Was Sie heute wissen müssen Wiesmoor weiter im Sumpf | Nicht akzeptiert wegen Kopftuch | EWE-Landräte belanglos

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 04.07.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

In einer Krise, das ist eine Binsenweisheit, braucht es klare Verhältnisse, Orientierung, Mut. Der Umgang der Stadtvorderen in Wiesmoor mit dem mutmaßlichen Millionenbetrüger, Drogenhändler und Hells-Angels-Kumpan Christian Rademacher-Jelten ist genau das Gegenteil davon. Schade. In der Diskussion um einen Zuschuss über 30.000 Euro für die einst von Rademacher-Jelten beantragten Sanierungsarbeiten am Germania-Stadium wollte Bürgermeister Sven Lübbers „endlich einen Schlussstrich ziehen“. Aber so wird ihm das nicht gelingen.

Denn, wie die eigene Verwaltung feststellte, sind die zwei Jahre zu spät, vom jetzigen Vereinsvorstand eingereichten Verwendungsnachweise für die Steuergelder rechtlich inakzeptabel: Rademacher-Jelten hatte den Zuschuss an sich selber ausbezahlt, eine seiner Firmen hat nämlich die Bauarbeiten durchgeführt. „Dieses In-sich-Geschäft ist aus unserer Sicht ganz klar zu beanstanden“, sagte Lübbers am Freitag. Und trotzdem entschied der Verwaltungsausschuss des Stadtrats in nichtöffentlicher Sitzung, das Geld vom Verein nicht zurückzufordern. Ein ganz krummer Deal, den Jens Schönig erklärt. Warum nur lassen sich Lübbers & Co. in den Rademacher-Jelten-Sumpf hineinziehen?

Auch so ein komischer Deal, wenn auch einer, dessen Entstehungsgeschichte bekannt ist, ist der Meinungswechsel der Landesregierung bezüglich der niederländischen Erdgasbohrungen unweit der Insel Borkum. Erst war die Regierung strikt dagegen, dann kam der Ukraine-Krieg, und nun kommen die erforderlichen Genehmigungen ganz fix. Aber was ist mit den betroffenen Bürgern? Henk Tabak und Andrea Huizenga leben in Loppersum (rund 22 Kilometer nordöstlich von Groningen) und machen auf Borkum gerne Urlaub. Unterhalb ihres Zuhause wird schon lange Erdgas gefördert. „Der Boden ist immer unruhig, das fühlt man“, sagt Andrea Huizenga. „Egal, wo du bist, du hast das Gefühl, als wenn ein Zug ankommt oder ein großer Bulldozer dein Haus nach hinten fährt“, beschreibt Henk Tabak. Vom Leben mit der Gasförderung erzählten sie meinem Borkumer Kollegen Florian Ferber. Ich bin mir sicher, die Insulaner werden den Text sehr aufmerksam gelesen haben.

Bald jeder zehnte Bundesbürger lebt vegetarisch, immerhin 1,4 Millionen Menschen in diesem Land vegan. Gleichwohl gibt es außerhalb der Großstädte wenig vegetarische Restaurants, auch in Ostfriesland nicht. Das mag damit zusammenhängen, dass die fleisch- und fischlose Kost in der Kochausbildung kaum vorkommt. Dass sich das gerade im Hinblick auf die noch strengeren Veganer ändert, dafür hat die ostfriesische Köchin, Kochbuchautorin, Gastronomieberaterin Antje de Vries gesorgt. Die weitgereiste „Food-Nomadin“ hat für einen Weiterbildungskurs der Deutschen Hotelakademie in Köln die Lehrinhalte verfasst. Ole Cordsen hat mit ihr und hiesigen Profiköchen gesprochen.

Beim Essen und beim Reisen stehen wir Deutsche auf fremde Kulturen und unbekannte Reize. Hier bei uns oft aber nicht so. Warum eigentlich nicht? Rama Alzhouri ist vor sechs Jahren als Flüchtling nach Emden gekommen, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Und nun hat sie am Johannes-Althusius-Gymnasium ihr Abitur mit der Note 1,6 absolviert. Für diese großartige Leistung hat ihr Oberbürgermeister Tim Kruithoff den 1. Emder Integrationspreis verliehen. Alles gut also? Nein, als vollwertige Emderin fühlt sich die Kopftuch tragende Muslima bis heute nicht. Gordon Päschel hat mit der klugen, jungen Frau gesprochen.

