Was Sie heute wissen müssen

Lauterbach verhindert | Impfstoff vernichtet | Katze verletzt

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 02.02.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Die Inzidenzen steigen und steigen (obwohl ich gar nicht mitgezählt werde, da ich auch nach sieben Tagen kein Ergebnis des PCR-Tests habe), aber die Belastung der Krankenhäuser ist in Ostfriesland und im restlichen Deutschland überaus beherrschbar. Und jetzt ist auch noch Gesundheitsminister Karl Lauterbach erkrankt, an einer starken Erkältung, wie es heißt, nicht an Corona. Vorsicht Karl, so fing das bei mir auch an und ebenfalls mit einem negativen Test. Wobei, Spott ist nicht angesagt, Lauterbach hat eine Talkshow („Maischberger“) abgesagt, es muss also schlimm sein.

So wie es ihm gerade geht, wird er wohl nicht über Lockerungen nach dem Beispiel Dänemarks nachdenken. Und auch die Wissenschaft mahnt zur Vorsicht. „Eine Exit-Strategie zu planen, um sie später bereitliegen zu haben, ist gut und vernünftig. Aber die Politik sollte nichts überstürzen“, sagt der Virologe Friedemann Weber von der Universität Gießen. Max Geraedts, der das Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie an der Philipps-Universität Marburg leitet, mahnt: „Wir werden in den nächsten Wochen an vielen Stellen erleben, dass Personal in allen Branchen entweder isoliert oder in Quarantäne ist, sodass es zu Einschränkungen des Alltags kommt.“

Auf vielen Intensivstationen auch in Ostfriesland ist schon lange fünf nach zwölf, Omikron hin oder her. Da sind die Belegungszahlen nur die halbe Wahrheit, wie Vera Vogt erfahren hat, die sich mit Klinikmitarbeitern unterhalten hat. „Die Pandemie bringt alle an ihre Grenzen und darüber hinaus“, berichtete ihr eine Krankenschwester, die in einem Haus in der Region arbeitet und anonym bleiben wollte. „Gerade in den letzten Wochen ist der Personalmangel drastisch“, sagte sie. Die zunehmenden Omikron-Infektionen im Umfeld oder innerhalb der Mitarbeiterschaft verschärften die Lage ungemein. Und: „Pflegemitarbeitende aus anderen Fachbereichen lassen sich nur sehr bedingt für die Arbeit auf der Intensivstation heranziehen, da die Intensivpflegearbeit eine hohe Spezialisierung erfordert“, heißt es aus dem Borromäus-Hospital in Leer.

Und immer wieder geht es um das Thema Impfen: Der Booster-Boom zu Weihnachten ist vorbei, womöglich sind nun fast alle geimpft, die dazu bereit waren. Tragisch daran, allein der Landkreis Leer musste schon mehr als 1000 Impfdosen wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatums vernichten. Auch in Wittmund und Aurich lassen sich nur noch halb so viele Menschen impfen wie noch vor einigen Wochen, hat Julia Jacobs erfragt. Manche Hausärzte haben deshalb das Impfen schon eingestellt.

Selbst bei den Fußballern von Kickers Emden ein großes Thema. Drei talentierte junge Männer haben nun ihren Job verloren, weil sie sich weigerten, sich impfen zu lassen: die aus den Niederlanden stammenden Goguadze-Brüder. Da gab es wohl keine andere Lösung, wie Georg Lilienthal berichtet. Wie ungerecht manche Regelungen sind, hat die geimpfte Sandra Abels erfahren müssen, die mit ihren drei kleinen Kindern ihre Schwester im Klinikum Leer besuchen wollte. Zwei der Kinder sind noch zu jung für die Impfung, berichtete sie Michael Kierstein, also durften sie wegen der 2G+-Regelung nicht rein. Ist das in Ordnung? Ist das fair? Ich finde nicht.

2G+ wurde auch dem geboosterten Lars Baumfalk zum Verhängnis, der von Spiekeroog kommend in Emden zu Gast war, um einen Bekannten im Krankenhaus zu besuchen. Also ließ er einen Test machen, der war positiv, die Klinik ließ ihn nicht rein, aber auch in sein gebuchtes Hotel durfte er nicht. Da war die letzte Fähre schon weg. Andere Hotels wollten ihn auch nicht aufnehmen, selbst die Polizei wusste keinen Rat und zum Schluss landete er im Seemannsheim - und hat nun einen Anwalt eingeschaltet. Aber wofür? Mona Hanssen hat die Odyssee nachverfolgt.

