Frau am Freitag

Eine Frau wie Rock‘n‘Roll

| 14.08.2020 08:55 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Ja, das ist eine Liebeserklärung. Eine von der Sorte, die es nicht oft gibt. Damit kommt die Frau am Freitag aus der Deckung. Gefühle! Wen interessieren schon Gefühle? Der Anlass ist da, jetzt wage ich es. Iris Berben hatte am Mittwoch Geburtstag. Das Alter wird an dieser Stelle bewusst unterschlagen. Es ist belanglos.

Nur so viel sei verraten: Die Schauspielerin hat genullt. Hommagen in allen großen und kleinen Zeitungen. „Sie ist purer Rock’n’Roll“, schrieb die FAZ – und das hat der Frau am Freitag besonders gut gefallen.

Der Satz bringt auf den Punkt, was diese Künstlerin so großartig macht: der Rhythmus vom freien, leichten, unkonventionellen Leben. Nicht zu fragen, ob etwas jetzt passt, sondern seinem Gefühl zu folgen. Es wird schon richtig sein. Dieses Selbstbewusstsein hat Iris Berben immer ausgestrahlt. Und dabei den Spagat vollbracht, nicht arrogant zu wirken. Bei ihr ist keine Spur von hochmütigem Stargehabe zu spüren. Rock ’n’ Roll eben, der Pulsschlag des harten Beat und der treibenden Basslinie. Das geht ab!

Coole Ermittlerin

Die Zielrichtung war für Iris Berben immer klar: sich nur nicht in ein System einordnen lassen. Mal brillierte sie als coole Ermittlerin in „Rosa Roth“, dann gab sie eine unnahbare Frauenfigur in den „Buddenbrooks“ oder eine alberne Tausendsassatante in „Sketchup“ neben Diether Krebs.

Klar, kann man sagen: Die Wandlungsfähigkeit gehört zum Beruf. In dieser Vielseitigkeit ist sie aber außergewöhnlich. Das gilt auch für das gesellschaftliche Engagement von Iris Berben, egal ob als Präsidentin der Akademie des Deutschen Films oder als Fürsprecherin von Israel.

Diese Liebeserklärung ist aber auch überschattet von Wehmut. Die Frau am Freitag hat das Gefühl, dass Charakterfrauen wie Iris Berben immer seltener werden. Es herrscht das stromlinienförmige Anpassungsprinzip vor. Warum? Weil viele Frauen es allen recht machen wollen. Dem Mann, den Kindern, den Kollegen. Und am Ende sind sie so erschöpft, dass sie sich selbst abhanden kommen. Rock ’n’ Roll, der Schwung der Protestkultur, verklingt für immer. Charismatische Frauen sind kaum noch zu erkennen – und das liegt aktuell nicht am Mundschutz. Deshalb: tapfer bleiben. Gabriele Boschbach

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