Was Sie heute wissen müssen

Saathoff & Schröder | Wirth & Held | E-Autos & Verbrenner

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 11.02.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Politik ist kompliziert, und je höher man kommt, umso komplizierter wird sie - und umso tiefer kann man fallen. Das steht für Johann Saathoff (Pewsum), als Parlamentarischer Innen-Staatssekretär nun Mitglied der Ampel-Koalition, nicht an, unangenehm sind die Schlagzeilen, die zuerst der Berliner „Tagesspiegel“ verbreitet hat, für ihn schon. Am 5. Januar hat sich der vormalige Russland-Beauftragte mit seinem Parteifreund Gerhard Schröder getroffen. Der einstige Bundeskanzler hat seinen Ruf völlig ramponiert, als er für viel Geld in die Dienste von seinem Freund, Russlands Diktator Putin, einem „lupenreinen Demokraten“ (Schröder), trat. Wie der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer erfragte, ging es bei dem Austausch um die „Zukunft der Deutsch-Russischen Beziehungen und die Situation der Zivilgesellschaft in Russland“. Ob der „Freund der Bosse“ Schröder wirklich weiß, wie es den normalen Russen geht, möchte ich massiv bezweifeln. Lobbyisten-Gespräche sind zwar völlig normal in Berlin, aber zwischen Parteifreunden im Angesicht des russischen Militäraufmarschs an der ukrainischen Grenze haben sie sicher ein Geschmäckle. Daniel Noglik hat gestern mit Johann Saathoff telefoniert.

Irgendwann demnächst soll die Omikron-Welle brechen, hat neulich RKI-Chef Wieler gesagt. Jetzt ist es, auch in Ostfriesland, noch nicht so weit. Die bundesweite Inzidenz stieg auf 1465, in Ostfriesland liegt sie zwischen 814 (Wittmund) und 1187 (Leer). Allein im Landkreis gab es gestern fast 400 Neuinfizierte. Auf niedrigem Niveau stabil ist die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen mit derzeit sechs, zwei von ihnen müssen beatmet werden.

Vor zwei Wochen waren es allerdings nur zwei Intensivpatienten, wie Andreas Ellinger in seinem Artikel zur Omikron-Belastung der Krankenhäuser schreibt. 45 Patienten liegen auf den Normalstationen. Sie sind coronapositiv, was nicht heißt, dass sie wegen Corona behandelt werden müssen, aber wegen des Virusinfekts müssen sie auf die Isolierstation, was das Klinikpersonal zusätzlich belastet. Die Situation ist, wie es wörtlich heißt, „angespannt, aber beherrschbar“. Die Hospitalisierungs-Inzidenz in Niedersachsen lag am Donnerstag bei 11,6. Dieser Wert soll die Belastung durch Covid abbilden, eingerechnet werden hier nur Patienten, bei denen die Corona-Infektion ursächlich für die Krankenhaus-Stationierung ist. Weiterhin stehen erheblich weniger Intensivbetten zur Verfügung, als rechnerisch da sein müssten.

Drei Mal hatte die Studentin und Mutter Julia Wirth in Emden eine Anti-Corona-Maßnahmen-Veranstaltung angemeldet, zu der besorgte Eltern gegen rechts, aber auch Anhänger von Verschwörungsideologien und Reichsbürger-Fantasien kamen. Ende Januar traf sie sich mit Wilke Held, Vorsitzender der CDU Emden, der bei der Gegen-Demo für Demokratie und Wissenschaft geworben hatte. Nun trafen beide aufeinander und sprachen zusammen - auf Initiative von Julia Wirth, die „Brücken bauen statt Mauern“ bauen möchte. Ihr geht es bei den Aktionen um die Kinder, darum „auf die prekäre Situation hinzuweisen“. Von der Stadt fühlt sie sich im Stich gelassen. „Es stimmt nicht, dass niemand zuhört. Wir sind den Eltern da sehr entgegengekommen“, antwortet darauf der Fachbereichsleiter für Jugend, Schule und Sport der Stadt, Thomas Sprengelmeyer. Gordon Päschel spürt den bestehenden Widersprüchen nach.