Ganz und gar nicht harmlos sind indes die Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich gerade so sehr über Coronaregeln und Impfen aufregen, dass sie meinen, es ginge ihnen wie den verfolgten und ermordeten Juden im Dritten Reich und die Bundesrepublik sei eine Diktatur. Ich finde das ungeheuerlich, gerade angesichts des Genozids an sechs Millionen Menschen. Andreas Ellinger hat sich mit diesem Thema befasst - immer mehr „Spaziergänger“ tragen inzwischen ja „gelbe Sterne“ - und argumentiert nicht nur, wie blöd und widersinnig dieser Vergleich ist, er weist auch darauf hin, dass dies als Holocaust-Verleugnung unter den Straftatbestand der Volksverhetzung falle.

Der querdenkende Videoblogger in Aurich hat es bisher geschafft, sich dieser Art von Strafverfolgung zu entziehen. So wirklich selbstverständlich ist das nicht. Und glaubwürdiger macht ihn das auch nicht. Vorige Woche hat er sich wieder mal als Hetzer betätigt und ist übel über die Leiterin der Realschule Aurich hergefallen. Anlass war eine ziemliche blöde und instinktlose Eltern-Rundmail, in der stand, dass Kinder, die vom Maskentragen befreit sind, künftig einen Button bekommen sollen. Das kann, nein, das sollte man kritisieren. Wie aber Videoblogger Stefan Dunkmann die Rektorin der Meute zum Fraß vorwarf und auch noch deren Mailadresse veröffentlichte, das ist eine Sauerei. Dunkmann, der von sich behauptet, Journalist zu sein, missachtete dabei auch die wichtigste journalistische Regel: Die Betroffene ließ er nicht zu Wort kommen. Gabi Boschbach erzählt die Geschichte.

Ach, und nach all dem Elend gibt es auch noch eine positive Nachricht. In Moordorf hatte sich eine Katze im Motorraum eines Autos versteckt und war eingeklemmt worden, als der Motor gestartet war. Was dann geschah, welche Rolle die Feuerwehr und ein Tierarzt spielen und wie das Drama endete, hat Grit Mühring aufgeschrieben. Wie gesagt, eine positive Geschichte. Muss sein.

Was heute wichtig wird:

  • Nach zwei schweren Jahren mit kistenweise weggeworfenen Blumen atmen die Gärtner auf. Eine Sache könnte aber die Frühjahrssaison verhageln. Wie läuft es derzeit mit Primel und Co.? Vera Vogt fragt nach.
  • Hamsterkäufe, Lockdown und die Alte Scheune: Vor zwei Jahren erreichte die Pandemie die Region. Tobias Rümmele blickt zurück auf die Wochen, in denen eine neuartige Lungenkrankheit aus China Ostfriesland und die Welt in eine Krise stürzte.
  • Seit nunmehr fünf Jahrzehnten begleitet Weert Smidt die Gottesdienste in der Nicolai-Kirche in Weene auf der Orgel. Auch sie ist etwas Besonderes, nicht nur, weil sie inzwischen 222 Jahre alt ist. Nicole Böning traf beide.
  • Was muss ein Wattführer für seine Spaziergänge mit Touristen im Wattenmeer wissen, und was unterscheidet ihn von einem Nationalparkführer? Nicole Böning stellt beide Berufe für die OZ-Serie „Watt ´n Meer“ vor.
  • Wenn die Entwässerung nicht verbessert wird, bekommt Ostfriesland in naher Zukunft große Probleme. Landwirte sind aber schon jetzt von hohen Wasserständen betroffen, wie ein Beispiel aus der Gemeinde Hinte zeigt. Michael Hillebrand berichtet.
  • Ein Unternehmer mit Beliebtheitsbonus. In der Stadt Emden scheinen viele freudig auf die Eröffnung des Cafés der Kaffeerösterei Baum aus Leer zu warten. Jetzt gibt es dazu gute Nachrichten. Mona Hanssen berichtet.
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