Kolumne „Intern“ Meine Texte will online keiner lesen

Joachim Braun
|
Eine Kolumne von Joachim Braun
| 27.01.2023 09:20 Uhr | 2 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Artikel hören:
Joachim Braun
Joachim Braun
Artikel teilen:

Eigentlich sollte ich das Schreiben dieser Kolumne einstellen. Wenn ich ehrlich bin, muss ich feststellen: Auf der Webseite will meine wöchentlichen Ergüsse über den Journalismus kaum jemand lesen.

67 Leser haben die Kolumne vom vergangenen Freitag angeklickt und 69 Minuten damit verbracht. Jeder Leser war also eine Minute auf dem Text – so schnell lese nicht mal ich. In der Woche davor waren es 79 Klicks und 84 Minuten. Das ist ziemlich grottig, wenn man dagegen stellt, dass der stärkste Artikel fast 5000 Klicks und 40 Stunden gebracht hat.

Was also tun? Die Kolumne einstellen? Jemand anderes schreiben lassen, der interessantere Themen hat? Ich weiß es nicht. Denn es gibt bei Meinungsartikeln offenbar einen gravierenden Unterschied zwischen gedruckter Zeitung und online. Fast auf jede Kolumne gibt es Leserreaktionen – von Zeitungsabonnenten. Per E-Mail oder ganz persönlich, zum Beispiel samstags auf dem Wochenmarkt in Leer.

Vielen unserer Kommentar- und Glossenschreiber geht es ähnlich. In der Zeitung funktionieren Meinungsbeiträge, im Internet nicht. Wenn ich mit Kollegen anderer Zeitungen spreche (Sie wissen ja aus der Vorwoche: Kolleginnen sind rar), dann grübeln sie über demselben Phänomen. Im Internet ticken die Uhren anders.

Gefragt ist immer der unmittelbare Nutzen für den eigenen Alltag. Und, das gebe ich zu, da ist meine Meinung für die meisten Leser völlig irrelevant. Stattdessen funktionieren Artikel, die den Horizont der Leser erweitern, aber auch nur bei Themen, die mit dem tatsächlichen Erleben etwas zu tun haben oder solchen, die unterhalten oder auch solchen, die aufklären oder für mehr Durchblick sorgen.

Klassische Berichte, die Nachrichten enthalten, ohne den Kontext zu erklären, gehen im allgemeinen Informationsrauschen unter. Außer sie sind spektakulär. Ach, ich sage Ihnen: Internet-Journalismus ist ein sehr mühsames Geschäft.

Ähnliche Artikel