1,7 Milliarden Tonnen klimaschädliches CO₂ wird Jahr für Jahr in der Textilindustrie produziert, mehr als internationale Luftfahrt und Seeschifffahrt zusammen erzeugen. Ein großes Problem ist auch „Fast Fashion“, jene Billigklamotten, die meistens nur ein paar Mal getragen werden und dann in den Müll wandern. Es gibt allerdings Alternativ-Konzepte, auch in Ostfriesland. Der Norderneyer Jan Majora und dessen Studienfreund Lennart Henze haben das Bekleidungs-Start-up „Salzwasser“ gegründet. Ihr großes Ziel: „Wir wollen die nachhaltigste Bekleidungsmarke in Deutschland sein.“ Petra Herterich hat sich mit den beiden innovativen Modeschöpfern, die inzwischen eine Million Euro pro Jahr umsetzen, unterhalten. Eine neue Folge der Serie „Unser Klima“.

Beim Thema Klima möchte auch der Energiekonzern EWE mit am großen Rad drehen, zum Beispiel bei der Wasserstoff-Technologie. Leider aber hat das Oldenburger Unternehmen große Probleme, sein Alltagsgeschäft auf die Reihe zu bringen. Seit vielen Wochen berichtet Andreas Ellinger über falsche Abrechnungen und einen skandalösen Kundenservice. Da die EWE auch viele ostfriesische Kommunen als Gesellschafter hat, fragte Andreas mal bei den Landräten an, was die denn tun, um die Probleme zu lösen. Deren Antwort ist - wie fast zu erwarten - ziemlich belanglos. Anders hingegen äußert sich die Pariser Beteiligungsgesellschaft Ardian, die immerhin 26 Prozent hält und der einzige private Gesellschafter ist. Sie adressiert sogar ganz direkt den für diesen Bereich verantwortlichen Vorstand Michael Heidkamp. Lesen Sie selbst.

In zwei Wochen sind auch in Niedersachsen die Sommerferien gestartet. Wer allerdings in den Urlaub fliegen möchte und die bundesweiten Nachrichten verfolgt, dürfte eher alarmiert sein: Stornierte Flüge und Chaos an den Flughäfen. Vivien Buntjer hat bei ostfriesischen Reisebüros nachgefragt, was die ihren Kunden empfehlen. Abgesehen davon, dass die meisten die Horrormeldungen offensichtlich für übertrieben und Einzelfälle halten, raten sie dazu, ruhig zu bleiben und rechtzeitig am Flughafen zu sein.

Aber man muss ja nicht zwangsläufig in den Urlaub fliegen. Gerade die herausragenden Buchungszahlen in Ostfriesland machen deutlich, dass viele Deutsche, sicher geprägt auch durch Pandemie-Erfahrungen, Urlaub im eigenen Land zu schätzen wissen. Alles eine Frage der Einstellung. Falls Sie wissen möchten, was Sie für ein Urlaubstyp sind, dann klicken Sie sich doch durch den Fragebogen der Leeraner Redaktion. Auch wenn ich Typ „Michael“ sein soll, Frankreich ist nicht mein bevorzugtes Urlaubsziel.

Was heute wichtig wird:

  • Bis vor kurzem waren sie überall: Die Miet-E-Roller mit dem Namen Küstenflipper. Doch, nun sind sie verschwunden. Wo sind sie hin und gibt es Pläne anderer Anbieter? Michael Kierstein berichtet.
  • Das Gift aus der Luft: Eichenprozessionsspinner sind im Kreis Leer an manchen Orten ziemlich weit verbreitet. Wie man ihnen zu Leibe rückt, hat Vera Vogt in Erfahrung gebracht.
  • Ab heute wird die B 72 zwischen Moordorf und Uthwerdum saniert und voll gesperrt. Marion Luppen fragt nach, wie schlau das wohl im Hinblick auf den Urlaubsverkehr ist.
  • In Wiesmoor eröffnet ein neuer Generationen-Treffpunkt. Was geht da eigentlich ab und was können solche Treffpunkte leisten? Jens Schönig hat sich erkundigt.
  • Die CDU in Emden will eine neue Diskussion zu einem alten Thema starten: der Umzug der Wachbereitschaft aus der Innenstadt. Doch die Debatte stockt. Gordon Päschel berichtet, worum es eigentlich geht.
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