Personalnot

Kreis Leer: Klinik-Mitarbeiter trotz Corona-Quarantäne eingesetzt

Andreas Ellinger und den Agenturen
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Von Andreas Ellinger und den Agenturen
| 15.11.2020 20:41 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
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Das Personal in deutschen Kliniken ist knapp. Laut Bundesgesundheitsminister ist sogar der Einsatz von Corona-Infizierten denkbar. Im Kreis Leer mussten schon Beschäftigte arbeiten, während für sie Quarantäne angeordnet war. Wie viele, dazu schweigen bisher alle beteiligten Stellen.

Ostfriesland - In Deutschland müssen Klinik-Beschäftigte mit einer Corona-Infektion notfalls weiterarbeiten. Das hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) laut Deutscher Presse-Agentur am Freitag in Berlin eingeräumt. Er stellt sich hinter entsprechende Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Wenn andernfalls die Versorgung etwa in einer Klinik zusammenbreche, sei es die „Rückfallrückfallposition“, die „positiv Getesteten mit ganz besonderen Schutzvorkehrungen auch arbeiten zu lassen“, sagte Spahn.

Das Klinikum Leer hatte bereits in der Vorwoche mitgeteilt: „In dem Fall, dass Mitarbeiter sich infiziert haben, aber symptomfrei sind oder unter die Quarantäne-Regelung fallen, wird jeweils gemeinsam mit dem Gesundheitsamt Leer entschieden, ob gegebenenfalls ein Mitarbeiter unter Schutzmaßnahmen weiterhin arbeiten kann.“ Auf Nachfrage wurde gegenüber unserer Zeitung nur mitgeteilt, dass noch keine infizierten Mitarbeiter eingesetzt worden seien. Wie viele Mitarbeiter eingesetzt wurden, die unter Quarantäne-Regelungen fallen, wurde trotz mehrfacher Nachfrage nicht beantwortet. Auch zur Frage, ob das pflegerische und ärztliche Personal ausreiche, um alle Intensivbetten und Beatmungsplätze betreiben zu können, schweigt das Klinikum. „Mit dem Corona-Virus infizierte Mitarbeitende arbeiten nicht im Borromäus-Hospital Leer weiter“, so die Auskunft von der dortigen Pressestelle. „Unter Quarantäne stehende Mitarbeitende wurden nach Anzeige eines relevanten Personalmangels mit Freigabe des Gesundheitsamtes unter Schutzmaßnahmen eingesetzt.“ Wie viele, diese Frage beantwortet das Borromäus-Hospital nicht.

Kreisverwaltung bestätigt Einsätze während Quarantäne

Auch das Leeraner Gesundheitsamt gibt nur teilweise Informationen preis. Obwohl nach Infizierten und darüber hinaus Quarantäne-Personen gefragt wurde, wird zunächst nur bezüglich infizierter Klinik-Mitarbeiter mitgeteilt, dass deren Einsatz bislang nicht beantragt worden sei. Auf Nachfrage hieß es: „Auch der Einsatz von Kontaktpersonen unter Quarantäne muss beim Gesundheitsamt beantragt werden.“ Es müsse dargelegt werden, „dass ein relevanter Personalmangel vorliegt“. Und den gab es offenbar: „Seit dem ersten Lockdown hat es Einsätze von Kontaktpersonen in Kliniken und Arztpraxen gegeben, aber immer unter Auflagen, wie zum Beispiel das Tragen einer Schutzmaske.“ Und: „Es wurden nur solche Personen eingesetzt, die keine Symptome hatten und negativ getestet waren.“ Wie viele das waren, dazu schweigt bislang auch die Kreisverwaltung.

Der Klinikverbund Aurich-Emden-Norden teilte vor einer Woche mit: „Bei medizinischen Mitarbeitern, die unter die Quarantäneregelung des Gesundheitsamts fallen und einen negativen Corona-Test vorweisen, besteht die Möglichkeit, beim Gesundheitsamt eine Verkürzung des Arbeitsverbots von 14 auf acht Tage zu beantragen.“ Diese Regelung sei bereits angewandt worden. „Mitarbeiter, die sich in Quarantäne begeben müssen und bei denen noch kein negatives Testergebnis vorliegt, sowie Mitarbeiter, bei denen eine Covid-19-Infektion vorliegt, arbeiten nicht weiter.“

Pflegekammer-Präsidentin sieht „schwerwiegende Versäumnisse“

Im Wittmunder Krankenhaus waren laut Geschäftsführer Ralf Benninghoff bislang noch keine Einsätze von Infizierten oder Quarantäne-Fällen erforderlich.

„Der dramatische Mangel an Pflegefachpersonal, den wir schon seit vielen Jahren haben, zeigt sich in der Corona-Krise in all seiner Wucht“, so Nadya Klarmann, Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen: „Es kann keine Lösung sein, dass positiv getestete Pflegefachpersonen zum Beispiel auf den Covid-Stationen weiterarbeiten müssen.“

Es dürfe nicht sein, „dass Pflegende wegen der schwerwiegenden Versäumnisse der Gesundheitspolitik in den letzten Jahrzehnten nun ihre eigene Gesundheit aufs Spiel setzen sollen“.

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