Was Sie heute wissen müssen Kruithoff statt Scholz | Grünkohl statt Moorschwein | Kaffee statt Tee

Joachim Braun
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Eine Kolumne von Joachim Braun
| 25.10.2022 06:26 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Das Wichtigste aus der Region, jeden Morgen um 6.26 Uhr zusammengefasst von der Chefredaktion der Ostfriesen-Zeitung.

Kennen Sie den Unterschied zwischen Emdens Oberbürgermeister Tim Kruithoff und Bundeskanzler Olaf Scholz? Richtig, Super-Tim hat den geplanten Anbau an das Rathaus aus Kostengründen stoppen lassen, während der Berliner Regierungschef nicht ablässt vom umstrittenen Anbau an das Bundeskanzleramt. Es gibt noch einen großen Unterschied: In Emden wird das Projekt (bis jetzt) auf 1,3 Millionen Euro geschätzt, in Berlin geht es (bis jetzt) um 770 Millionen Euro. In Emden sorgt man sich um mögliche Kostensteigerungen wegen der derzeitigen Materialknappheit und Inflation, in Berlin hat man die jetzt schon kalkulierte Kostensteigerung von rund 480 Millionen (Mitte 2021) auf 770 Millionen Euro einfach hingenommen. Gordon Päschel berichtet, dass es trotz des Baustopps in Emden noch Hoffnungen auf ein noch nicht existierendes Förderprogramm gibt.

Ein Förderprogramm der ganz besonderen Art ist die Straßenausbaubeitragssatzung, welch ein Wortungetüm. Viele Kommunen haben sie inzwischen nach massiven Protesten gekippt, andere halten daran fest. In Leer droht Stress, weil die Anwohner des Logaer Wegs zur Kasse gebeten werden sollen (steht jedenfalls in einer Mail, die ich am Sonntag bekommen habe). In der städtischen Satzung steht, dass die Anwohner den Umbau mitbezahlen müssen, weil sie dadurch „besondere wirtschaftliche Vorteile“ haben. Da ich selber am Logaer Weg wohne (aber als Mieter) kann ich nur sagen: Wer einen wirtschaftlichen Vorteil darin sieht, dass halb Ostfriesland die gut ausgebaute Straße nun als „Schleichweg“ nutzt und es dort zugeht wie an einer Durchgangsstraße, hat einen schrägen Blick auf die Realität.

Ähnlich sieht das Ali Mosalanezhad in Aurich. Der durch Corona und die Baustelle in der Fockenbollwerkstraße gebeutelte Gastronom soll für einen Regenwasserkanal bezahlen, den es nach seiner Meinung und der von Nachbarn überhaupt nicht braucht. Zum Beispiel Hans-Joachim Alting. Der 93-Jährige kann sich nicht daran erinnern, dass es jemals Probleme mit der Oberflächenentwässerung gegeben hat. Von Überschwemmungen könne nicht die Rede sein, sagt er im Gespräch mit Gabi Boschbach. Die Erklärungen aus dem Rathaus wirken dagegen eher fadenscheinig.

Bürgermeister Horst Feddermann kann sich mit seinen Kollegen aus dem Landkreis Aurich ab Mittwoch über Sinn und Unsinn der Straßenausbaubeitragssatzung unterhalten. Denn die Rathauschefs treffen sich zur Klausur im Schokoladenhotel in Westerstede. Nicht zum Schlemmen, sondern zum „interkommunalen Austausch“, wie es Norderneys Bürgermeister Frank Ulrichs formuliert. Dass dieser Tagungsort durchaus geeignet ist, um Dinge voranzubringen, kann ich selber bestätigen. Auch wir waren schon in Klausur in Westerstede - und haben dort viel geschafft. Gabi Boschbach hat das Bürgermeister-Treffen trotzdem genau hinterfragt.