Tatsache ist auch: Auf eigene Kosten will die Stadt vorerst keine weiteren Luftfilteranlagen für Emder Schulen anschaffen. Die Verwaltung sieht das Land in der Verpflichtung und fürchtet die hohen Kosten. „Es ist ein Irrglaube, dass Corona weggeht“, sagt hingegen die Vorsitzende des Stadtelternrats, Zerrin Mentjes. Es gehe um „die Zukunft der Kinder, die bald aber keine Zukunft mehr haben“. Die Elternvertreterin fordert deshalb, die 1,2 Millionen Euro jetzt bereitzustellen. Kritik an der Stadt hatte zuvor auch schon die Emder GEW geäußert. Viel Unterstützung aus der Politik haben Eltern- und Lehrer-Vertreter allerdings nicht. Lediglich GfE-Fraktion, die Gruppe Die Fraktion und die Linken unterstützen sie. Heiko Müller fasst den Sachstand zusammen.

„Warum hilft keiner dem trunksüchtigen Fahrer?“ Diese Frage stellt Günter Radtke in Bezug auf einen offenbar alkoholkranken Rhauderfehntjer, der am Samstagabend zum wiederholten Mal in volltrunkenem Zustand einen Unfall gebaut hatte - einen spektakulären obendrein. Ohne Führerschein und mit einem nicht zugelassenen Auto war er auf der Flucht vor der Polizei mit 130 Sachen durch den Ort gerast und hatte einen Kleinwagen mit zwei Insassen am Untenende in die Wieke geschubst. Um eine Antwort darauf zu finden, wer also nach dem jüngsten Unfall die Allgemeinheit vor so einem Wiederholungstäter schützt, gibt es interessante Antworten von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht.

Wissen Sie, was Pingos sind? Ich gebe zu, ich habe diesen Begriff noch nie gehört oder gelesen. Aber Pingos sind bedeutsam, in Aurich können sie sogar ein Baugebiet verhindern, ähnlich wie Juchtenkäfer oder Hufeisennasen. Pingos sind Überbleibsel aus der Eiszeit. Senken, in denen seinerzeit monströse Eisblöcke abgelegt waren, die natürlich längst geschmolzen sind. Für Wissenschaftler sind diese Gebilde wertvoll, weil sie Erkenntnisse über die Entwicklung der Erde und des Lebens vermitteln. Gabriele Boschbach beschreibt, was jenseits der Straße „In der Diere“ sonst noch kreucht und fleucht.

Wie immer gibt es zum Schluss eine gute Nachricht: Das Volkswagen-Werk in Emden will bis Ende Juli dieses Jahres 1000 bis 1500 neue Mitarbeiter einstellen. Das hat Betriebsratschef Manfred Wulff gestern Abend bekannt gegeben. Hintergrund sind die Pläne des Konzerns, die Produktion des Elektro-SUV ID.4 noch im Frühjahr zu starten und somit E-Autos parallel zu Verbrennern herzustellen. VW Emden will den Angaben von Wulff zufolge in diesem Jahr 200.000 Autos produzieren. 70.000 davon sollen E-Autos sein. Aber noch gibt es Stress mit Lieferengpässen, wie Martin Teschke schreibt.

Was heute wichtig wird:

  • Für den Leeraner Bürgermeister Claus-Peter Horst sind Internet-Firmen die neue Boom-Branche, die er an die Stadt binden will. Er nennt sie „die neuen Reeder von Leer“ und will sie auf der Nesse ansiedeln, schreibt Katja Mielcarek.
  • Um den Waschpark in Uplengen gab es in der vergangenen Woche Wirbel. Nachdem Tobias Rümmele mit dem Waschpark-Betreiber und der Polizei geredet hatte, spricht er nun mit den jungen Autofahrern, die sich abends am Waschpark treffen.
  • Wie werden positiv auf Corona getestete Gäste von den Inseln aufs Festland transportiert? Wie Imke Oltmanns berichtet, gibt es da unterschiedliche Lösungen. Spiekeroog etwa hat eigens einen Container angeschafft.
  • Ohne die Mithilfe der Kommunen wird die Energiewende in Deutschland nicht zu schaffen. Beispiele Wiesmoor und Großefehn: Was tun die Stadt und die Gemeinde für den Klimaschutz? Niklas Homes fragt nach.
  • Im Juni 2021 wurde in Emden beschlossen, dass E-Autos auf kostenpflichtigen Parkplätzen nichts bezahlen müssen. Gilt das schon? Und was kostet die Umsetzung? Gordon Päschel hakt nach.
  • Der Norderneyer Flugplatz wird dieses Jahr 100 Jahre alt. Michael Hillebrand ist in dessen Geschichte eingetaucht und auf ein spannendes Ereignis gestoßen: einen missglückten Transatlantikflug im Jahr 1927.
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