Was Sie heute wissen müssen

Anna hat keine Angst | Aurich ist vorbereitet | Kickers im Livestream

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 11.03.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Russische Granaten bomben ukrainische Städte zurück in die Steinzeit, und unter dem Druck der Zerstörungen geht auch die Moral zurück in die Steinzeit. Oder ist es einfach die Macht des Faktischen? Wenn jetzt darüber diskutiert wird - zum Teil über die Köpfe der Ukrainer hinweg - dass die Zugehörigkeit von Krim, Donbass und Luhansk zu Russland anerkannt werden könnte, dann heißt das nichts anderes als, der Stärkere nimmt sich vom Schwächeren, was ihm gefällt. Panzer und Kampfflugzeuge sind Symbol dieser Barbarei, die eigentlich überwunden geglaubt worden sind. Eigentlich.

Was die 18-jährige Anna, die aus Kiew stammt und nach Westen über die polnische Grenze geflohen ist, über den Krieg denkt, das hat sie Claus Hock und Jasmin Keller erzählt - den beiden OZ-Reportern, die seit drei Tagen in Przemyśl in Polen sind, um von vor Ort zu berichten. „Ich werde mich für den Rest meines Lebens daran erinnern, wie meine Mutter aufwachte und schrie: ‚Der Krieg hat begonnen, Kiew wird bombardiert!‘“, so schildert sie den Beginn des Kriegs vor 15 Tagen. Trotz der Zerstörungen glaubt sie an ihre Landsleute: „Wir haben keine Angst vor der russischen Armee, sie kam in unser Gebiet, sie gehört nicht hierher, und jeder wird zu unserem Sieg beitragen. Unser Volk kann nicht besiegt werden, und davon waren nicht nur die Ukrainer, sondern ist die ganze Welt überzeugt.“ Claus und Jasmin haben mit Anna auf Englisch ein Video-Interview geführt.

Kalt ist es im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet, und meine beide jungen Kollegen frieren, weil die Heizung in ihrem gemieteten Wohnmobil offensichtlich eher auf Mittelmeer-Reisen ausgelegt ist. Im Liveblog auf unserer Webseite berichten sie mehrmals am Tag von ihren Erlebnissen. Unter anderem haben sie einen deutschen Hausarzt im Hilfseinsatz interviewt und aufgelistet, welche Hilfsgüter gerade besonders dringend gebraucht werden.

Faszinierend ist weiterhin die Solidarität auch der Menschen in Ostfriesland. Fast 150.000 Euro waren bis gestern auf dem Spendenkonto von „Ein Herz für Ostfriesland“ eingegangen, der Spendenorganisation der Ostfriesen-Zeitung - und damit nach wenigen Tagen so viel, wie im vorigen Jahr nach mehreren Wochen für die Flutopfer in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Peer-Leader, ein internationales Jugendnetzwerk mit Stammsitz in Ostrhauderfehn, das auch einen Standort in der Ukraine (Verkhovyna) hat, bekommt nun 5000 Euro aus unserem Spendentopf. Malte Frerichs, Student an der Hochschule Emden-Leer und Mitglied der Initiative, war selbst vor Ort, um Flüchtlingen zu helfen. Am Peer-Leader-Standort in der Ukraine werden derzeit hunderte Menschen versorgt. Henrik Zein berichtet.

Aber auch in Ostfriesland wird aktive Hilfe geleistet. Dutzende von Angeboten zur Unterbringung von Geflüchteten aus den ukrainischen Kriegsgebieten sind in wenigen Tagen zum Beispiel bei der Stadt Emden eingegangen. Es geht darum, die Geflüchteten nicht in Sammelunterkünften wie Turnhallen unterzubringen, sondern möglichst in Wohnungen. Wer Ukrainer in der eigenen Wohnung aufnehmen will, sollte darüber aber genau nachdenken. „Der Bedarf hört nicht nach zwei Wochen auf“, sagt eine Psychologin, mit der Gordon Päschel gesprochen hat. Man müsse sich offen und ehrlich „erstmal die eigene Motivation klarmachen“, bevor man hinterher beispielsweise enttäuscht sei, weil man das Gefühl habe, für seine Hilfe nicht genug zurückzubekommen.

Was alles dranhängt, wenn man Geflüchtete im eigenen Haushalt aufnehmen möchte, das hat Daniel Noglik recherchiert. Es geht um Fragen wie die Erlaubnis des Vermieters, die Krankenversorgung von Geflüchteten, um staatliche Leistungen und kommunale Anlaufstellen. Ein Ratgeber.

