk ließ sich im Stadion blicken. Wegen der vielen Teilnehmer aus dem Weißen Haus wurden laut Reportern zwei Flugzeuge für die Anreise aus Washington benötigt.
Symbolfigur von „Make America Great Again“
Auf der Bühne erinnerten sich auch andere Weggefährten Kirks an den 31-Jährigen. Solche Beiträge sind bei Trauerfeiern in den USA üblich. Weniger üblich ist die politische Bedeutung der Veranstaltung: Mit stark religiös aufgeladener Sprache wurde Kirk nicht nur als Verstorbener, sondern auch als Symbolfigur für die Zukunft der von ihm mitgeprägten „Make America Great Again“-Bewegung dargestellt.
Der gewaltsame Tod Kirks vor laufenden Kameras hat die amerikanische Rechte tief erschüttert. Der Aktivist machte sich als Verfechter der Meinungsfreiheit einen Namen. Mit seiner Organisation Turning Point USA, die er 2012 mit 18 Jahren gründete, besuchte er Hochschulen und forderte Studierende - auch solche mit anderer politischer Haltung - zur Debatte heraus. Kritiker warfen ihm rassistische, homophobe und sexistische Ansichten vor. Bei einer solchen Veranstaltung wurde Kirk am 10. September im Bundesstaat Utah erschossen.
Ermittlungen zu Attentat laufen
Im Laufe der Jahre war Kirk zu einem der bekanntesten Gesichter der amerikanischen Rechten aufgestiegen. Über seine Plattformen, darunter auch ein erfolgreicher Podcast, erreichte er ein Millionenpublikum, vor allem junge Menschen. Im Wahlkampf half er Trump, bei ihnen populärer zu werden. Er galt als enger Vertrauter von Vizepräsident Vance; Trumps ältester Sohn Don Jr. erklärte nach dem Attentat, Kirk sei für ihn wie ein Bruder gewesen.
Kirks mutmaßlichem Mörder - einem 22-Jährigen - droht die Todesstrafe. Nach ersten Erkenntnissen handelte er allein. Über sein Motiv herrscht bislang keine abschließende Klarheit. Ermittler erklärten unter Berufung auf Angehörige und sichergestellte Textnachrichten, der junge Mann - der aus einem konservativen Elternhaus stammen soll - habe zuletzt eine linke politische Haltung eingenommen. Er war Medienberichten zufolge außerdem wohl in der Gamer-Szene aktiv. Wie genau dies sein Handeln beeinflusste, ist offen. In einer Nachricht schrieb er laut Anklage, er habe genug von Kirks „Hass“.
Im Netz verbreiteten sich nach dem Anschlag rasch Mutmaßungen über mögliche Hintergründe. Während die Trauerfeier lief, erklärte FBI-Chef Kash Patel, man gehe zahlreichen Theorien nach. Patel selbst hatte vor seiner Ernennung in Podcast-Auftritten wiederholt Verschwörungstheorien geschürt.
Sorge um Meinungsfreiheit in den USA
Trump und sein Umfeld machen die Rhetorik der „radikalen Linken“ für das Attentat verantwortlich - und blenden damit nach Ansicht von Kritikern das breitere Problem einer zunehmenden Radikalisierung im Land aus. Stattdessen, so der Vorwurf, gieße Trump mit seinen Äußerungen zusätzlich Öl ins Feuer. Im Zuge dessen wird auch heftig darüber gestritten, wie über Kirk und seinen Tod gesprochen werden darf. Beobachter warnen, das Attentat könne zu einem Hebel werden, um Opposition, Presse und kritische Stimmen einzuschränken.
„Tränen in Feuer verwandelt“
Wie eng sich Trauer, Wut, religiöse Botschaften und politische Deutung bei der Feier verbanden, zeigte sich in den Reden auf der Bühne. Manche riefen zu Liebe und Einheit auf, erzählten von persönlichen Erinnerungen an Kirk. Andere schlugen deutlich härtere Töne an und knüpften dabei teils an die „Great Replacement Theory“ an - eine in rechtsextremen Kreisen verbreitete Verschwörungserzählung, wonach Migration und gesellschaftlicher Wandel einen gezielten Austausch der weißen Mehrheitsbevölkerung herbeiführen sollen.

„Wir werden über die Mächte des Unrechts und des Bösen siegen“, sagte etwa Trumps stellvertretender Stabschef Stephen Miller und erklärte, die Tränen über Kirks Tod hätten sich in ein „Feuer“ verwandelt, das die „Feinde“ nicht verstehen könnten. Der ultrarechte Kommentator Benny Johnson rief die Menge auf, zu heiraten und Kinder zu bekommen, „damit Millionen neuer Charlie Kirks entstehen und wir unser Land retten können“.
Verschwörungstheoretiker Jack Posobiec erklärte, man werde die Linke, die Medien und die Demokraten den Namen Kirk niemals vergessen lassen. In den Geschichtsbüchern werde sein „Opfer“ als Wendepunkt erscheinen - als einer der entscheidenden Momente zur „Rettung der westlichen Zivilisation“.