Brüssel (dpa)
Experten kritisieren EU-Pläne für „grüne“ Atomkraft und Gas
Bald könnten Investitionen in Gas und Atomkraft als klimafreundlich gelten - das plant die EU-Kommission. Jetzt meldet sich ein Expertengremium aus Wissenschaftlern und Unternehmen zu Wort.
Eine Gruppe ausgewählter Klimaexperten und Unternehmen hat die EU-Pläne scharf kritisiert, Gas und Atomkraft als klimafreundlich einzustufen.
Das geht aus einer Stellungnahme der sogenannten Plattform für nachhaltige Finanzen zu einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission hervor. „Die Kommission muss der Wissenschaft zuhören und ihren Vorschlag fallenlassen“, sagte Sebastien Godinot vom WWF. „Fossiles Gas generiert viele Emissionen und Atomkraft produziert hoch radioaktiven Müll, mit dem wir immer noch nicht umgehen können.“
Zu der Plattform gehören Umweltorganisationen, Wissenschaftler sowie Unternehmen wie Airbus. Sie beraten die Kommission bei der Erstellung der sogenannten Taxonomie - eine Art Katalog für klimafreundliche Investitionen, der die Klimawende ankurbeln soll.
Konkret kritisieren die Experten die Auflagen, unter denen Investitionen in Gaskraftwerke als klimafreundlich gelten sollen. Die Kommission schlägt vor, neue Gaskraftwerke bis 2030 als „grün“ zu kennzeichnen, wenn sie Emissionen von insgesamt bis zu 550 Gramm Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Kilowattstunde haben. Die Experten fordern, den Grenzwert auf 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunde zu senken - der neutrale Grenzwert, der für alle anderen Technologien gilt.
Atomkraft sollte wegen möglicher „signifikanter Schäden“ für die Umwelt nicht in die Taxonomie aufgenommen werden, so die Stellungnahme. Die Kommission hatte vorgeschlagen, neue Atomkraftwerke als nachhaltig zu klassifizieren, wenn bis 2050 ein konkreter Plan für die Endlagerung radioaktiven Abfalls vorliegt. Die Experten kritisieren jedoch, es sei unklar, wie die vorgeschlagenen Kriterien für Atomkraft und Gas überprüft werden sollen.
Die existierende grüne Taxonomie sei ursprünglich nicht für Übergangstechnologien gedacht gewesen, so der Bericht. Die Plattform arbeite dafür gerade an einer „bernsteinfarbenen“ Kategorie für die Taxonomie. „Gas als grün zu kennzeichnen, würde die ganze Taxonomie-Initiative untergraben“, sagte Mathilde Crêpy von der Organisation ECOS, die Teil der Plattform ist, der dpa. „Das wird es sehr schwer für Investoren machen, wirklich sicherzustellen, dass ihre Investitionen 'grün' und tatsächlich nachhaltig sind.“
Basierend auf ihrem Entwurf und Feedback der Experten und EU-Länder will die Kommission „so schnell wie möglich“ den offiziellen Text zu Atomkraft und Gas vorlegen.
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