Möglicherweise essen die Rathauschefs auch nicht „krossen Bauch vom Moorschwein mit Erbsenstampf und Maracuja-Schokoladenschaum“, sondern Grünkohl - so wie es sich im Ammerland, aber natürlich auch in Ostfriesland gehört. Das überaus beliebte Wintergemüse ist zwar noch nicht erntereif, kommt in manchen Familien aber schon jetzt auf den Teller. Dabei braucht es schon noch ein paar Tage Frost, bis das Supergemüse seinen süßen Geschmack richtig entfalten kann. Lars Löschen hat sich mit Anbauern, Saatgutzüchtern und anderen Experten über Grünkohl unterhalten und hat noch einen Geheimtipp parat: „Mit Schmalz und Kandis schmeckt der Grünkohl besser.“

Die Tee-Region Ostfriesland ist auch Kaffeeland - auch, wohlgemerkt. Jetzt steigen die Preise gerade rapide an, allein von Juli auf August um 16,9 Prozent. In Supermärkten macht sich das bisher noch nicht so stark bemerkbar, bei kleinen Röstern hingegen schon. Seit Jahrzehnten ist es wenigstens für einen Teil der Menschen hier normal, sich in den Niederlanden mit Kaffee zu versorgen. Gibt es den Preisvorteil immer noch, hat Vera Vogt nachgefragt und sich vor Ort schlau gemacht. Was dabei herauskam, lesen Sie hier.

Kostensteigerungen gibt es auch beim Strom, das erleben wir gerade alle. Aber nicht an allen Kostensteigerungen ist der Ukraine-Krieg schuld. Manchmal ist es auch der Stromversorger, also die EWE. Andreas Ellinger, der, glaube ich, inzwischen jede Art von Stromrechnung perfekt interpretieren kann, stieß auf den Fall einer Hauseigentümerin, die für eine Photovoltaikanlage einen Versorgungsvertrag abschließen und trotz null Kilowattstunden Verbrauch 120 Euro Grundgebühr zahlen sollte. Nach unserer Anfrage hatte der Oldenburger Konzern ein Einsehen. Darum musste die Kundin allerdings heftig kämpfen. Oh je, EWE.

Einen Traum hatte Claus Hock. Als der Kollege auf dem Dachboden das Briefmarken-Album aus Kindertagen wiederfand, hoffte er, so viel Geld mit diesem Schatz verdienen zu können, dass er, wie nach einem Lottogewinn, nie mehr würde arbeiten müssen. Pustekuchen. Experten, die das Album anschauten, schätzten die möglichen Erlöse auf ein bis zwei Matjesbrötchen. Trotzdem schrieb Claus eine erfrischende Geschichte über Briefmarken-Sammler, die ihr antiquiert wirkendes Hobby in Zeiten pflegen, in denen sich jeder seine eigene Briefmarke entwerfen kann und kaum noch jemand Briefe und Postkarten schreibt.

Ein tragisches Unglück erschütterte am Freitag unsere niederländischen Nachbarn. Vor der Insel Terschelling stießen zwei Fähren zusammen, das kleinere der beiden Schiffe sank. Zwei Menschen starben, zwei sind vermisst. Ihre Überlebenschancen werden mit null bewertet, trotzdem wird natürlich weiter gesucht. Martin Alberts hat sich bei den niederländischen Kollegen schlau gemacht und berichtet über den Stand der Dinge und die aktuellen Erkenntnisse über das Unglück.

Was heute wichtig wird:

  • Eingemummelt in die Decke und ab aufs Sofa: Im Herbst kommt Bewegung in den Spielemarkt für die Konsolen. Vera Vogt fragt nach, was die Trends sind.
  • Alle reden vom Energiesparen und viele Kommunen haben schon lange ihre Straßenlaternen auf LED umgestellt – Leer nicht. Warum nicht, wollte Katja Mielcarek wissen.
  • Längst sind Tinder & Co. nicht nur von jungen Leuten bevölkert. Auch ältere Semester treiben sich inzwischen auf Dating-Plattformen herum. Worauf müssen sie achten? Jens Schönig fragt nach.
  • Die „Katastrophen-Ecke“ erschüttert viele Mullberger. Bis Ende September sollte sie geräumt sein. Was ist passiert? Wie geht es weiter? Ole Cordsen berichtet.
  • Die Stadt Aurich will einen externen Dienstleister damit beauftragen, ein Elektromobilitätskonzept für das Stadtgebiet zu erstellen. Marion Luppen berichtet.
  • Vermieter von Ferienwohnungen haben auch mit den steigenden Energiekosten zu tun. Erhöhen sie die Miete oder schließen sie die Wohnungen lieber? Hannah Weiden hat sich in der Region umgehört.
  • Bis zu 15 Liter Wasser verbrauchen wir beim Duschen in der Minute. Das geht ins Geld und ist schlecht für die Umwelt. Mona Hanssen hat sich kuriose Erfindungen zum Wasser-Weiterverwerten angeschaut.

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