Bis gestern waren jedenfalls schon knapp 200 Ukrainer im Landkreis Aurich als Flüchtlinge registriert, berichtet Marion Luppen. Sie verweist auf Landrat Olaf Meinen, der in der Kreistagssitzung sagte: „Wir gehen davon aus, dass in den nächsten Tagen deutlich mehr kommen werden. Wir sind gut vorbereitet.“ Und: „Wir sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Menschen“, so Meinen. Bis Donnerstagvormittag seien der Kreisverwaltung 833 Hilfsangebote gemeldet worden. „Wir sondieren das jetzt.“ Das Personal sei aufgestockt worden.

100 Milliarden Sondervermögen will die Bundesregierung zur Aufrüstung der Bundeswehr bereitstellen. 100 Milliarden, eine unglaubliche Summe. Was kann man damit alles kaufen? Das weiß Siemtje Möller, SPD-Bundestagsabgeordnete für Wittmund und seit dieser Legislaturperiode Staatssekretärin im Bundesverteidigungsministerium, ziemlich genau. Imke Oltmanns fragte sie, was gekauft werden soll: „Es geht um Rüstungsvorhaben, um Panzer, Kampfflugzeuge, Schiffe, Gewehre, Nachtsichtgeräte – alles, was Rüstung umfasst. Das Geld geht nicht in Gehaltssteigerungen, sondern in Material. Für 100 Milliarden bekommt man eine ganze Menge.“ Daran ist wohl nicht zu zweifeln.

Sind Sie Fußball-Fan? Womöglich Anhänger von Kickers Emden? Dann haben wir am Wochenende ein interessantes Angebot für Sie. In der Aufstiegsrunde zur Regionalliga übertragen wir in Zusammenarbeit mit staige.tv und sporttotal.tv die Spiele im Livestream auf oz-online.de. Los geht es am Sonntag mit der Auswärtspartie beim Tabellenführer Germania Egestorf-Langreder. Damit nicht genug: Hardy Kloßek wird die Heimspiele live kommentieren. Sein Debüt am Mikrofon gibt Kloßek beim Kickers-Heimspiel am 19. März gegen den SV Ramlingen-Ehlershausen (17 Uhr). Übrigens können auf unserer Webseite auch Wiederholungen und Zusammenfassungen angeschaut werden. Seien Sie dabei, bei der OZ-Sportschau.

Was heute wichtig wird:

  • Der Verein „Sternsnupp“ hat seine Arbeit aufgenommen. Einem Landwirt und einer Seniorin wurde der letzte Wunsch erfüllt. Damit die Initiative weiterarbeiten kann, braucht sie Geld. Dafür wirbt sie auch bei Kommunen. Christine Schneider-Berents berichtet.
  • 25 Jahre lang nahmen Gastgeber aus dem Rheiderland im Sommer Kinder aus dem heutigen Belarus auf. Doch es wurde zuletzt immer schwieriger, Kontakt zu halten – nicht nur wegen der Corona-Pandemie. Tatjana Gettkowski berichtet.
  • Ostfriesen sind am Bau des Fehmarnbelt-Tunnels beteiligt. Die „Ems Tug“, ein Schlepper der Leeraner Reedereien Hartmann und Briese, ist dort rund um die Uhr im Einsatz. Ole Cordsen berichtet über den Arbeitsalltag an Bord.
  • „Up Fehn to Hus“ heißt ein Projekt der Gemeinde Großefehn, das die Dorfentwicklung voranbringen soll. Dafür wurden Dorfmoderatoren ausgebildet. Jens Schönig hat sich von einem Dorfmoderator erklären lassen, was der eigentlich macht.
  • Der Krieg in Osteuropa und die Sanktionen gegen Russland treffen die Wirtschaft hart. In Emden erholt sich der Hafenumschlag gerade erst von den Folgen von Corona, da droht der nächste Rückschlag. Gordon Päschel berichtet.
  • Die IG Metall hat an diesem Freitag zum Thema „Betriebsratswahlen bei Volkswagen“ zum Pressegespräch eingeladen. Wir hören uns an, was es Neues gibt, und stellen Fragen zu den Themen Corona-Bonus, E-Mobilität und Ukraine-Krieg. Mona Hanssen berichtet.
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