Leer
Bürgermeisterin Kuhl tritt 2021 nicht mehr an

Leers Bürgermeisterin Beatrix Kuhl (CDU) wird bei der Bürgermeisterwahl 2021 nicht wieder antreten. Als Grund gibt sie Querelen mit dem Stadtrat an. Das Bedauern dort hält sich in engen Grenzen.
Leer - Beatrix Kuhl (CDU) hat die Nase voll. Sie werde sich 2021 nicht mehr als Bürgermeisterin zur Wahl stellen, teilte sie am Freitagnachmittag der Presse mit. Die Politik, also Stadtrat und Ausschüsse, suche nach Fehlern, oft nach angeblichen Verfahrensfehlern, statt Projekte in der nötigen Schnelligkeit voranzutreiben. „Die Art und Weise des Umgangs ist nicht meine und wird es auch nie sein. Projekte müssen vorangehen, Stadtentwicklung darf nicht auf der Stelle treten“, so Kuhl.
Sie habe ihr Amt unter schwierigen Bedingungen angetreten. So habe sie vieles erledigen müssen, was längst überfällig gewesen sei: der Ausbau des Logaer Wegs, der Ausbau des Hallenbades, der Ausbau der Straßen in den Gewerbegebieten, die Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete, der Neubau der Fußgängerzone oder die Sanierung des städtischen Wohnungsbestands. Sie sei auf einen großen Investitionsstau gestoßen, der von Spielplätzen über Schulgebäude, Bummert bis hin zu bezahlbarem Wohnbau gereicht habe. Trotzdem „haben wir eine absolut positive Entwicklung in Leer“, so Kuhl. Die Entscheidung, nicht wieder zu kandidieren, habe sie sich nicht leicht gemacht. „Bis zum letzten Arbeitstag werde ich mit Leidenschaft Bürgermeisterin sein und mich für die Stadt Leer einsetzen.
CDU-Stadtverband offenbar überrascht
Mit ihrer Ankündigung überraschte Kuhl offenbar den Stadtverband der CDU. Aktuell stehe die schwierige Situation im Vordergrund, in die das Coronavirus Leer und ganz Deutschland bringe, schreibt der Vorsitzende Ulf-Fabian Heinrichsdorff. Menschen bangten um ihre Existenz, um ihre Gesundheit oder gar um ihr Leben. „Darauf haben wir uns jetzt zu konzentrieren. Alles andere hat Zeit. Mit allem anderen befassen wir uns später.“
Deutliche Freude ist bei Heinz Dieter Schmidt, dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Stadtrat zu hören. Die Politik suche nicht nach Fehlern, „Frau Kuhl wirft sie uns quasi vor die Füße“, sagt er. „Sie hat jetzt wohl erkannt, dass sie fachlich nicht in der Lage ist, eine solche Behörde zu leiten, und das ist gut so“, sagt er.
„Eine solche Mitteilung zur Unzeit lässt schon tief blicken“
Erleichterung klingt bei Bruno Schachner, Vorsitzender der Fraktion der Grünen durch. „Es war für jeden erkennbar, dass es keine gute Zusammenarbeit zwischen der Bürgermeisterin und den Fraktionen gegeben hat“, sagt er. Den Vorwurf, bewusst nach Fehlern gesucht zu haben, weist er zurück. „Wir haben immer versucht, im Sinne der Stadt gute Lösungen zu finden.“
„Im Moment sollte es eigentlich wichtigere Themen geben“, sagt Michael Runden, Fraktionsvorsitzender der AWG. „Eine solche Mitteilung zur Unzeit lässt schon tief blicken.“ Wie auch die Tatsache, dass Kuhl die Schuld alleine bei der Politik suche. „Ein neuer Bürgermeister ist eine neue Chance für die Stadt“, so Runden. Auch Kuhl betont, dass aktuell die „unerträgliche Situation wegen des Corona-Virus“ aktuell im Vordergrund stehe. „Aber es war mir wichtig, mit angemessener Vorlaufzeit dies bekanntzugeben.“
Einen Kandidaten gibt es bereits
Ursula Stevens-Kimpell (Linke) hofft, dass es nach Kuhls Ausscheiden weniger Streitigkeiten mit dem Stadtrat geben werde. Die Bürgermeisterin habe ihre Stärken in der Repräsentation und habe den Bürgern ein Bild von Leer als freundliche Stadt gezeigt. Im Umgang mit der Politik habe es aber Defizite gegeben. „Sie hat erkannt, dass sie als Verwaltungschefin überfordert ist.“, sagt Ferhat Özdemir (CDL). Nicht nur mit dem Rat, sondern innerhalb des Rathauses habe es immer wieder Unstimmigkeiten gegeben. „Konsequent wäre, wenn sie sofort zurücktritt.“ Sven Dirksen (FDP) dagegen hat Verständnis für die Entscheidung Kuhls. Es sei richtig, dass ihr aus den Fraktionen das Leben schwer gemacht worden sei. „Die Bürgermeisterin hat die Situation richtig beschrieben.“ Jörg Betz (BFL) war am Freitag nicht erreichbar.
Als Bürgermeisterkandidat hat sich schon der aktuelle Stadtwerke-Vorstand Claus-Peter Horst in Stellung gebracht. „Er könne sich vorstellen, dass die SPD ihn unterstützen werde, sagte Heinz Dieter Schmidt, ohne dem notwendigen Mitgliederentscheid vorgreifen zu wollen. „Die Reaktionen, die ich aus den Ortsvereinen gehört habe, nachdem Horst sich dort vorgestellt hat, waren allesamt positiv“, so Schmidt.